# taz.de -- Gewerkschafterin über fairen Lohn: „Adidas soll mit uns verhande… | |
> Gewerkschafterin Estela Ramirez über die miesen Arbeitsbedingungen beim | |
> Sportartikelhersteller, dessen Ausreden und Zweitjobs der Näherinnen. | |
Bild: Auch anderswo sind die Arbeitsbedingungen bei Adidas beklagenswert. Hier … | |
taz: Frau Ramirez, als Gewerkschafterin vertreten Sie Arbeiterinnen und | |
Arbeiter in El Salvador, die für Adidas Sportbekleidung nähen. An diesem | |
Donnerstag nehmen Sie an der Hauptversammlung des Konzerns in Fürth teil. | |
Was wollen Sie den Adidas-Aktionären sagen? | |
Estela Ramirez: Der Konzern soll seine Zulieferfabriken verpflichten, den | |
Arbeitern und Arbeiterinnen Löhne zu zahlen, die ein menschenwürdiges Leben | |
ermöglichen. Außerdem fordern wir, dass Gewerkschaften wie unsere | |
ungehindert über die Löhne und Arbeitsbedingungen verhandeln können. | |
Sind Näherinnen in El Salvador, die Sporttrikots für Adidas fertigen, in | |
der Lage, mit ihren Löhnen ein normales Leben zu finanzieren? | |
Keinesfalls. Der Mindestlohn liegt gegenwärtig bei 202 US-Dollar (146 Euro) | |
pro Monat. Davon abgezogen werden noch Abgaben für die Sozialversicherung. | |
Hinzu kommen aber manchmal Bonuszahlungen. | |
In seinem Sozialstandard verspricht der Adidas-Konzern, dass alle | |
Beschäftigten in seinen Zulieferfabriken eine Bezahlung erhalten, die nicht | |
nur für Essen und Wohnung reicht, sondern beispielsweise auch dafür, etwas | |
Geld zu sparen. Hält der Konzern dieses Versprechen ein? | |
Nein, eine vierköpfige Familie braucht in El Salvador rund 600 Dollar (400 | |
Euro), um ihre Grundbedürfnisse zu decken und etwa die Kinder zur Schule zu | |
schicken. Selbst wenn beide Eltern für Adidas arbeiten, haben sie keine | |
Chance, ein solches Einkommen zu erreichen. | |
Wie kommen sie dann über die Runden? | |
Die Arbeiterinnen und Arbeiter machen zusätzliche Jobs. Frauen verkaufen | |
Tortillas oder selbst gebackenes Brot auf der Straße. Manche prostituieren | |
sich. Die Männer arbeiten am Wochenende auf dem Bau, beladen Lastwagen oder | |
bieten Getränke bei Sportveranstaltungen an. | |
Ist der Vorstand von Adidas bereit, mit Gewerkschaftern wie Ihnen über | |
Lohnerhöhungen zu verhandeln? | |
Bis jetzt nicht. Der Konzern argumentiert, verantwortlich seien die | |
Besitzer der Zulieferfabriken. Diese weigern sich allerdings oft, über | |
höhere Löhne zu sprechen. Wir verlangen deshalb direkte Verhandlungen mit | |
Adidas. Der Konzern ist verantwortlich für die Bedingungen in den | |
Zulieferfabriken, weil er ihnen die Aufträge gibt. | |
Wie wollen Sie das Unternehmen zum Einlenken bewegen? | |
Mein Auftritt bei der Hauptversammlung ist ein Teil unserer Aktivitäten. | |
Gewerkschaften, die Adidas-Beschäftigte unter anderem in Bangladesch, | |
Honduras, Kambodscha, auf den Philippinen und in der Türkei vertreten, | |
haben sich zusammengeschlossen. Die Probleme sind überall ähnlich. Mit | |
gemeinsamem Vorgehen wollen wir den Druck auf das Unternehmen erhöhen. | |
Hat sich das Verhalten des Unternehmens in den vergangenen Jahren zum | |
Positiven verändert? | |
Nein. Wenn Gewerkschaften versuchen, in einer Fabrik höhere Löhne | |
durchzusetzen, droht Adidas, die Aufträge zu anderen Firmen zu verlagern. | |
Sie haben selbst früher für Adidas gearbeitet und versucht, bessere | |
Bedingungen durchzusetzen. Wie hat der Konzern damals reagiert? | |
Die Fabrik Hermosa in El Salvador wurde geschlossen. | |
Was können Verbraucher in Deutschland tun, um Sie zu unterstützen? | |
Sie sollten Adidas wissen lassen, dass sie die Forderung nach höheren | |
Löhnen mittragen. Ein Mittel dafür sind die Protestmails der Kampagne für | |
Saubere Kleidung. | |
8 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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