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# taz.de -- Häuserkampf in Hamburg: Mut zur Lücke
> Die Bayerische Hausbau erhöht den Druck: Sie will die „Esso-Häuser“ am
> Spielbudenplatz auf St. Pauli zwar in Kürze abreißen, aber nur neu bauen,
> wenn die SPD auf Sozialwohnungen verzichtet.
Bild: Vielleicht bald ein großes leeres Feld: das Gelände der "Esso-Häuser" …
HAMBURG taz | Die Bayerische Hausbau zieht Konsequenzen aus dem anhaltenden
Streit um die „Esso-Häuser“ auf Hamburg-St. Pauli. Sollte die SPD daran
festhalten, dem Investor aufzuerlegen, auf dem Areal am Spielbudenplatz
mindestens 50 Prozent Sozialwohnungen zu bauen, will die Hausbau zwar
abreißen – aber von einem Neubau absehen. Das sagte Hausbau-Sprecher
Bernhard Taubenberger am Donnerstag der taz. Die Sozialdemokraten werten
diesen Schritt als Erpressungsversuch.
Damit spitzt sich der seit 2010 anhaltende Konflikt um die Zukunft der
50er-Jahre-Häuser erneut zu, der in der Hamburger Gentrifizierungsdebatte
von großer symbolischer Bedeutung ist. Die Fronten sind schon länger
verhärtet. Der zentrale Streitpunkt zwischen Investor und Bezirk ist die
Frage, wie hoch der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen wird.
Der Bezirk knüpft die für das geplante Neubauvorhaben notwendige Änderung
des Baurechts an die Auflage, dass die Hausbau 50 Prozent Sozialwohnungen
baut und den MieterInnen ein Rückkehrrecht nach den gleichen oder besseren
Konditionen einräumt. Dabei stützt er sich auf einen Beschluss der
Bezirksversammlung aus dem Februar 2012. „Damit haben wir der Bayerischen
Hausbau eine klare Ansage gemacht, daran hat sie sich zu halten“, sagt der
SPD-Fraktionschef in Hamburg-Mitte, Falko Droßmann.
Die Bayerische Hausbau ist nur bereit, eine Quote von 33 Prozent zu
erfüllen. Deren Sprecher argumentiert, dass das dem Drittelmix entspreche,
wonach der SPD-Senat bei entsprechenden Neubauvorhaben Investoren
verpflichtet, zu einem Drittel öffentlich geförderte Wohnungen zu bauen.
Eine höhere Quote komme einer Benachteiligung gegenüber anderen Eigentümern
in der Stadt gleich. „Wenn man diesen Spagat zwischen Bezirk und uns nicht
ausräumt, bauen wir eben nicht“, sagt Taubenberger und betont: Ein höherer
Anteil sei für die Hausbau wirtschaftlich nicht machbar. Droßmann sagt:
„Wir lassen uns von keinem Investor erpressen.“
Mit der Position, eine für den Stadtteil sozialverträgliche Lösung zu
finden, nimmt die SPD-Bezirksfraktion eine Forderung von AktivistInnen aus
dem Stadtteil auf. Diese haben eine Stadtteilversammlung einberufen und
gehen noch einen Schritt weiter: Sie verlangen in einer Resolution, dass
der Eigentümer für das „Kaputtbesitzen“ nicht auch noch belohnt werden
darf. Auf dem Gelände müssten ausschließlich Sozialwohnungen gebaut und
eine genossenschaftliche Lösung angestrebt werden.
Die maroden Häuser wurden Mitte Dezember evakuiert, nachdem Bewohner von
bebenden Wänden und rieselnden Decken berichtet hatten. Anschließend
genehmigte der Bezirk den vorzeitigen Abriss. Nach Angaben des Investors
haben von den 86 Mietparteien, die noch im Herbst in den teilweise
entmieteten Häusern lebten, inzwischen 74 eine neue Bleibe gefunden. Viele
von ihnen haben befristete Ersatzwohnungen auf St. Pauli. Mit etwa zwei
Drittel der MieterInnen hat die Bayerische Hausbau in einer
Aufhebungsvereinbarung des Mietvertrags ein Rückkehrrecht vereinbart.
„Diejenigen, die zurück wollen, bekommen das Recht“, so Taubenberger.
Bereits vor einer Woche begann die Hausbau mit den vorbereitenden Arbeiten.
Ab Anfang März sollen die Bagger rollen. Läuft alles nach den Plänen des
Investors, klafft dort, wo jetzt noch die beiden Wohnblöcke und der
Gewerberiegel stehen, Mitte April eine Lücke.
Ähnlich wie der SPD-Fraktionschef sagt auch der Bauexperte der
SPD-Bürgerschaftsfraktion, Dirk Kienscherf: „Erpressen lassen wir uns
nicht, unsere Linie ist also klar.“ Ob am Ende 45 oder 50 Prozent
Sozialwohnungen entstehen, darüber könne man reden. Ansonsten bleibe das
Projekt eben liegen. Andy Grote (SPD), Bezirksamtleiter Hamburg-Mitte,
sieht eine mögliche Annäherung: „Ich finde die Überlegung gut, dass ein
Teil der Eigentumswohnungen an Genossenschaften gehen und damit öffentlich
gefördert sind.“ Ähnlich sei es im Bernhard-Nocht-Quartier gelaufen.
20 Feb 2014
## AUTOREN
Lena Kaiser
## TAGS
Hamburg
Esso-Häuser
Gentrifizierung
St. Pauli
Stadtentwicklung Hamburg
Esso-Häuser
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Esso-Häuser
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