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# taz.de -- EU-Öko-Verordnung: Bio soll noch besser werden
> Die EU-Kommission verschärft die Kriterien für Bio-Lebensmittel. Das
> könnte dazu führen, dass weniger davon im Regal landen.
Bild: Was macht die Milch zur Bio-Milch?
BERLIN taz | Biomilch aus dem „Backshop“ nebenan, der auch noch spät abends
geöffnet ist? Das könnte bald vorbei sein, wenn sich die EU-Kommission mit
ihrem Vorschlag für eine neue Öko-Verordnung durchsetzt, den sie am Montag
beschlossen hat. Demnach müssen sich künftig von einer Öko-Kontrollstelle
sogar Einzelhändler überprüfen lassen, die Biolebensmittel nur in
abgepackter Form verkaufen. Wegen der damit verbundenen Kosten und
Bürokratie würden dann viele kleine Einzelhändler gar kein Bio mehr führen.
Dabei will EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos genau das Gegenteil: „Mehr und
bessere Biolandwirtschaft“ sei das Ziel, erklärt der Rumäne. Dafür müsse
das Vertrauen der Verbraucher in Ökoprodukte gestärkt werden. Hintergrund
sind Skandale um Betrug und Tierschutzprobleme. Ciolos hält die
Biolandwirtschaft für förderungswürdig, weil sie auf umweltschädliche
Pestizide und Dünger verzichtet und ihre Tiere besser hält als die
konventionelle Konkurrenz.
Doch die Branche glaubt, dass die geplanten Vorschriften ihr Wachstum
bremsen würden. Besonders bekämpft sie Ciolos’ Forderung nach einem eigenen
Pestizidgrenzwert für Ökoprodukte. Dem Entwurf zufolge müssen Biohersteller
künftig garantieren, dass in ihren Produkten höchstens so viel Chemie wie
in Babynahrung enthalten ist. Bisher ist mehr erlaubt, zum Beispiel wenn
die Ackergifte vom konventionellen Nachbarfeld herübergeweht wurden. „Der
Vorschlag würde das Verursacherprinzip auf den Kopf stellen“, sagt der
EU-Direktor des Branchenverbands Ifoam, Marco Schlüter. Gerade kleine Höfe
würde das treffen, denn ihre Felder sind oft von vielen herkömmlich
wirtschaftenden Nachbarn umgeben.
Die Kommission will auch die Regeln für Biobauern außerhalb der EU
verschärfen, wenn sie für den Export nach Europa produzieren. Bislang
können die Kontrollstellen zum Beispiel genehmigen,
Öko-Pflanzenschutzmittel einzusetzen, die in der EU nicht ausdrücklich
erlaubt sind. Das soll künftig verboten sein. Auch dieser Vorschlag könnte
laut Experten dazu führen, dass weniger Bioprodukte verfügbar sein werden.
## Ausnahmen bleiben erhalten
Dennoch ist die Branche froh, dass die Kommission nun offenbar doch nicht
eine Reihe von Ausnahmen streichen will. So sollen Kleinstbetriebe ihre
Kühe im Winter weiter in traditionellen Ställen an der Kette halten dürfen,
wenn die Tiere zweimal pro Woche Auslauf bekommen. Saatgut und Jungtiere
aus konventioneller Produktion könnte die Kommission dem Entwurf zufolge
noch bis 2021 erlauben.
Die Verbände loben auch, dass die Hersteller verarbeiteter Lebensmittel
künftig weniger konventionelle Zutaten benutzen dürfen. Das geplante
Verbot, nur einen Teil eines Hofs auf Bio umzustellen, ist ebenfalls
unumstritten. Um noch ökologischer zu werden, müssen Händler, Verarbeiter
und andere Nichterzeuger nach dem Entwurf ein „Umweltmanagementsystem“
einrichten. Allerdings sollen davon Kleinstunternehmer ausgenommen sein –
laut Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller wären 45 Prozent der
deutschen Unternehmen außen vor „und das System tot“.
Damit sich die Kontrollstellen stärker auf Betriebe mit hohem Risiko
konzentrieren können, sollen sie kleinere Höfe nicht mehr jedes Jahr
besuchen müssen. Solche Betriebe können sich den Aufwand auch in einer
„Gruppenzertifizierung“ teilen. Dem Kommissionsvorschlag müssen noch das
EU-Parlament und die Mitgliedstaaten zustimmen.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt warnt bereits vor zu viel
Bürokratie. Nicht alles, was aus Brüssel komme, nutze dem Verbraucher,
sagte der CSU-Politiker.
25 Mar 2014
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
EU
Bio
Kühe
Bio
Landwirtschaft
Schwerpunkt Gentechnik
EU-Kommission
Eier
Aquakultur
Mecklenburg-Vorpommern
Betrug
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