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# taz.de -- Parteitag der AfD in Hessen: Der pietistische Herr Lucke
> Auf dem Treffen der Alternative für Deutschland palavert der Parteichef.
> Dabei geht es um Homos, Familien und „Wirtschaftsflüchtlinge“.
Bild: Ohrenzuhalten: Nein, nicht wegen der Worte des Vorsitzenden, es hatte –…
ALLENDORF taz | Allendorf bei Gießen ist ein sehr ländlich geprägtes
Dörfchen. Am vergangenen Samstagmorgen erlebte es eine seltsame Invasion.
Aus dem Nebel tauchten immer mehr Geländewagen und elegante Limousinen auf,
die bald nicht mehr auf den Parkplatz vor der Mehrzweckhalle passten,
sondern ihr Heil auf den Gehsteigen und vor den Einfahrten der umliegenden
Wohnstraßen suchen mussten. Das Ordnungsamt rückte in Regimentstärke an und
verteilte mehr Strafzettel als sonst in einem ganzen Jahr.
Tatsächlich trifft sich an diesem Morgen die Alternative für Deutschland
(AfD) zu ihrem dritten Landesparteitag binnen zweier Monate. Parteichef
Bernd Lucke ist persönlich angereist, um in seiner hessischen Filiale für
Ordnung zu sorgen. Deren bisheriger Vorsitzender, Volker Bartz, hat sich
einen Doktortitel in Warschau und eine Honorarprofessur in Sofia gekauft.
In der titelverrückten Partei womöglich nichts Ungewöhnliches, wäre der
Mann dabei nicht „einem osteuropäischen Betrüger“ aufgesessen. Bartz ist
inzwischen aus der Partei ausgetreten. Er hält sie für „undemokratisch“.
Schlimmer noch steht’s um seinen Schatzmeister Peter Ziemann, der seinen
Wunsch nach dem Ende der Demokratie in Worte gekleidet hatte, die auch
einem Goebbels gepasst hätten: „Nur so können wir die satanischen Elemente
der Finanzoligopole von den westlichen Völkern wieder abschütteln, die wie
die Zecken das Blut der Völker aussaugen und die Körper mit tödlichen
Bakterien verseuchen.“
Vor der Aussprache zu diesen Themen ließ Bernd Lucke die Öffentlichkeit
kurzerhand des Saales verweisen. Weil man nicht wisse, „was da so gesagt
wird“, und die Medien sich „sicher mehr für unsere politischen Inhalte
interessieren“. In der Tat. In diesem Jahr stehen drei Landtagswahlen, zehn
Kommunalwahlen und die besonders wichtige Europawahl an. Am Dienstag wird
Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel seine Kandidatur für Letztere bekannt geben.
## Klassisches eurokritisches Programm
Luckes Rede am Vormittag war deshalb ein erster Hinweis darauf, mit welchen
Themen die AfD in diese Wahlkämpfe zu ziehen beabsichtigt. So stellte er
die unbequeme Frage, ob man denn noch fragen dürfe, ob die Bankenunion „in
unserem nationalen Interesse ist“. Die EU verwandele sich in eine
„Umverteilungsunion“. Das klassische eurokritische Programm also.
Ferner warnte Lucke vor „Wirtschaftsflüchtlingen“, die „von der
finanziellen Ausstattung unserer Sozialsysteme profitieren“ wollten. In
diesem Punkt – der keineswegs rechtspopulistisch sei, wenn man dafür „die
richtigen Worte“ finde – hätte bekanntlich die CSU die AfD inzwischen
„rechts überholt“.
Vor allem betonte Lucke: „Die AfD soll sich mehr mit Familienpolitik
befassen.“ Wo der Parteichef beim „Fußballspieler Hitzlsperger“ war. Er
selbst, sagte Lucke, „erkenne keinen besonderen Mut mehr“ darin, sich wie
Hitzlsperger zu einer bestimmten sexuellen Orientierung zu bekennen. Er,
Lucke, hätte es „gut gefunden“, wenn „Herr Hitzlsperger sein Bekenntnis …
seiner Homosexualität verbunden hätte mit einem Bekenntnis dazu, dass Ehe
und Familie für unsere Gesellschaft konstitutiv sind“. Es gäbe da einen
„Selbstverwirklichungswillen, der auf Kosten des Kinderwunsches geht“.
Womit der Chef offenbar genau „die richtigen Worte“ gefunden hatte. Die
Mitglieder jedenfalls spendeten ihm am Ende stehend Applaus. Und es war ja
auch wirklich eine gelungene, weil lehrreiche Veranstaltung. Wir lernen den
pietistischen Lucke und seine bürgerlichen Vorgartenreaktionäre immer ein
wenig besser kennen.
12 Jan 2014
## AUTOREN
Arno Frank
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Europawahl 2014
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