# taz.de -- Rechter Rückzug: Braune Straße bald sauberer? | |
> Der Militarialaden von Schöneweides NPD-Chef Schmidtke läuft schlecht, er | |
> will umziehen. Auch die Nazi-Kneipe „Zum Henker“ muss schließen. | |
Bild: Vorschlag: "Henker" nach Schönheitsreparatur | |
Die Brückenstraße in Schöneweide, auch die „braune Straße von Berlin“ | |
genannt, könnte ihr Gesicht bald ändern. Denn viel spricht dafür, dass | |
nicht nur die Nazikneipe „Zum Henker“ bald dicht macht. Auch der | |
freiwillige Auszug von NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke aus seinem | |
Militarialaden „Hexogen“ könnte unmittelbar bevor stehen. Im Schaufenster | |
liegen zwar noch Teleskopschlagstock, Elektroschocker, Campingkleidung und | |
ein Buch seines Parteifreundes Udo Voigt. Aber die Tür des Ladens ist | |
verschlossen. Nachbarn berichten, dass das jetzt die Regel sein soll. Auch | |
wurden schon Helfer gesehen, die Umzugskisten aus dem „Hexogen“ schleppten. | |
„Ich will ausziehen“, bestätigt Sebastian Schmidtke erneut auf telefonische | |
Nachfrage. Über ein Auszugsdatum würde er noch mit seinem Vermieter | |
verhandeln, sagt er. „Aber ich habe einen zweiten Standort in einem anderen | |
Bezirk, an einem Ort, wo es mehr Laufkundschaft gibt.“ Wo Elektroschocker | |
und Co. in Zukunft über den Ladentisch gehen sollen, verrät er nicht. | |
Die Hausverwaltung VOW Capital Management GmbH bestätigt, dass Schmidtke | |
wegen einer Kündigung des Mietvertrags angefragt hatte. „Weil es im Februar | |
einen Eigentümerwechsel des Gebäudes gab, waren wir nicht mehr zuständig | |
und haben ihn aufgefordert, darüber mit dem neuen Vermieter zu verhandeln“, | |
sagt ein Mitarbeiter. Der neue Vermieter war nicht erreichbar. | |
Blufft Schmidtke nur oder bahnt sich tatsächlich eine Verlagerung der | |
rechtsextremen Hochburg an? Denn auch die Nazikneipe „Zum Henker“ muss in | |
drei Wochen entweder räumen oder aber Rechtsmittel gegen die vom | |
Landgericht angeordnete Räumung einlegen. Beobachter gehen davon aus, dass | |
der finanziell klamme Wirt eher räumt und woanders neu öffnet, als sich auf | |
eine finanziell hochriskante Klage einzulassen. Und da könnten | |
„Henker“-Nachfolger und Schmidtkes Laden auch an anderer Stelle von | |
Synergieeffekten profitieren, wenn sie in unmittelbarer Nähe mieten. | |
Yves Müller vom Zentrum für Demokratie in Schöneweide hält die Eröffnung | |
einer zweiten Filiale des „Hexogen“ für einen Bluff. „Der Laden läuft | |
nicht. Auf einer Gerichtsverhandlung wurde deutlich, dass Schmidtke | |
zusätzlich Leistungen vom Jobcenter bezieht. Warum und mit welchem Geld | |
sollte er umziehen oder gar expandieren?“ | |
Hans Erxleben vom bezirklichen Bündnis für Demokratie warnt, das | |
Rechtsextremismusproblem in Schöneweide schon als erledigt zu betrachten. | |
„Noch sind beide Läden hier und weitere Geschäfte, in denen Nazis gern | |
verkehren.“ | |
Doch wohin könnten die Nazigeschäfte ziehen? Orte mit potenziell vielen | |
rechten Kunden wären Rudow, die Gegend um den S-Bahnhof Lichtenberg sowie | |
die Gegend um das Asylheim Hellersdorf. Auf dem dortigen | |
Kastanienboulevard, der viel Leerstand aufweist, sieht Julian Pinnig vom | |
Vermieter Deutsche Wohnen „zum jetzigen Zeitpunkt aber keine Anhaltspunkte, | |
dass sich eine rechte Klientel bei uns einmieten will“. | |
18 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
## TAGS | |
Schöneweide | |
Schwerpunkt Neonazis | |
Schwerpunkt Neonazis | |
Nazis | |
Schwerpunkt Neonazis | |
NPD | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
NPD | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Aktionen gegen Rechte in Berlin: „Für die Nazis wurde es ungemütlich“ | |
Schöneweide galt lange als Neonazi-Schwerpunkt in Berlin, doch mittlerweile | |
hat sich das geändert. Was war für den Erfolg nötig? | |
Anschlag in Berlin: Auto von linkem Politiker angezündet | |
Erneut Brandstiftung im Stadtteil Adlershof: Vermutlich Neonazis fackeln | |
das Fahrzeug des antifaschistischen Bezirkspolitikers Hans Erxleben ab. | |
Rechte in Berlin-Lichtenberg: Kühler Wind für Neonazis | |
Initiativen und Parteien starten in Lichtenberg eine Kampagne gegen Rechts | |
– und sind verhalten optimistisch angesichts jüngster Entwicklungen. | |
Berliner NPD-Chef vor Gericht: 0:3 gegen den NPD-Chef | |
Innerhalb weniger Monate kassiert Sebastian Schmidtke die dritte | |
Verurteilung – auf Bewährung | |
Gefängnis für Neonazi: „Blockierern Finger abschneiden“ | |
Dieter Riefling soll 12 Monate in Haft, weil er die TV-Moderatorin Mo | |
Asumang rassistisch angriff. Der 45-Jährige ist für Gewaltaktionen bekannt. | |
Rechte Aufmärsche in Berlin: Polizei macht aus Nazis Geheimnis | |
Die Opposition fordert, dass die Polizei Aufmärsche von Neonazis früher | |
bekannt gibt – damit sich Anwohner und Aktivisten darauf einstellen können. | |
Studie zu Strategien gegen Rechts: „Inhaltliche Auseinandersetzung“ | |
Um Rechtspopulisten keine Bühne zu bieten, muss man sich mit deren | |
Argumenten auseinandersetzen, sagt Extremismusexperte und Studienautor | |
Ulrich Overdieck. | |
NPD kämpft gegen Verbotsantrag: Diesmal eher keine groben Schnitzer | |
Die Neonazi-Partei fordert eine Einstellung ihres Verbotsverfahren – | |
mithilfe des Whistleblowers Edward Snowden. |