# taz.de -- Kommentar Thilo Sarrazin: Der Hetzer vom Dienstwagen | |
> Die Berliner Verkehrsbetriebe verzockten sich im Finanzmarktkasino – | |
> unter Aufsicht von Thilo Sarrazin. Sein Propagandatalent ist einzigartig. | |
Bild: Thilo Sarrazin auf dem Weg nach oben | |
Thilo macht’s richtig. Lernen wir also von ihm. Sein Lebenszweck ist | |
schnell begriffen, und er teilt ihn mit vielen: Geld, viel Geld. Doch nur | |
den wenigsten gelingt es, vom Finanzsenator zum Millionär aufzusteigen. | |
Dabei ist Sarrazin nicht der erste Politiker, der den öffentlichen | |
Nahverkehr kaputtspart und damit das zerstört, was eine Stadt am Laufen | |
hält. | |
Er ist auch nicht der Erste, der mit Steuergeldern an der Börse spekuliert | |
und dabei Hunderte von Millionen verliert. Ich habe den Deal nicht | |
begriffen, stellt der spätere Bundesbankbänker im Rückblick fest. Auch | |
dieses Schicksal teilt er mit vielen seiner Kollegen. Egal. Zahlen werden | |
die anderen, und Millionäre brauchen keine S-Bahn. | |
Was aber herausragt, ist Thilos Propagandatalent. Er weiß, welche Ideen die | |
Kleinbürger und die Reichen miteinander verbinden, über die sich Erstere | |
dann die für sie gemachte S-Bahn unterm Hintern wegziehen lassen. | |
Unerschrocken brachte der Immerschlechtgelaunte es auf den Punkt: Die ewig | |
vögelnden Armen mit ihren „intellektuellen Mängeln“ stürzen unsere saube… | |
Republik in den Abgrund. Zumal, wenn kein reines deutsches Blut in ihren | |
Adern fließt. Das wird man ja mal sagen dürfen. | |
Die Reindeutschen, die am Stadtrand in ihren Reihenhäuschen wohnen, | |
frohlockten über die klare Kante, denn sie dachten, es ginge gegen die | |
„anderen“. Da trat man dann kräftig mit und nach. Es tut so gut, sich als | |
Herrenrasse zu fühlen. Und nun? Nun stehen sie, zumal viele Frauen – bei | |
Ein-Auto-Familien fährt ja meist der Mann damit zur Arbeit –, an den | |
S-Bahnhöfen und frieren sich ihre rassisch einwandfreien Nasen ab. Das geht | |
schon seit Jahren so, und das wird so bleiben. | |
Wir lernen: Solange das Ressentiment gepflegt wird, kann man dem | |
ordentlichen Deutschen sanktionsfrei seine Mobilität rauben. Er wird es | |
nicht merken. Denn er denkt, die Rassisten seien seine Freunde. Irrtum. Den | |
Eliten ist es egal, wer sie reich macht. Denn ihre Verachtung für Leute | |
ohne Dienstwagen ist grenzenlos. | |
31 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
BVG | |
Thilo Sarrazin | |
Bundesbank | |
Öffentlicher Nahverkehr | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Thilo Sarrazin | |
BVG | |
BVG | |
JPMorgan | |
BVG | |
Berlin | |
Politik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sarrazin auf Bundespressekonferenz: Den Müll trennen | |
Sein neues Buch wollte Thilo Sarrazin vorstellen – und niemand kam, ihm den | |
Mund zu verbieten. Über mediale Ignoranz klagt er trotzdem. | |
Wieder ein Buch von Thilo Sarrazin: Jetzt mit noch mehr Tabubrüchen | |
Von der Inquisition bis zur geschlechtergerechten Sprache: Der Pensionär | |
Thilo Sarrazin sinniert „über die Grenzen der Meinungsfreiheit in | |
Deutschland“. | |
Spekulationsgeschäft der BVG: Geisterfahrer kommen davon | |
150 Millionen Euro müssen die Verkehrsbetriebe als Verlust aus einem | |
Spekulationsgeschäft verbuchen. Die Grünen fordern Konsequenzen. | |
Details zum Spekulationsdebakel der BVG: „Completely fucking dumb bank“ | |
Aufzeichnungen von Telefongesprächen zeigen, wie die Investmentbanker von | |
JPMorgan über die Landesbank Hessen-Thüringen reden. | |
BVG-Wirtschaftskrimi: „Das ist alles Teil der Strategie“ | |
Mitschnitte von internen Telefongesprächen zeigen, welchen Anteil externe | |
Berater an dem Verlustgeschäft der Berliner Verkehrsbetriebe hatten. | |
Kommentar Investmentdesaster der BVG: Der Betrug an dummen Deutschen | |
Die Investmentbank JPMorgan hat die Berliner Verkehrsbetriebe abgezockt. Es | |
handelt sich um weit mehr als eine Lokalposse. | |
Spekulation mit Kreditderivaten: Der Kontrollverlust der BVG | |
Mit einer Finanzwette haben die Berliner Verkehrsbetriebe 150 Millionen | |
verloren. Chef-Aufseher Sarrazin passte nicht genug auf, wie interne | |
Dokumente zeigen. | |
Kommentar Politik in Europa: Korruption, das geheime Leitprinzip | |
Tugendhafte Politik scheint heute aus der Zeit gefallen. Moralisch wirken | |
nur noch Terroristen, und Betrug gilt als nur allzu menschlich. |