# taz.de -- Theaterprojekt gegen Homophobie: Nicht in unserer Kabine | |
> Das Göttinger Theaterprojekt "Steh deinen Mann" stößt bei | |
> niedersächsischen Fußballvereinen auf Ablehnung, weil es sich mit | |
> Schwulenfeindlichkeit im Sport auseinandersetzt. | |
Bild: Spielort Umkleidekabine: Was in Göttingen die Stadtverwaltung möglich m… | |
GÖTTINGEN taz | Wer Homosexualität im Fußball thematisiert, bekommt heute | |
von allen Seiten verbalen Zuspruch. Wenn es aber um konkrete Unterstützung | |
geht, mauern viele. Diese Erfahrung musste Regisseur Reimar de la | |
Chevallerie von der Göttinger Theatergruppe „Boat People Projekt“ machen. | |
Er will den Monolog „Steh deinen Mann“ in die Kabinen niedersächsischer | |
Sportvereine bringen. Der Hamburger Autor Christopher Weiß hat das | |
Ein-Personen-Stück geschrieben. Im Zentrum steht ein heterosexueller | |
Fußballer, der sich mit der Frage beschäftigt, wer in der Mannschaft schwul | |
sein könnte und ob er selbst durch homophobes Verhalten vielleicht jemanden | |
verletzt hat. | |
Doch die Reaktionen von niedersächsischen Fußballvereinen, in deren Kabinen | |
Chevallerie das Projekt zur Aufführung bringen wollte, sprechen eine andere | |
Sprache. Das Thema werde im Männer-Mannschaftssport nach wie vor verdrängt, | |
sagt der Regisseur. „Während unserer Recherchen zum Stück und vor allem bei | |
der Suche nach Sponsoren haben wir festgestellt, dass ganz viele nichts | |
damit zu tun haben wollen.“ | |
## „Dieses Thema hat keinen Platz im Fußball“ | |
Auch die Suche nach Aufführungsorten gestaltet sich sehr schwierig. In | |
ländlichen Gegenden habe man ihm gesagt, „das Problem Schwulsein“ gebe es | |
dort nicht, sondern nur in der Stadt, sagt Chevallerie. Von einem | |
Funktionär in einer ländlichen Sektion des Landesfußballverbandes habe er | |
sich anhören müssen: „Bei uns gibt es keine Schwulen. Einer muss doch die | |
Heteros schützen – und das bin ich.“ Ein Vorstandsmitglied eines Vereins | |
ließ ausrichten, „dieses Thema kommt in meinem Bewusstsein nicht vor und | |
hat keinen Platz im Fußball“. Er würde seinem Sohn nicht sagen, „dass es | |
schwule Männer gibt“. | |
Nicht in allen Absagen äußerten die Verantwortlichen derart offen ihre | |
Ressentiments gegenüber Homosexuellen. Aber es gab eben auch keine Zusagen. | |
Und das, obwohl die Aufführungen für Sportvereine in Niedersachsen | |
kostenfrei wären. „Bisher gibt es keinen einzigen Sportverein, der mit uns | |
kooperieren will“, zeigt sich Chevallerie enttäuscht. Eigentlich sei man an | |
einem Punkt, an dem man sagen müsste: „Das Projekt ist mangels | |
Unterstützung durch die Sportvereine gescheitert.“ | |
## „Interne Widerstände“ | |
„Ich glaube nicht, dass das ein Einzelfall ist“, sagt Reinhard Rawe, | |
Direktor des Landesportbundes in Niedersachsen. „Unsere Gesellschaft ist | |
insgesamt noch nicht so weit, wie wir das gerne hätten.“ Die | |
Grundauffassung des Verbands sei geprägt von Toleranz, Offenheit und | |
Neutralität. „Wenn das noch nicht alle Leute vor Ort so verstanden haben“, | |
dann sei das ein Zeichen dafür, an dieser Thematik weiter zu arbeiten. | |
„Gerade weil wir damit auch intern immer wieder auf Widerstände stoßen.“ … | |
sei die Aufgabe jedes Einzelnen, Diskriminierungen jeglicher Art | |
entgegenzutreten. Das fange schon bei der Formulierung an, jemand spiele | |
einen „schwulen Pass“, die von Jugendlichen immer noch häufig verwendet | |
werde. „Wir wollen, dass der Sport offen für alle ist“, sagte Rawe. | |
Hans Hengelein, Schwulenreferent beim Niedersächsischen Ministerium für | |
Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, warnt vor einer Verallgemeinerung. | |
Westerstede, Norden und Cloppenburg seien Beispiele für kleinere Orte, „in | |
denen Lesben und Schwule selbst ihre sozialen Verhältnisse gestalten und es | |
selbst in die Hand genommen haben, zu entscheiden, wie sie leben wollen“. | |
Hengelein räumt ein: „Natürlich erfordert ein Coming Out auf dem Lande nach | |
wie vor mehr Zivilcourage als ein anonymes Coming Out in der Stadt.“ | |
Allerdings müsse man sich von der Illusion verabschieden, „dass Sport in | |
diesem Fall Vorreiter sein könnte“. Je mehr Menschen Erfahrungen mit | |
lesbischen und schwulen ArbeitskollegInnen machen könnten, umso mehr werde | |
sich dies auch positiv auf den Sport auswirken, so Hengelein. Das Göttinger | |
Theater-Projekt sei vor diesem Hintergrund eine wichtige Initiative. | |
In Göttingen ist es am vorigen Mittwoch doch noch zu einer Uraufführung in | |
einer Sportstätte gekommen. Das Stück wurde in der Umkleidekabine des | |
Göttinger Jahn-Stadions gezeigt. „Diesen Ort haben wir über die städtische | |
Verwaltung des Stadions bekommen“, sagt Chevallerie. „Die Fußballvereine in | |
Göttingen haben damit nichts tun.“ | |
21 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Alexander Kohlmann | |
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