# taz.de -- Syrische Chemiewaffen: Zurück zum Ursprung | |
> Syriens Chemiewaffen wurden auf See entschärft. In Munster werden einige | |
> von ihnen entsorgt. Das Heide-Örtchen hat eine lange Giftgas-Tradition. | |
Bild: Hat die Pest an Bord: Auf der MV Cape Ray wurde syrisches Sarin hydrolysi… | |
MUNSTER taz | Seit bald 100 Jahren ist das Heideörtchen Munster eng mit der | |
Geschichte der Chemiewaffen verknüpft: Das preußische Kriegsministeriums | |
ließ hier während des Ersten Weltkriegs Phosgen produzieren, | |
lungenzersetzendes Chlorpikrin und Schwefel-Loste wie | |
Bis(2-chloretyl)sulfid, das unter dem verharmlosenden Namen Senfgas berühmt | |
wurde. Später, sehr bald nach der Erfindung 1938, kam am 1935 reaktivierten | |
Produktionsstandort dann auch Sarin dazu. | |
Es ist also fast, als schlösse sich ein Kreis, wenn nun Abbauprodukte von | |
syrischem Senfgas und Sarin nach Munster kommen, und sogar ein wenig im | |
doppelten Sinn, denn neben England hatte ja auch Deutschland das | |
Assad-Regime mit Chemiewaffen-Komponenten versorgt. | |
Das allerdings ganz gewiss nicht von Munster aus: Heute sitzt dort die | |
Geka, die Gesellschaft des Bundes zur Entsorgung chemischer Kampfstoffe | |
mbH. Die Zusage, dass Assad seine Chemiewaffen abrüsten müsse, war ja | |
Ergebnis der Syrienkonferenz gewesen. Sie wirkte damals wie ein schöner | |
Verhandlungserfolg, hatte aber letztlich vor allem stabilisierende Wirkung | |
fürs Regime. | |
Dass Deutschland bei der Waffenvernichtung mithelfen werde, war schnell | |
klar. Anfang Januar hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeyer (SPD) das | |
dann noch einmal bekräftigt, und damit Munsters Rolle im Syrienkonflikt | |
bestätigt – denn nur die Geka darf so etwas entsorgen, selbst wenn es | |
entschärft ist. | |
Das ist mit den 530 Tonnen sichergestellter syrischer Chemie-Kampfstoffe an | |
Bord der „MV Cape Ray“ geschehen, eines umgerüsteten Containerschiffs der | |
US-Marine, seit Mitte Januar: Die gefährlichen Gemische wurden durch | |
Hydrolyse zersetzt. Dabei nutzt man die sonst fatale Reaktionsfreude der | |
Giftstoffe, legt sie in einen mit wässriger Lauge gefüllten Reaktor und | |
erhitzt ihn. Die Folge: die Zutaten trennen sich voneinander – fertig ist | |
das Hydrolysat. | |
Am Mittwoch sollen die Polyethylen-Fässer angeliefert werden. Danach werden | |
sie verbrannt, bei 1.000 Grad, das Gas wird ordnungsgemäß abgesaugt. Und | |
Assads Krieg geht weiter. | |
1 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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