# taz.de -- Orbáns Macht ungebrochen: Keine Wahl bei den Wahlen | |
> Durch Änderungen des Wahlrechts hat sich Premier Orbán schon vor der | |
> Abstimmung im April die Mehrheit gesichert. Die Opposition hat kaum | |
> Strahlkraft. | |
Bild: Politische Rente? Dagegen gibt's doch Reformen: Ungarns Premier Viktor Or… | |
WIEN taz | Ungarn wird am 6. April ein neues Parlament wählen. | |
Staatspräsident János Áder hat hierfür den frühest möglichen Zeitpunkt | |
festgelegt und damit wohl auch dem Wunsch von Premier Viktor Orbán | |
entsprochen. Durch das neue Wahlgesetz und dank der geringen Strahlkraft | |
der Opposition ist alles angerichtet für eine Verlängerung der Regierung | |
der nationalkonservativen Fidesz. | |
Gerade noch rechtzeitig zeigt sich die Opposition links der Fidesz | |
weitgehend geeint. Die sozialistische MSZP hat sich letzte Woche mit ihrer | |
Abspaltung DKP unter Expremier Ferenc Gyurcsány sowie Gemeinsam 2014 (E14) | |
des früheren Regierungschefs Gordon Bajnai (2009–2010) zusammengetan. | |
Spitzenkandidat wird MSZP-Chef Attila Mesterházy als Vertreter der derzeit | |
stärksten Kraft innerhalb des Bündnisses. | |
In den einzelnen Wahlkreisen will man sich auf den jeweils | |
aussichtsreichsten Kandidaten einigen. Nicht dabei ist die grüne LMP, die | |
eine Zusammenarbeit mit Gyurcsány und den Sozialisten ablehnt. Deren | |
desaströse Regierung trage die Schuld für den Wahlerfolg der | |
Rechtsnationalisten. | |
Viktor Orbán hat durch eine Reihe von Reformen dafür gesorgt, dass ihn auch | |
ein Stimmenverlust nicht in die politische Rente schicken kann. Zur Wahl | |
stehen nach der Wahlrechtsreform vom Jahr 2010 nicht mehr 386 Abgeordnete, | |
wie im gegenwärtigen Parlament, sondern nur mehr 199. Die Wahlkreise wurden | |
von durchschnittlich 45.000 auf 75.000 Einwohner vergrößert. Mit dieser | |
einstimmig beschlossenen Schrumpfung der Legislative nähert sich Ungarn dem | |
europäischen Durchschnitt an. | |
106 Volksvertreter werden direkt über den Wahlkreis gewählt, die restlichen | |
93 über nationale Listen. 10 Sitze sind für die Vertreter der 13 | |
anerkannten nationalen Minderheiten reserviert. Andere Neuerungen sind | |
weniger unumstritten und wurden von der Zweidrittelmehrheit der | |
Regierungsfraktion mit Schützenhilfe der faschistischen Jobbik | |
durchgepeitscht. | |
## Roma benachteiligt | |
So dürfen Angehörige der Minderheiten nur für deren Vertretungen, nicht | |
aber für politische Parteien stimmen. Das trifft vor allem die Roma, mit | |
etwa 6 Prozent der 10 Millionen Einwohner die größte Minderheit. | |
Roma-Vertreter Florián Farkas: „Wir sind zuerst und vor allem Ungarn“, | |
daher sollte man sich bei einer allgemeinen, freien und gleichen Wahl nicht | |
dafür entscheiden müssen, ob man „der Nation oder einer Minderheit“ | |
angehört. | |
Die Behörden dürften noch kräftig nachgeholfen haben, um die ungeliebten | |
Landsleute vom allgemeinen Wahlrecht auszuschließen. Denn in vielen | |
Gemeinden sollen Roma genötigt worden sein, sich für die Minderheitenwahlen | |
zu registrieren. Damit verschwinden sie automatisch aus den allgemeinen | |
Wahllisten. | |
Eine sichere Bank für Viktor Orbán sind auch die etwa 500.000 | |
Auslandsungarn, die in den letzten Jahren mit ungarischen Pässen | |
ausgestattet wurden. Die meisten von ihnen leben im rumänischen | |
Siebenbürgen und in Serbien. Sie können per Briefwahl nur für die | |
nationalen Listen stimmen. | |
Der Wahlkampf dauert 50 Tage und ist streng reguliert. So wird den | |
wahlwerbenden Parteien in den elektronischen Medien gratis ein Maximum von | |
zehn Stunden für ihre Spots zugewiesen. Zuwendungen aus dem Ausland sind | |
strikt verboten. Jüngste Umfragen lassen erwarten, dass die regierende | |
Fidesz ihre Mehrheit im Parlament verteidigt. Schon der Verlust ihrer | |
Zweidrittelmehrheit wäre ein schöner Erfolg für die Opposition. | |
24 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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