# taz.de -- Bezirks-Chef Grote über die Esso-Häuser: „Eine gewisse Blockade… | |
> Im Streit um den Ersatz für die abgerissenen Esso-Häuser droht der | |
> Investor, am Spielbudenplatz nicht neu zu bauen. Bezirksamtsleiter Andy | |
> Grote (SPD) will Eskalation vermeiden. | |
Bild: Abriss? Ja. Neubau? Schaun mer mal: Die Esso Häuser auf St. Pauli. | |
taz: Herr Grote, die Bayerische Hausbau hat gedroht, das Bauvorhaben auf | |
Eis zu legen. Sind Ihre Verhandlungen um die Esso Häuser aus dem Ruder | |
gelaufen? | |
Andy Grote: In letzter Zeit hat sich das kommunikativ zugespitzt. Wir haben | |
im Moment eine Differenz zwischen dem, was der Bezirk dort an Wohnungsmix | |
fordert, und dem, was die Bayerische Hausbau bereit ist umzusetzen. | |
Die SPD fordert, dass dort zur Hälfte Sozialwohnungen gebaut werden, der | |
Investor will dagegen nur eine Quote von 33 Prozent erfüllen. | |
Die 50 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen bleiben, aber eine solche | |
Förderung können eben auch Genossenschaften oder Baugemeinschaften | |
erhalten. Am Ende kommt es doch darauf an, für St. Pauli ein sozial | |
verträgliches Wohnungsangebot zu schaffen. | |
Sie wollen die Auflage also aufweichen, denn es ist ja eigentlich klar | |
geregelt, was Sozialwohnungen sind? | |
Das heißt nicht, dass man von der Grenze abweicht. Jenseits dieser starren | |
Vorgabe muss man sich auch das Gesamtpaket angucken. | |
Die Bayerische Hausbau fühlt sich gegenüber anderen Investoren | |
benachteiligt. | |
Der Drittelmix ist nicht starr, sondern eine Grundregel, von der im | |
Einzelfall auch mal abgewichen werden kann. Auch in St. Georg haben wir an | |
der Koppel 82 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen durchgesetzt. Das | |
begründet sich dadurch, dass ein großer Teil der Flächen Gewerbe sind. So | |
ist es auch bei den Esso Häusern. | |
Aber dennoch achten Sie am Spielbudenplatz viel stärker auf eine soziale | |
Stadtentwicklung als woanders, wieso? | |
Die Stadt steckt hier erheblich Ressourcen hinein, um das Baurecht für den | |
Investor zu ändern. Außerdem haben wir eine soziale Erhaltungsverordnung – | |
also eine Verpflichtung als Stadt, auf eine Stabilisierung der | |
Bevölkerungszusammensetzung hinzuwirken. Es geht um Aufwertung, | |
Gentrifizierung und Verdrängung und die Frage, wer kann da in Zukunft | |
wohnen: Wie erhalten wir die Vielfalt und die Qualität, dass dort jeder | |
seinen Platz findet. | |
Das sollte aber auch für andere Gebiete gelten, warum greifen Sie hier | |
dennoch viel stärker ein? | |
Weil das das größte Wohnungsbauvorhaben ist, was wir jemals wieder auf St. | |
Pauli haben werden. Was wir hier nicht hinbekommen, werden wir an keiner | |
anderen Stelle mehr hinkriegen. Es geht aber auch um die Akzeptanz von | |
Stadtentwicklung und Neubauvorhaben überhaupt. | |
Und die Antwort des Investors ist jetzt, eine Verweigerungsstrategie? | |
Wenn man ehrlich ist, hat er immer schon gesagt, mehr als ein Drittel | |
kriegt er wirtschaftlich nicht dargestellt. Und da niemand etwas baut, wo | |
er erkennbar Verluste erwirtschaften wird, war das schon immer die logische | |
Konsequenz. Das hat sich jetzt nur durch ein paar Formulierungen | |
zugespitzt. | |
Einige Ihrer SPD-Kollegen sprachen von einem Erpressungsversuch. | |
Abgeordnete sind ja etwas freier in ihrer Ausdrucksweise. Ich will nicht an | |
irgendwelchen Eskalationen teilnehmen, am Ende bin ich derjenige, der das | |
wieder zusammen führen muss. | |
Wo hakt es denn genau? | |
Momentan ist das Problem, dass wir nicht in das Verfahren rein kommen, weil | |
wir für den Wettbewerb irgendwie beschreiben müssen, was die Architekten | |
entwerfen sollen. Und da gehört der Wohnungsmix dazu. Als Bezirk sagen wir, | |
man könnte auch etwas flexibler mit einer Bandbreite von 40 bis 50 Prozent | |
öffentlich geförderter Wohnungen anfangen. | |
Das lehnt die Bayrische Hausbau aber ab. | |
Sie möchten vorher Klarheit. Das ist momentan tatsächlich eine gewisse | |
Blockade. Wenn es bei dieser Haltung bleibt, verzögert sich der Start. Wenn | |
das Grundstück leer bleiben würde, gibt es nur Verlierer. Der Eigentümer | |
verliert Geld, irgendwann muss er ein wirtschaftliches Interesse haben, zu | |
bauen. Jeder, der ein Rückkehrrecht der Mieter will, muss natürlich auch | |
wollen, dass gebaut wird. Und die Stadt hat auch kein Interesse an einer | |
riesigen Brache am Spielbudenplatz. Deshalb sind alle Beteiligten | |
aufgefordert, sich zusammenzuraufen und einen Kompromiss zu finden. | |
Und wie geht es nun weiter? | |
Wir führen weiter Gespräche. Demnächst gibt es ein Treffen mit der | |
Stadtteilinitiative, um über eine mögliche Bürgerbeteiligung beim | |
Wettbewerb zu sprechen. | |
17 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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