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# taz.de -- Bericht der Anti-Folter-Stelle: „Löcher in Türen und Wänden“
> Die Anti-Folter-Stelle bemängelt die Zustände in „staatlichem Gewahrsam“
> für Flüchtlinge. Ihr Bericht wird am Freitag übergeben.
Bild: Gegen die Lebensbedingungen in den Abschiebeknästen gibt es schon lange …
KARLSRUHE taz | In Deutschland gibt es „keine Anhaltspunkte für Folter“.
Das stellt die Nationale Stelle für die Verhütung von Folter in ihrem
Jahresbericht 2013 fest. Allerdings fanden die Kontrolleure zahlreiche
Missstände bei der Unterbringung von Menschen in „staatlichem Gewahrsam“
fest. Schwerpunktthema war diesmal die Abschiebehaft.
Die deutsche Anti-Folter-Stelle besteht seit 2008 und sitzt in Wiesbaden.
Experten besuchen Einrichtungen des Bundes – zum Beispiel Arrestzellen bei
Bundespolizei, Zoll und Bundeswehr – und der Länder, insbesondere
Gefängnisse, Polizeiwachen und geschlossene Kinder- und Jugendheime. Die
Kontrollbesuche erfolgen mit kurzfristiger Anmeldung, oft sogar
unangemeldet. Für die Anti-Folter-Stelle arbeiten sechs Personen
ehrenamtlich, zwei werden vom Bund benannt, vier von den Ländern.
Überwiegend sind es pensionierte Beamte. Hinzu kommt ein Sekretariat mit
vier Mitarbeitern.
Im Jahr 2013 wurden 36 Einrichtungen besucht, davon 11, in denen
Abschiebehäftlinge untergebracht sind. Diese Personen haben keine Straftat
begangen, ihnen fehlt nur das Aufenthaltsrecht in Deutschland. Die Haft
soll verhindern, dass sie vor der Abschiebung untertauchen. Die Haftdauer
betrug, je nach Einrichtung, im Schnitt zwischen einer und vier Wochen.
Manche Personen mussten aber monatelang warten.
In Bützow (Mecklenburg-Vorpommern) fanden die Experten eine völlig marode
Einrichtung vor. „In Türen, Fenstern und Wänden sind Löcher, die
provisorisch mit Papier oder Tüchern verstopft wurden“, heißt es in dem
Bericht, der an diesem Freitag dem Justizministerium übergeben wird. Räume
und sanitäre Anlagen seien so verschmutzt, dass sie sich kaum noch reinigen
lassen.
## 22 Hungerstreiks in Mannheim
In Eisenhüttenstadt (Brandenburg) wurde das schlecht ausgebildete Personal
kritisiert, das überwiegend bei einer privaten Sicherheitsfirma angestellt
ist. In Mannheim wurde ein Mann von seiner schwangeren Frau getrennt, die
in Karlsruhe auf die Abschiebung wartete. Beide durften nicht einmal
telefonieren. Doch es gab auch Lob. Als vorbildlich wurden die
Einrichtungen in Büren (NRW) und Ingelheim (Rheinland-Pfalz) dargestellt.
Die Anti-Folter-Stelle sprach sich dafür aus, Abschiebehäftlinge
grundsätzlich in speziellen Einrichtungen und nicht in Gefängnissen für
Straftäter unterzubringen. Die dortigen hohen Sicherheitsvorkehrungen seien
unnötig belastend. Gefordert wurde auch eine psychologische Betreuung der
Betroffenen. In Mannheim gab es in einem halben Jahr 22 Hungerstreiks.
Die Experten kritisierten aber auch ihre eigenen Arbeitsbedingungen.
Derzeit könne die Anti-Folter-Stelle „ihrem gesetzlichen Auftrag nicht
gerecht werden“. Wegen zu geringer Personalausstattung seien keine Besuche
in Pflegeheimen und psychiatrischen Kliniken möglich. Justiz-Staatssekretär
Christian Lange (SPD) sagte gegenüber der taz zu, dass der Bund seinen
Kostenanteil weiter erhöhen werde. „Ich hoffe sehr, dass sich auch die
Länder demnächst auf eine deutliche Erhöhung verständigen werden.“
Die Anti-Folter-Stelle beruht auf einem völkerrechtlichen Vertrag der UNO.
Bis 2008 wurden Hafteinrichtungen in Deutschland nur alle fünf Jahre vom
Anti-Folter-Komitee des Europarats kontrolliert.
4 Apr 2014
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
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