# taz.de -- Arbeitskampf in China: Streik statt Nike | |
> Seit mehr als einer Woche protestieren die Mitarbeiter eines großen | |
> Sportartikel-Zulieferers. Das Angebot höherer Sozialleistungen reicht | |
> ihnen nicht. | |
Bild: Gehört zu den Kunden von Yue Yuen: Der Sportschuhhersteller Adidas. | |
PEKING taz | Zu Streiks und Arbeitsniederlegungen kommt es in der | |
südchinesischen Provinz Guangdong immer wieder. Vor allem am Perlflussdelta | |
vor den Toren Hongkongs, wegen seiner vielen Textilfabriken und Betriebe | |
von Konsumartikeln auch bekannt als „Werkbank der Welt“. Doch einen so | |
langen Ausstand wie derzeit beim Schuh- und Sportartikelhersteller Yue Yuen | |
Industrial hat es in der Region schon lange nicht mehr gegeben. | |
Seit rund anderthalb Wochen legen Tausende von Arbeiterinnen und Arbeitern | |
in der südchinesischen Stadt Gaobu den Betrieb von Yue Yuen lahm. Die in | |
New York ansässige unabhängige Arbeiterorganisation China Labor Watch (CLW) | |
spricht gar von „Zehntausenden“. | |
Auch am Mittwoch blockierten sie die Zufahrtsstraßen zum Fabrikgelände, | |
hielten Mahnwachen und marschierten in Blöcken durchs nahe gelegene | |
Stadtzentrum. Sie fordern höhere Löhne und bessere Sozialleistungen und | |
protestieren gegen unfaire Bedingungen in den Arbeitsverträgen. Yue Yuen | |
ist der weltgrößte Zulieferer für Sportartikel. Er beliefert unter anderem | |
Adidas und Nike. | |
Auf Bildern in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie die Streikenden | |
sogar einen städtischen Bus kaperten und ihn quer auf eine Kreuzung | |
stellten. Zu Ausschreitungen ist es nach Angaben der örtlichen | |
Stadtverwaltung bislang nicht gekommen. „Alle Seiten verhalten sich | |
besonnen“, heißt es. Sie hat dennoch Hunderte von Polizisten auf dem | |
Fabrikgelände des chinesischen Unternehmens stationiert, einige mit | |
Schilden und Schäferhunden. | |
Die Firmenzentrale hatte am Dienstag den Streikenden zugesagt, ab 1. Mai | |
die Sozialleistungen deutlich anzuheben. Doch die Arbeiter gaben sich damit | |
nicht zufrieden. „Die Firma betrügt uns schon seit zehn Jahren“, wird eine | |
Mitarbeiterin zitiert. Sie beschwerte sich auch über das örtliche | |
Arbeitsamt, der Sozialversicherung und der Verwaltung der Stadt Gaobu. | |
## Streiks werden von den Behörden geduldet | |
Obwohl Streiks und Demonstrationen in der Volksrepublik selten genehmigt | |
werden, kommt es dennoch immer wieder zu Protesten. Sie richten sich | |
meistens gegen schlechte Arbeitsbedingungen, zu niedrige Löhne oder | |
miserable Umweltbedingungen. Solange sich die Streikenden nicht | |
organisieren oder landesweit vernetzen, lassen die Behörden Proteste zu. | |
Die Zentralregierung in Peking hat dazu zwar keine konkreten Bestimmungen | |
erlassen und meidet das Themenfeld auch. Zugleich sieht die chinesische | |
Führung darin ein Mittel, Behördenwillkür und Korruption anzuprangern und | |
die örtlichen Behörden unter Druck zu setzen. Peking ist zudem daran | |
interessiert, dass die Löhne in der Region steigen. Bislang dominierte am | |
Perflussdelta die Textil- und Leichtindustrie. Die chinesische Führung | |
möchte aber, dass sich dort mehr Hightech-Industrie entwickelt. | |
Die Firmenleitung von Nike war am Mittwoch zu keiner Stellungnahme bereit. | |
Adidas erklärte lediglich, dass man den Konflikt beobachte, und bestätigte, | |
der Mutterkonzern von Yue Yuen, die Pou Chen Group, befinde sich in | |
Gesprächen mit der örtlichen Regierung. | |
16 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
## TAGS | |
China | |
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Adidas | |
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