# taz.de -- Isaf-Mandat in Afghanistan: Abschied ohne Selbstkritik | |
> Zum letzten Mal verlängert der Bundestag das Isaf-Mandat in Afghanistan. | |
> Von Fehlern will keiner sprechen, lieber von Idealismus und Fortschritt. | |
Bild: Verlängert bis Ende des Jahres: der schwierigste, teuerste und verlustre… | |
BERLIN taz | Ein letztes Mal hat der Deutsche Bundestag am Donnerstag den | |
schwierigsten, teuersten und verlustreichsten Einsatz der Bundeswehr | |
verlängert: Mit 498 Ja- zu 84 Nein-Stimmen bei 17 Enthaltungen beschloss | |
das Parlament, dass das Isaf-Mandat in Afghanistan zum 31. Dezember dieses | |
Jahres auslaufen soll. | |
Seit Ende 2001 sind internationale Truppen in dem Land, um das Regime der | |
Taliban zu ersetzen, das den Terroristen-Ausbildern von al-Qaida Zuflucht | |
geboten hatte. | |
Die Fraktionen des Bundestags zeigten wenig Lust, den Abschied vom | |
Kampfeinsatz in Afghanistan durch neue Argumente aufzuwerten. Für die SPD | |
berichtete der Außenpolitiker Rolf Mützenich zwar, dass es Lehren aus Isaf | |
gebe: Ziele von Auslandseinsätzen müssten „bescheidener formuliert“ werde… | |
die Abstimmung mit anderen Ländern sei frühzeitig nötig, das betroffene | |
Land brauche Respekt. Wie viel die Mehrheit der Großen Koalition aber davon | |
hält, aus Afghanistan etwas zu lernen, bewies CDU-Redner Peter Beyer: „Es | |
geht heute nicht darum, was nicht erreicht werden konnte“. | |
Für die Linkspartei erklärte Wolfgang Gehrcke, man solle sein Buch zum | |
Thema lesen, um zu sehen, dass er immer schon Recht gehabt habe. Der Grüne | |
Uwe Kekeritz immerhin provozierte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) | |
zur Klarstellung, dass es auch nach dem Truppenabzug ein Sicherheitskonzept | |
für die Entwicklungshilfe in Afghanistan gebe. Kekeritz dazu: „Sie müssten | |
dies mit der NGO-Szene auch absprechen.“ | |
3.000 deutsche Soldaten sind noch in Afghanistan. Bleibt es bei den | |
aktuellen Nato-Plänen, sollen es ab 2015 noch maximal 800 mit veränderter | |
Aufgabe sein: Die Nachfolge-Mission „Resolute Support“ umfasst nur noch | |
Ausbildung. | |
## Beeindruckender Idealismus | |
Auch am Donnerstag betonten vor allem die Unions-Redner noch einmal, welche | |
Fortschritte in Afghanistan in zwölf Jahren Isaf erzielt worden seien: | |
Versorgung mit Wasser, Strom, Schulen für Mädchen, Medizin und | |
Kommunikation. Mancher Afghanistanexperte hält es allerdings nicht für | |
erwiesen, dass dies nur dem internationalen Einsatz zu verdanken sei. | |
„Es ist schwer zu sagen, welche Arten von Fortschritt in Afghanistan einer | |
Anpassung geschuldet sind, die es auch ohne Isaf gegeben hätte“, erklärt | |
etwa Michael Daxner, Soziologe und State- Building-Experte mit Erfahrung | |
sowohl aus dem Kosovo wie aus Afghanistan. Er betont, dass es nun am | |
Bildungswesen hänge, ob das in Afghanistan Erreichte erhalten bleiben | |
könne. | |
Wie so viele Entwicklungsexperten ist auch Daxner vom Idealismus der jungen | |
Afghaninnen und Afghanen beeindruckt, die von den Hochschulen in Kabul und | |
auch Herat kommen: „Dort sind die Leute, die Verantwortung für ihr Land zu | |
übernehmen bereits sind“, berichtet Daxner. In Afghanistan erkennt er „das | |
Potenzial für demokratische Eliten, die auch im Land bleiben wollen“. | |
Doch sei das Hochschulwesen gleichzeitig eine Bruchstelle im Staatsaufbau. | |
„Es gibt große Fortschritte im Schulwesen, aber die Lehrerausbildung hat | |
nicht damit Schritt gehalten“, erläutert Daxner. Afghanistan brauche eine | |
gesellschaftliche Debatte darüber, an welchen Teil seiner so wechselhaften | |
Geschichte des 20. Jahrhunderts es anknüpfen wolle. | |
Bei dieser Diskussion habe der Westen nichts zu suchen – und Isaf erst | |
recht nicht: „Afghanistan kann sich sein nationales Curriculum nur selber | |
geben“, sagt Daxner. „Aber für die Dekade des Übergangs bis 2024 wird daf… | |
unser Geld benötigt.“ | |
20 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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