# taz.de -- Neue Tarifrunde für Zeitungsredakteure: Alles für einen Schnaps m… | |
> Der Verlegerverband BDZV will bundesweit die Gehälter von Journalisten | |
> erhöhen – um zwei Prozent. Das sorgt für reichlich Spott. | |
Bild: Zwei Prozent mehr. Prosit! | |
BERLIN taz | Seit fast auf den Tag genau neun Monaten verhandeln | |
Gewerkschaften und Verleger inzwischen über die künftige Bezahlung für | |
Journalisten, die bei Tageszeitungen unter Vertrag sind – und wenn die | |
Delegationen an diesem Donnerstag in Berlin wieder zusammenkommen, wird es | |
wieder nicht zu einem Abschluss kommen. | |
Das sei „angesichts der zahlreichen Einzelfragen auch beim besten Willen | |
aller Beteiligten“ nicht denkbar, sagt etwa Kajo Döhring, der als | |
Verhandlungsführer des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) mit am Tisch | |
sitzt. Und dennoch: Eine Annäherung zeichnet sich immerhin langsam ab. | |
Jedenfalls bewegt sich etwa der Verlegerverband BDZV. Vor der nunmehr | |
zehnten Tarifrunde für die betroffenen 14.000 Zeitungsredakteure rückt er | |
nach eigenen Angaben von einer seiner zentralen Forderungen ab, für die er | |
im vergangenen Jahr noch lautstark getrommelt hatte: Die Anpassung der | |
Journalisten-Gehälter solle nun nicht mehr an die Kaufkraft der jeweiligen | |
Region gekoppelt sein – aber nur, wenn die Gewerkschaften für die | |
norddeutschen Verlage Zugeständnisse beim Weihnachtsgeld akzeptierten, der | |
Region mit besonders schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen. | |
Die Verleger nennen ihr Angebot „Tarifwerk Zukunft“. Bundesweit wollen sie | |
die Journalistengehälter um zwei Prozent erhöhen – und in einem Jahr noch | |
einmal. Gleichzeitig sollen Zeitungsredakteure, die am Flächen-Tarif | |
hängen, was mitnichten allerorts die Regel ist, Einbußen beim Weihnachts- | |
und Urlaubsgeld akzeptieren. Ob die Gewerkschaften hier mitmachen, die | |
ursprünglich mit einem Plus von bis zu sechs Prozent mehr Lohn ins Rennen | |
gegangen waren? | |
„Ich halte eine Einigung über höhere Journalisteneinkommen für möglich“, | |
sagt DJV-Verhandlungsführer Döhring. Hart bleibt er wiederum, wenn es um | |
die Frage geht, ob Journalisten künftig auch leistungsabhängig bezahlt | |
werden sollen, Stichwort Boni – die lehnt er ab: „So etwas geht nur, wenn | |
es als gerecht empfunden wird, da fehlt in den Redaktionen schlicht | |
jegliches Vertrauen in die Vorgesetzten.“ | |
## Hoodie-Journalismus und Volontäre | |
Der BDZV wirbt währenddessen für seinen Vorschlag, der erstmals auch | |
vorsieht, Online-Journalisten mit in den Flächentarifvertrag | |
einzuschließen. Das klingt gut, hat aber einen Haken: Viele Häuser haben | |
ihre Kapuzenpulliträger in Gesellschaften ausgelagert, die jenseits des | |
Tarifs operieren. Gleichzeitig will der BDZV auch die Ausbildung der | |
Journalisten verbessern. Die Gewerkschaften sehen hier aber noch offene | |
Fragen, etwa ob es um echte Kompetenzzuwächse geht oder nicht doch bloß | |
darum, Volontäre länger als billige Textmaschinen unter Vertrag haben zu | |
können. | |
„Unser Angebot liegt auf dem Tisch“, sagt Georg Wallraf, der für den | |
Verlegerverband die Verhandlungen führt. Und er betont: „Wir sind bereit, | |
einen Manteltarifvertrag mit einer Laufzeit über fünf Jahre abzuschließen.“ | |
Das wiederum würde tatsächlich ein „Höchstmaß an Planungssicherheit für | |
Journalisten und Verleger“ garantieren, wie er das nennt – und das in | |
Zeiten, in denen es in vielen Verlagshäusern kriselt. Vor allem würde diese | |
Laufzeit aber natürlich auch für Ruhe in den Verlagshäusern sorgen. | |
Wenig hilfreich dürfte dabei allerdings die Begleitmusik sein, die vor | |
wenigen Tagen der Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger hat ertönen | |
lassen. Dort wurde der neue Vorschlag besonders launig angekündigt: „Es | |
kommt ein Schnäpschen oben drauf.“ Beim DJV heißt es dazu, man erwarte | |
freilich „mehr als ein Schnaps kostet“. | |
Die Verleger aber pochen nun auf eine Einigung. „Mehr als ein Schnäpschen | |
kann es nicht geben“, sagt BDZV-Vertreter Wallraf. Man sei nach neun | |
Monaten schlicht an der Grenze dessen angelangt, was den Verlagen zugemutet | |
werden könne. „Entweder wir schaffen jetzt den Durchbruch oder wir können | |
das Requiem zum Ende des Flächentarifvertrags anstimmen.“ | |
17 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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