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# taz.de -- Afghanistan auf der Berlinale: Gewissenskonflikte in Uniform
> Im Wettbewerbsfilm „Zwischen Welten“ von Feo Aladag geht es um Soldaten
> in Afghanistan. Oder um Kosslicks Idee von politischem Kino.
Bild: Ronald Zehrfeld und Mohsin Ahmady in Feo Aladags Film „Zwischen Welten�…
Die Kuh ist in der Nacht in den Stacheldrahtzaun geraten und liegt mit
gebrochenem Genick auf dem Boden. Die Soldaten erlösen sie per Gewehrschuss
von ihrem Leiden und bekommen tags darauf vom Besitzer der Kuh und dem
versammelten Dorf was zu hören.
Die Tötung war nach den vor Ort herrschenden Regeln illegal, der Besitzer
will 500 Dollar. Das Tier ist nicht im Zug einer konkreten militärischen
Operation umgekommen. Also kein Geld, sagen die Bundeswehrregeln.
Dies sind so die Schwierigkeiten der interkulturellen Kommunikation im
afghanischen Krieg. Dabei wollen die Deutschen nur helfen. Man macht es
ihnen nicht leicht. Später kratzen bei Besäufnis und Party die Soldaten
selbst das Kuhgeld zusammen. Deutsche Soldaten, wie die Regisseurin Feo
Aladag sie zeigt, sind Gewissenskonflikte in Uniform,
Kulturkonfliktversteher von Graden, Verbrüderungsvirtuosen, Lavierer im
Sachzwang mit zusammengekniffenen Lippen.
Im Zentrum ein Mann namens Jesper (Ronald Zehrfeld). Den schickt das
Drehbuch ins Feld. Im Gepäck ein auf dem Feld der Gewissenskonflikte
gefallener Bruder. Als westlich gewendeter Extaliban ein Mann namens
Haroon. Und zwischen den Welten der von den eigenen Leuten als Verräter
gebrandmarkte Übersetzer Tarik (Mohsin Ahmady) mit einer lerneifrigen
Schwester. Mehr ist zum Plot nicht zu sagen.
## Holzgeschnitzte Figuren
In fast schon wieder atemberaubend fantasieloser Weise werden naheliegende
Themen und holzgeschnitzte Figuren auf 98 Minuten fasslich verteilt. Die
Landschaft ist schön. Der Taliban lauert. Die Musik hat Gefühle. Kamerafrau
Judith Kaufmann und der Rest der Gewerke gewerken auf kompetentem Niveau.
Was nicht zu beweisen war: Mit filmischen Sekundärtugenden kriegt man ein
solches Stück Kriegspropaganda als Zerknirschungskitsch allemal hin. Aber
kein Wort mehr vom Film und seiner himmelschreienden Naivität.
Es lohnt eher der Blick auf ihn als Exempel. Dafür, wie sich die
öffentlich-rechtliche Förderkultur in Deutschland Kino so vorstellt. Und
wofür die Politik dann auch den Weg nach Afghanistan frei macht.
Schließlich hatte Feo Aladag ja der Bundeswehr und aller möglichen
Institutionen Segen und durfte als Nachhut der Soldaten und Vorhut der
Kriegsaufarbeitung ins Einsatzgebiet.
## Vorhut der Kriegsaufarbeitung
Arte und das ZDF haben für so etwas Geld. Die Kriterien sind, wie man am
Film sieht, prinzipiell kunstfern: Redakteure und Jurys denken in Themen.
Form ist für sie die Art, wie man spannende Themen vermittelt, also
beliebig. Ambivalenzen gehören in den Dialog, nicht in die Struktur. Das
Ergebnis ist Malen nach Zahlen. Klar, ein Bild gibt es auch.
Dabei hält nicht nur Dieter Kosslick „Zwischen Welten“ vermutlich mal
wieder für einen politischen Film. Damit geht er ja gern hausieren. In
Wahrheit ist auch dieser Wettbewerbsbeitrag nur der übliche
Hardcore-Inhaltismus, der irgendwie passt in ein Land, das sein
Bewegtbildverständnis im Spannungsfeld zwischen Kosslick-Berlinale,
Matthias-Schweighöfer-Trash und dem sonntäglichen Tatort reguliert.
12 Feb 2014
## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
Film
Flüchtlinge
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
USA
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