# taz.de -- Neues Album von HipHop-Queen Nicki Minaj: Rosa, Barbz und extra Beef | |
> Was passiert, wenn US-Rap-Dornenkönigin Nicki Minaj auf dem neuen Album | |
> „Pink Friday 2“ ihre Haare auf den Zähnen zeigt? | |
Bild: Wie eine Madonna: Nicki Minah in ihrer Signalfarbe | |
Ganz am Ende ihres neuen Albums „Pink Friday 2“ wird die US-Queen of Rap | |
noch mal persönlich und sogar melancholisch. „I ain’t been feelin’ right… | |
All I see is blurry lines“ singt Nicki Minaj über verhalltes R&B-Pluckern: | |
„Maybe it’s just time to end it.“ Ein Schlusspunkt von überraschender | |
Sanftheit, den die biografische Skizze „Just The Memories“ hinter das nach | |
ewigen Ankündigungen und mehrmaligen Verschiebungen am 8. Dezember – Minajs | |
Geburtstag – erschienene Album setzt. | |
Lose an ihr Debütalbum von 2010 anknüpfend, manifestiert „Pink Friday 2“ … | |
22 Tracks und mehr als einer Stunde Dauer ihren Status als alle | |
Verkaufsrekorde einreißende „größte jemals lebende Rapperin“ (Minaj über | |
sich selbst). Neben der gewohnten Exzentrik schafft „Pink Friday 2“ auch | |
einige Momente der Selbstreflexion. | |
Das Karriereende ist mitnichten absehbar: Zur Freude der riesigen, sich | |
„Barbz“ nennenden Fangemeinde soll das Album um vier Tracks ergänzt werden, | |
aufgeteilt in aufmerksamkeitsfördernde Einzelveröffentlichungen, die | |
bereits aufgestellte Verkaufsrekorde weiter ausbauen. 41 Millionen Mal | |
wurde „Pink Friday 2“ seit Veröffentlichung bei Spotify bereits gestreamt, | |
dazu mindestens eine halbe Million Mal verkauft, die Vorabsingle „Super | |
Freaky Girl“ stieg auf Nummer eins in die Billboard-Charts ein. | |
## Knallpinke Superlative | |
Es ist müßig, die Superlative aus dem knallpinken Kosmos der 41-jährigen in | |
Trinidad geborenen New Yorkerin aufzuzählen, deren Erfolg nicht zuletzt auf | |
der konsequenten Verschränkung rüpeliger HipHop-Authentizität mit großer | |
Popgeste beruht. | |
Aufgewachsen in einem von der Drogenabhängigkeit des Vaters geprägten | |
Haushalt im New Yorker Stadtbezirk Queens, durchlief Minaj ihre Ausbildung | |
in der Kunst-, Theater- und Musikschule LaGuardia. Nach erfolgreichem | |
Abschluss schlossen sich Nebenjobs an, ab 2007 erste Mixtapes [1][und | |
endlich die folgenreiche Entdeckung durch Starrapper Lil Wayne]. Zu Minajs | |
internationalem Durchbruch wurde 2010 ihre Strophe in Kanye Wests | |
„Monster“. | |
Die heute als Klassiker geltende, schwindelig machende Abfolge von Bildern | |
und Querverweisen, vorgetragen in einer die Elastizität gerappter Sprache | |
virtuos demonstrierenden Stimmvarianz, knallte der Rap-Elite in weniger als | |
zwei Minuten all jene Themen auf den Tisch, die Minajs Texte bis heute | |
dominieren: hart erarbeiteter Erfolg entgegen aller Widerstände, Geld und | |
das Selbstbild der „bad bitch“ in all ihren Facetten [2][von Barbie bis | |
Queen]. | |
## Selbstbewusste Aneignung | |
Ihre selbstbewusste Aneignung und der geschulte theatralische Umgang mit | |
sexualisierenden und rassistischen Zuschreibungen an weibliche Körper, Mode | |
und Make-up, läuteten einen popkulturellen Umschwung ein, der HipHop und | |
Pop bis heute prägt. | |
Minaj war nicht die erste erfolgreiche US-Rapperin – [3][vor ihr ebneten | |
Missy Elliot, Lil’ Kim, Lauryn Hill und andere den] Weg – aber sie | |
kombinierte ihr künstlerisches Talent mit einer so geschäftstüchtigen wie | |
selbstbewussten medialen Präsenz, dass eine Generation jüngerer Rapperinnen | |
beeinflusst wurde. Zum guten fiesen Ton gehörten dabei auch stets der | |
gepflegte öffentliche Konflikt und das patzige Bestehen auf die eigene | |
Wichtigkeit durch flammende Statusmeldungen in den sozialen Medien. | |
Auf empörte Unterstützung durch ihre Barbz ist dabei Verlass. Minaj verfügt | |
über ein Heer von Fans, dessen vorauseilender Gehorsam jede Kritik an | |
Minajs kontroverser Mischung aus ewiger Defensivhaltung und überzeichneter | |
Ellenbogenhaftigkeit überdeckt. | |
## Streitbare Einzelkämpferin | |
Nun also, fünf Jahre nach dem Album „The Queen“, bemüht sich „Pink Frid… | |
2“ um Auffrischung ihres etwas in die Jahre gekommenen Images als | |
streitbare Einzelkämpferin mit sehr viel Beef. Minajs perfektioniertes | |
Spiel mit schrillen Alter Egos rückt in den Hintergrund, stattdessen rahmen | |
zwei verletzliche Tracks das Album. | |
Der Auftakt „Are You Gone Already“ handelt vom Unfalltod von Minajs Vater, | |
kurz bevor er seinen Enkel hätte kennenlernen sollen. Zu einem Sample von | |
Billie Eilishs Hit „When The Party’s Over“ erzählt Minaj von Wut und | |
Trauer. Der Veröffentlichung vorausgegangen war die Ankündigung einer | |
„Zusammenarbeit“ zwischen Eilish und Minaj. Die Reichweiten der Superstars | |
hatten bereits genug pinkfarbenen Staub aufgewirbelt. In diesem, die Macht | |
viraler Neuigkeiten bedienenden, endlosen Einander-Zitieren offenbart der | |
Track aber die musikalische Schwäche von „Pink Friday 2“. | |
## Girls just wanna have fun | |
Abgenudelte Refrains von „Girls Just Wanna Have Fun“ bis „Heart of Glass�… | |
bilden eine Retrotapete, die etwas zu offensichtlich auf kommerzielle | |
Verwertbarkeit setzt. Der grobschlächtige Einsatz bekannter Samples knüpft | |
lustlos an Tiktok-Ästhetik, wo Hits zu hochgepitchten Hooks eingedampft | |
werden. Die Singleauskoppelung „Super Freaky Girl“ sowie das penetrante | |
„Everybody“ basieren auf diesem Prinzip. | |
Düster-schleppend stecken wortgewaltige Tracks wie „FTCU“ und „Beep Beep… | |
alte Claims neu ab und unterstreichen Minajs Anspruch auf Alleinherrschaft: | |
„If I don’t even know you exist / Is that beef?“ | |
An anderer Stelle wärmt sie alte Feindschaften wieder auf – leider dem | |
Markenkern treu bleibend vor allem mit Rapkontrahentinnen. Minajs Stärke – | |
das flexible Switchen zwischen multiplen Persönlichkeiten, ohne dabei den | |
rhythmisch-komplexen Flow zu unterbrechen, kommt auf dem süßlichen | |
„Cowgirl“ und dem Diss-Track „Red Ruby Da Sleeze“ gut zur Geltung. | |
Ebenfalls heraus sticht „Forward from Trini“, eine Dancehall-Hommage an die | |
karibischen Wurzeln. Wenn Minaj und ihre Produzenten sich Mühe geben, | |
unterstreicht „Pink Friday 2“ sofort ihre künstlerische Wandelbarkeit. | |
14 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jana Sotzko | |
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