# taz.de -- Parlamentarische Linke in Ungarn: Gemeinsam gegen Orban | |
> Drei Mitte-Links-Parteien haben sich in Ungarn gegen Regierungschef Orban | |
> zusammengeschlossen. Die Regierung plant derweil neue Atomreaktoren. | |
Bild: Strahlende Freundschaft: Ungarns Regierungschef Viktor Orban und Wladimir… | |
BUDAPEST afp | Angesichts des in den Umfragen führenden ungarischen | |
Regierungschefs Viktor Orban sucht die parlamentarische Linke des Landes | |
wenige Monate vor der Parlamentswahl ihr Heil in einem Parteienbündnis. Die | |
drei führenden Mitte-links-Parteien vereinbarten in einem am Dienstag | |
geschlossenen Abkommen, mit einer gemeinsamen Liste anzutreten. | |
Spitzenkandidat wird der Sozialist Attila Mesterhazy (MSZP). Neben dessen | |
MSZP gehören dem Bündnis die Partei Gemeinsam 2014 (E14) des früheren | |
Regierungschefs Gordon Bajnai (2009-2010) und die Demokratische Koalition | |
(DKP) des ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany | |
(2004-2009) an. | |
Mesterhazy bezeichnete den Zusammenschluss nach der Unterzeichnung als | |
Signal an die Wähler, die nun wüssten, wen sie wählen müssten, „wenn sie | |
einen Regierungswechsel wollen“. In Ungarn soll im April oder im Mai | |
gewählt werden. Orban gilt als klarer Favorit. | |
Seine konservative Fidesz profitiert von einem anhaltenden | |
Wirtschaftsaufschwung. Ungarn schaffte Anfang 2013 den Weg aus der | |
Rezession und verzeichnete seither in den drei aufeinanderfolgenden | |
Quartalen ein Wachstum. Die Inflation ist auf sehr niedrigem Niveau stabil. | |
Es wird erwartet, dass die Regierung kurz vor den Wahlen erneut die | |
Energiepreise senken wird. | |
Orban steht im In- und Ausland wegen seiner Amtsführung in der Kritik. | |
Seine Regierung verfügt seit ihrer Wahl 2010 über eine Zweidrittelmehrheit | |
im Parlament und nutzte diese für umstrittene Neuregelungen im Medienrecht, | |
bei der Zentralbank und im Justizwesen, die innerhalb der Europäischen | |
Union auf harsche Kritik stießen. Orbans Gegner werfen ihm autoritäre | |
Tendenzen und die Untergrabung der Bürgerrechte und der Pressefreiheit vor. | |
## Zwei neue Reaktoren für AKW | |
Insdes plant die Regierung, die Atomstromerzeugung des Landes mehr als zu | |
verdoppeln. Zu diesem Zweck hat das Land einen milliardenschweren Auftrag | |
an Russland vergeben. Regierungschef Viktor Orbán und der russische | |
Präsident Wladimir Putin unterzeichneten am Dienstag in Moskau einen | |
bilateralen Vertrag, dessen Gesamtinvestitionen sich laut der Zeitung | |
Népszabadság auf das teuerste Projekt seit Ungarns EU-Beitritt im Jahr 2004 | |
summieren. | |
Der Geschäftswert des Abkommens über den Bau zwei neuer Reaktoren für | |
Ungarns einziges Atomkraftwerk in Paks beläuft sich auf umgerechnet zehn | |
Milliarden Euro. Das Geld für die beiden neuen Meiler stellt Russland als | |
Kredit zur Verfügung, wie der nationale Atomenergiekonzern Rosatom nach | |
Angaben der Nachrichtenagentur RIA Nowosti erklärte. In Brüssel und | |
mehreren osteuropäischen Staaten dürfte das Vorhaben auf Argwohn stoßen: | |
Dort herrscht wachsende Sorge vor einer politisch instrumentalisierbaren | |
Energieabhängigkeit der EU von Moskau. | |
Im 100 Kilometer südlich von Budapest gelegenen Paks gibt es bislang vier | |
Schwerwasserreaktoren, die in den 1980er Jahren noch zu Sowjetzeiten | |
errichtet wurden. Sie erzeugen zusammen fast 2000 Megawatt Strom pro Tag | |
und decken damit 40 Prozent des landesweiten Elektrizitätsbedarfs. Laut dem | |
russischen Nachrichtenportal Gazeta.ru sollen die beiden neuen Meiler | |
jeweils 1200 Megawatt liefern und pro Stück 4,5 bis fünf Milliarden Euro | |
kosten. Ungarns Parlament hatte dem Ausbau schon im Jahr 2009 zugestimmt. | |
Für den Auftrag hatten sich auch der französische Branchenriese Areva, der | |
US-Atomkonzern Westinghouse sowie mehrere japanische und südkoreanische | |
Firmen interessiert. Eine formale Ausschreibung, wie sie geltendes EU-Recht | |
vorsieht, gab es jedoch nie. Experten zufolge könnte Orbán deshalb | |
versuchen, die Brüsseler Vorschriften zu umgehen, indem das Projekt als | |
Erweiterung einer bestehenden Anlage anstatt als Neubau definiert wird. | |
15 Jan 2014 | |
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