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# taz.de -- Roboter-Journalismus: Nachrichten aus der Maschine
> Fußball, Wetter, Erdbeben: Zu einigen Themen produzieren Computer schon
> jetzt eigene Nachrichtentexte. Für den Leser ist der Unterschied kaum
> erkennbar.
Bild: Der nicht-menschliche „Redakteur“ ist kein Roboter, sondern nur eine …
BERLIN dpa | Wenn in seiner kalifornischen Heimat nachts die Erde bebt,
kann sich Los Angeles Times-Reporter Ken Schwencke noch einmal umdrehen.
Denn die erste Nachricht verfasst für ihn eine Maschine. Der „Quakebot“
schreibt auf, wie schwer der Erdstoß war.
Vor kurzem wurde die erste von dieser Software automatisch erstellte
Meldung online veröffentlicht. Der Computer arbeitet mit den Daten, die die
Erdbebenwacht USGS über das Internet herausgibt. Die Software fügt die
Informationen in Sekunden in ein Meldungsformular ein. Fertig ist die
Nachricht.
Ähnlich wie ein Beben könnte dieser Roboter-Journalismus an Teilen der
Medienwelt rütteln. „Überall, wo die gleichen Textbausteine benutzt werden
und sich nur die Datenlage ändert, bietet sich das an“, sagt der Berliner
Social-Media-Experte Frederik Fischer. Schreibende Software werde sich
langfristig in der Medienlandschaft etablieren. Die Branche arbeitet in
Nischen schon mit automatischen Nachrichten – etwa bei den Themen Börse,
Wetter oder Sport.
Eine solche Technologie kommt von der US-amerikanischen Firma Narrative
Science. Sie erstellt aus Daten Gebrauchstexte. Mit der Software hat das
US-Magazin Forbes bereits Finanzberichte erstellen lassen. In Deutschland
verspricht die Stuttgarter Firma Aexea, mit ihrer „Nachrichtenmaschine“
hochwertige Texte formulieren zu können. Bei Berichten über ein
Basketballspiel beispielsweise soll die Software nicht nur den Punktestand
ausformulieren, sondern auch alte Spielberichte berücksichtigen. „Zum
Beispiel, ob der Topscorer enttäuscht hat“, berichtet Prototyp-Entwickler
Frank Feulner.
## Zielgruppengerechte Beiträge
Für Sportmagazine könnten zudem der Stuttgarter Agentur zufolge passgenaue
Artikel für Bayern-Fans oder sogar extra für Fans des Spielers Philipp Lahm
ohne großen Aufwand erstellt werden. Feulner sagt, ihn hätten bereits
Anfragen aus dem Verlagswesen erreicht.
Laut einer Studie der schwedischen Universität Karlstad sind die
computerverfassten Meldungen langweiliger zu lesen, aber ihr maschineller
Ursprung sei nicht zwangsläufig erkennbar. Als Routine-Werkzeug könnte die
Software den Autoren aus Fleisch und Blut künftig Arbeit abnehmen – oder
aber manche Stelle ersetzen. Schwenckes neuer Kollege „Quakebot“ braucht
keinen Urlaub und ist niemals müde. „Wenn sie durch Technik Kosten
einsparen können, werden sie das “, ist Fischers Einschätzung über die
Verlage.
Trotzdem sind der Technik Grenzen gesetzt. Der „Quakebot“ kann sich weder
ein Bild von der Zerstörung vor Ort machen noch Experten befragen oder sich
in andere Menschen hineinversetzen. Ein Computerprogramm hätte wohl kaum
den Watergate-Skandal aufgedeckt. „Dass ein Roboter eine Zeitung befüllt,
ist Humbug und noch weit entfernt“, sagt Fischer. Auch Computerlinguist
Manfred Stede von der Universität Potsdam findet: „Der Mehrwert im
Journalismus ist ja, dass Fakten bewertet und nicht nur transportiert
werden.“
„Quakebot“-Erfinder Ken Schwencke überprüft seine automatisch erstellten
Nachrichten jedenfalls noch, bevor er sie veröffentlicht. Als ihn das
Erdbeben frühmorgens aus dem Bett riss und er sich vor den PC setzte, war
die Meldung zwar schon fertig, [1][wie er dem Online-Magazin Slate
schilderte]. Er habe sie aber selbst per Mausklick ins Netz gestellt.
21 Apr 2014
## LINKS
[1] http://www.slate.com/blogs/future_tense/2014/03/17/quakebot_los_angeles_tim…
## AUTOREN
Nico Pointner
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