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# taz.de -- Windkraftfirma beantragt Insolvenz: Einfach nur „Pech gehabt“
> 1.600 Anleger hatten Genussrechte von „Windwärts“ gekauft. Nun beantragt
> die Firma Insolvenz. Doch der Verwalter sagt, es gibt noch Hoffnung.
Bild: Optimistische Beleuchtung: Windmühle von Windwärts.
FREIBURG taz | Nach dem Windkraftriesen Prokon ist nun ein weiteres
Unternehmen der Branche zahlungsunfähig: Die
Projektentwicklungsgesellschaft Windwärts Energie GmbH hat beim Amtsgericht
Hannover die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt.
Insgesamt gibt es nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters, Volker
Römermann, rund 1.600 Inhaber von Genussrechten, die rund 18,9 Millionen
Euro investiert haben sollen. Bereits um den Jahreswechsel war bekannt
geworden, dass das Unternehmen die fällige Rückzahlung von
Genussrechtskapital in Höhe von 1,9 Millionen Euro nicht leisten kann.
Schon die damalige Formulierung, man verschiebe die Auszahlungen „auf
unbestimmte Zeit“, ließ wenig Hoffnung auf kurzfristige Besserung der Lage.
Im Januar musste Windwärts dann außerdem fällige Zinszahlungen für zwischen
2006 und 2013 aufgelegte Unternehmensgenussrechte in Höhe von insgesamt 1,3
Millionen Euro aussetzen.
Dass das Hannoveraner Unternehmen erst jetzt und nicht schon einige Wochen
früher den Insolvenzantrag stellte, begründet die Geschäftsführung mit
einem neuen Rechtsgutachten. Dieses sei zu dem Ergebnis gekommen, „dass die
Rückzahlungsansprüche der Genussrechtsinhaber entgegen der bisherigen
Rechtsauffassung des Unternehmens bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit
berücksichtigt werden müssen“.
Damit zeigt sich, wie kompliziert die juristische Bewertung von
Genussrechten ist. Eine ähnliche Fragestellung steht nämlich auch bei
Prokon im Raum: Das Unternehmen hat im Januar den Insolvenzantrag zwar
gestellt, die Einleitung eines Insolvenzverfahrens aber ist weiterhin
offen. Prokon hofft nach wie vor, ein solches durch eine neue
Firmenstruktur vermeiden zu können. Auch bei Windwärts ist noch nicht
gänzlich sicher, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Bis Anfang Mai
muss die Entscheidung fallen.
## „Kein strukturelles Problem“
Der Windwärts-Insolvenzverwalter zeigt sich unterdessen optimistisch, dass
diese Firma fortbestehen kann: „Alles sieht gut aus, es gibt gute Projekte
und kein strukturelles Problem.“ Die Firma habe schlicht bei mehreren
Projekten „Pech gehabt“. So sei eines durch nicht bekannte Überflugrechte
der Bundeswehr überraschend verzögert worden, ein anderes durch
naturschutzrechtliche Fragen. Mit Prokon möchte Römermann die Firma
Windwärts daher auch in gar keinem Fall verglichen sehen.
Ende des Jahres 2013 hatte Windwärts alle kurz- und mittelfristig nicht
rentablen Geschäftsaktivitäten beendet. Das betraf sowohl das Geschäftsfeld
Photovoltaik als auch die Projektentwicklung in Italien. Ein Faktor für das
Ende der Solarstromprojekte in Deutschland ist der politische Gegenwind,
durch den die Firma „bis auf Weiteres keine Grundlage mehr für
geschäftliche Aktivitäten in der Photovoltaik“ sieht.
Besonders das im Herbst noch beworbene Geschäftsmodell, Anlagen zur
Eigenstromversorgung von Gewerbe- und Industriebetrieben zu installieren,
droht zu kippen. Diese Anlagen, die oft ohne Förderung nach dem
Erneuerbare-Energien-Gesetz auskommen können, will die Große Koalition mit
Abgaben belegen und damit unattraktiv machen.
## Nur 6 Projekte im Eigenbetrieb
Windwärts hat seit seiner Gründung 144 Windenergie- und 34
Photovoltaikanlagen sowie eine Biogasanlage mit einer Gesamtleistung von
278 Megawatt gebaut. Allerdings befinden sich nur 6 Projekte im
Eigenbetrieb der insolventen Windwärts Energie GmbH. 24 mit einer
Gesamtleistung von 135 Megawatt wurden nach der Projektierung an
institutionelle Investoren verkauft. Zudem bestehen 20 von der Windwärts
Energie GmbH initiierte Fondsgesellschaften.
2.400 Gesellschafter haben hierfür mit Kommanditeinlagen in Höhe von 46
Millionen Euro das Eigenkapital aufgebracht. Windwärts weist nun darauf
hin, dass diese Betreibergesellschaften, die als geschlossene Fonds
realisiert wurden, rechtlich unabhängig und daher von diesem
Insolvenzverfahren nicht unmittelbar betroffen seien.
10 Feb 2014
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Windkraft
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