# taz.de -- AfD diskutiert Programm: Rechtsrum nach Brüssel | |
> Vor ihrem Parteitag strickt die AfD an einem Programm für die Europawahl. | |
> Darin zu finden: markige Thesen gegen Migranten, Schwule und den Islam. | |
Bild: Wohin steuern sie ihre Partei? AfD-Mitglieder auf einem Parteitag in Hess… | |
BERLIN taz | Als „Partei des gesunden Menschenverstands“, bezeichnet | |
Parteichef Bernd Lucke gerne seine „Alternative für Deutschland“ (AfD). Was | |
das heißt, passte im Bundestagswahlkampf auf vier Seiten Programm. Jetzt, | |
zur Europawahl Ende Mai, sollen es mehr werden. Seit Wochen arbeiten die | |
Euro-Gegner intern an einem neuen Programm. Die Richtung zeichnet sich | |
bereits jetzt ab: Die AfD setzt sich rechtsaußen fest. | |
Am Samstag will die Partei vorerst ihre Europakandidaten wählen, auf einem | |
Parteitag im bayrischen Aschaffenburg. Geht es nach der Parteispitze, ist | |
klar, wer ganz vorne landet: Chef Lucke und der prominente Neuzugang | |
Hans-Olaf Henkel, einst Vorsitzender im Industrieverband BDI. | |
Womit die AfD aber inhaltlich punkten will, war bisher nur in einem Punkt | |
klar: mit einem Frontalangriff auf den Euro. Seit Dezember tüftelt eine | |
„Große Europakommission“ an einem Programm, stellte den Landesverbänden | |
Thesen zur Debatte – mit einschlägiger Tendenz. | |
Deutschland müsse ein „größeres Gewicht“ in Brüssel erhalten, heißt es | |
dort. Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei werde abgelehnt. Auch müsse eine | |
„ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme unbedingt unterbunden“ | |
werden, die Kontrolle der EU-Außengrenzen sei „elementar“. Schließlich | |
schlägt die Kommission vor, „rechtskräftig verurteilte ausländische | |
EU-Bürger konsequent abzuschieben“. Mehr noch: Eine Wiedereinreise sei | |
„strikt zu unterbinden“, indem bei Abzuschiebenden biometrische Daten | |
erfasst würden. | |
Aussagekräftig sind auch die Antworten aus den Landesverbänden. So findet | |
in der bayrischen AfD die Infragestellung des Klimawandels eine Mehrheit, | |
samt „daraus resultierender planwirtschaftlicher Regelungen“. Ebenso hat | |
der Verband eine Meinung zum Islam: Hier trete man einer „durch | |
Drittstaaten gelenkten und finanzierten Ausbreitung“ entgegen, die „sich | |
als Eroberung Europas versteht“. Erstaunliche Sätze für eine Partei, die | |
jüngst noch Mitgliedern der islamfeindlichen "Freiheit"-Partei die Aufnahme | |
verweigerte. | |
## „Schutz der Familie“ | |
Parteichef Lucke, bisher betont moderat auftretend, trägt den | |
Rechtsaußen-Kurs vorerst mit – jüngst befeuerte er ihn gar noch. Als sich | |
der Ex-Fußballer Thomas Hitzlsperger outete, schmähte Lucke, dieser hätte | |
lieber „auch die Bedeutung von Ehe und Familie“ würdigen sollen. | |
Damit bedient Lucke eine weitere Flanke, die in der AfD gerade Anklang | |
findet: eine homophobe. So schloss sich die Partei in Baden-Württemberg den | |
Gegnern eines Bildungsplanes an, der sexuelle Vielfalt im Unterricht | |
behandeln willl. Die AfD witterte eine „pädagogische, moralische und | |
ideologische Umerziehungskampagne“. Man selbst stehe dagegen für den | |
„Schutz der Familie“. Welche Familie gemeint ist, ist klar: „Sie besteht | |
aus Vater, Mutter, Kind(er)“, heißt es in einem Programmentwurf. | |
Andere Landesverbände stimmen in die Parolen ein. In Nordrhein-Westfalen | |
votierte ein Parteitag für eine Resolution „Stopp dem Genderismus-Wahn“, | |
der eine „gefährliche, latent totalitäre Anmaßung“ darstelle. In Berlin | |
wettert die AfDlerin Beatrix von Storch, Mitbegründerin des marktradikalen | |
Thinkstanks "Zivile Koalition", offen gegen „Genderfanatiker“ und die | |
Homo-Ehe. Das kam an: der Landesverband nominierte die Juristin als | |
„Wahlempfehlung“ für die Europaliste. | |
Noch doller treibt's der Essener Menno Aden, ebenso von seinem | |
Landesverband für die Europaliste vorgeschlagen. Der 71-jährige Jurist hält | |
Vorträge über die "unaufhaltsame Islamisierung Europas". In Aufsätzen | |
kritisiert er den "deutschen Eifer, sich selbst zu erniedrigen". Aden ist | |
Vorsitzender der "Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft", einem | |
neurechten Verein. Dort wagt er steile Thesen: In einem Aufsatz beklagt er | |
die deutschen Verpflichtungen in der EU. "Der Euro-Rettungsschirm, die | |
ganze EG/EU wäre anders finanziert und konstruiert worden", schreibt Aden | |
in einem Aufsatz, wäre den Verhandlern "nicht immer wieder zur rechten Zeit | |
das Wort 'Ausschwitz' eingefallen". | |
Rechtspopulistische Auswüchse weist die AfD-Führung freilich zurück. Im | |
November reisten dennoch zwei damalige Landesvorstandsmitglieder zu Nigel | |
Farage, dem Chef der ultrarechten britischen UKIP. Über "künftige | |
politische Aktionen" habe man gesprochen. Lucke hielt dagegen: Keinesfalls | |
werde die AfD mit der UKIP paktieren. Ihm schwebten eher die Tories vor. | |
24 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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