# taz.de -- Friedrichs Rolle in der Edathy-Affäre: Minister tritt vor die Pres… | |
> Minister Friedrich will sich in Kürze zur Affäre um den SPD-Politiker | |
> Sebastian Edathy äußern. Kanzlerin Merkel steht nicht hinter ihm. | |
Bild: Auf dem Weg aus der Regierung? Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedri… | |
BERLIN dpa/rtr/taz | Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich | |
(CSU) will sich noch am Freitag persönlich öffentlich im Zusammenhang mit | |
der Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy äußern. Sein Ministerium | |
lud am Nachmittag für 17.00 Uhr zu einem Pressestatement des Ministers ein. | |
Der frühere Innenminister hatte am Mittag schriftlich mitgeteilt, er werde | |
sein Amt zur Verfügung stellen, wenn gegen ihn ein Ermittlungsverfahren | |
eingeleitet werden sollte. | |
Die Entscheidung, ob strafrechtliche Ermittlungen gegen Friedrich | |
aufgenommen werden, fällt voraussichtlich in der kommenden Woche. Bei einem | |
Treffen in der ersten Wochenhälfte wollen Vertreter der | |
Staatsanwaltschaften aus Hannover und Berlin zunächst klären, wer in dem | |
Fall zuständig ist, heißt es aus niedersächsischen Justizkreisen. | |
Nach der Beratung solle zügig entschieden werden, ob Ermittlungen wegen | |
Geheimnisverrats eingeleitet werden. Friedrich hatte die SPD-Spitze im | |
Oktober über den Kinderpornografie-Verdacht gegen Sebastian Edathy | |
informiert. | |
Die Staatsanwaltschaft in Hannover hatte am Freitag erstmals bestätigt, | |
dass gegen Edathy wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischen | |
Materials ermittelt wird. Edathy soll aber unter der Schwelle der | |
Strafbarkeit geblieben sein. | |
## Keine Rückendeckung von Merkel | |
Die Vorgänge um die Kinderpornografie-Ermittlungen gegen den | |
Ex-SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy erschüttern das politische Berlin bis | |
in die höchsten Kreise. Der Erklärung Friedrichs war ein Gespräch mit | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorausgegangen, das deren Sprecher | |
Steffen Seibert als „intensiv“ charakterisierte. Merkel habe dabei die | |
Erkenntnis gewonnen, „dass dem Minister die Dimension des Falls bewusst | |
ist“. | |
Friedrich sagte, er sei überzeugt, „politisch wie rechtlich richtig | |
gehandelt“ zu haben, als er im Herbst SPD-Chef Sigmar Gabriel in | |
Verdachtsmomente gegen Edathy eingeweiht habe. Von der Kanzlerin bekam | |
Friedrich in dieser Einschätzung keine Rückendeckung. Ihr Sprecher Seibert | |
ließ vor der Presse auch nach mehrmaligem Nachfragen offen, ob die | |
Kanzlerin Friedrichs damaliges Vorgehen richtig finde. | |
Der damalige Bundesinnenminister Friedrich hatte Gabriel im Oktober darüber | |
informiert, dass Edathys Name bei Ermittlungen in Ausland aufgetaucht sei. | |
Sein Sprecher bezeichnete dieses Vorgehen als "vertrauensbildende Maßnahme" | |
vor dem Hintergrund der Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD. | |
Die Staatsanwaltschaft Berlin prüft deswegen allerdings den Anfangsverdacht | |
des Verrats von Dienstgeheimnissen. Es steht dabei auch die Frage im Raum, | |
ob Informationen über möglicherweise bevorstehende Ermittlungen an Edathy | |
selbst gelangt sein könnten. Über den genauen Inhalt des Gesprächs zwischen | |
Gabriel und Friedrich machten deren Sprecher am Freitag zum Teil | |
widersprüchliche Angaben. | |
## Gabriel-Rücktritt „steht nicht zur Debatte“ | |
Ein Sprecher des jetzigen Bundeswirtschaftsministers Gabriel entgegnete auf | |
die Frage, ob auch Gabriel wegen der möglichen Weitergabe vertraulicher | |
Informationen einen Rücktritt erwäge: „Das steht wirklich nicht zur | |
Debatte.“ | |
Die Staatsanwaltschaft Hannover zeigte sich fassungslos über den | |
Informationsfluss im Fall Edathy. Trotz der großen Zurückhaltung seiner | |
Behörde seien viele Informationen an die Öffentlichkeit gelangt, | |
kritisierte der Leiter der Strafverfolgungsbehörde, Jörg Fröhlich. Das | |
„erschüttert mich, erschüttert meine Behörde zutiefst“. | |
Er fügte hinzu: "Es macht uns auch relativ fassungslos, dass offenbar | |
breite Teile der Polizei und der Innenministerien sich mit dem Fall Edathy | |
bereits beschäftigt haben und strafrechtliche Wertungen hierzu abgegeben | |
haben, bevor die Justiz überhaupt in den Besitz der entsprechenden | |
Strafakte kam." Welche strafrechtlichen Konsequenzen dies habe, werde zur | |
Zeit geprüft. | |
Fröhlich bestätigte, dass die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen gegen | |
Edathy Vorwürfen „im Grenzbereich“ zur Kinderpornografie nachgehe. Edathy | |
soll demnach bei einer kanadischen Firma, die Kinderpornografie im Internet | |
vertreibt, Videos und Fotosets mit Sequenzen und Bildern von unbekleideten | |
Jugendlichen bestellt haben. Bei den Durchsuchungen von Wohnräumen und | |
Büros Edathys seien zwei Computer sichergestellt worden, auf denen jedoch | |
wahrscheinlich kein strafrechtlich relevantes Material zu finden sein | |
dürfte. | |
## Im „Grenzbereich“ zur Kinderpornographie | |
Die Opposition forderte derweil Friedrichs Rücktritt. Friedrich habe "den | |
Schutz des künftigen Koalitionspartners über den Schutz der Rechtsordnung" | |
gestellt, kritisierte Linken-Chef Bernd Riexinger. FDP-Chef Christian | |
Lindner forderte Merkel zur Entlassung Friedrichs auf. Grünen-Chefin Simone | |
Peter bezeichnete Friedrich im ZDF als „Minister auf Abruf“. | |
Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte unterdessen erstmals, dass gegen | |
den früheren Bundestagsabgeordneten wegen des Verdachts des Besitzes von | |
Kinderpornografie ermittelt wird. Der Leiter der Staatsanwaltschaft, Jörg | |
Fröhlich, sagte, Edathy habe nach Erkenntnissen seiner Behörde zwischen | |
Oktober 2005 und Juni 2010 neun Mal im Onlineshop eines kanadischen | |
Unternehmens insgesamt 31 Filme und Fotosets von unbekleideten Jungen | |
zwischen neun und 13 bis 14 Jahren bestellt. | |
Die ersten sieben Bestellungen seien Edathy per Post geschickt worden, die | |
beiden letzten als Downloads, die über die Server des Bundestages gelaufen | |
seien. „Das Material, um das es geht, sind Bilder von unbekleideten | |
männlichen Jungen im Alter zwischen 9 und 13, eventuell auch 14 Jahren“, | |
sagte Fröhlich. „Die Frage, ob es sich um Kinderpornos handelt, ist eine | |
schwierige Bewertungsfrage. Auf jeden Fall befinden wir uns hier im | |
Grenzbereich zu dem, was Justiz unter Kinderpornografie versteht.“ | |
Seine Behörde habe sich zu der Aufnahme von Ermittlungen entschlossen, weil | |
sie wie zahlreiche andere deutsche Staatsanwaltschaften auch davon ausgehe, | |
dass wer grenzwertiges kinderpornografisches Material bestelle, dabei | |
konspirativ vorgehe und dies bei einer Firma im Ausland tue, auch im Besitz | |
von Material sein dürfte, das in Deutschland strafbar sei. | |
14 Feb 2014 | |
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