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# taz.de -- Internationaler Tag gegen Homophobie: Nirgendwo sicher
> Sexuelle Minderheiten können auch nicht im sich selbst als toleranter
> wahrnehmenden Europa Schutz erwarten. Das zeigt ein
> Dokumentationsprojekt.
Bild: Toleranz – so stellt sich das Familienministerium das vor.
BERLIN taz | Gerade einmal eine Woche ist vergangen, seit Conchita Wurst
mit ihrem Auftritt beim Eurovision Song Contest (ESC) ein Zeichen gegen
Homophobie und Transphobie gesetzt hat. Wie aktuell der Bedarf an einer
klaren Positionierung ist, zeigen die Reaktionen auf den Sieg der
österreichischen Travestiekünstlerin.
In Michel Friedmans Talkshow bei N24 lässt der Gastgeber über die Frage
„Schwul: Normal oder Pervers?“ diskutieren. Nicht wenige „Normale“ haben
offensichtlich eine sehr klare Vorstellung davon, wer zu ihnen gehören
darf: Eine Flut von Facebookkommentaren seit dem ESC schüttet eine
[1][gehörige Portion Hass] über Wurst aus.
Dass Homophobie und vor allem Transphobie sich nicht in verbaler Gewalt
allein erschöpft, sondern handgreiflich und gar nicht so selten auch
tödlich werden kann, zeigt das Dokumentationsprojekt „Trans Murder
Monitoring“. Eine interaktive Karte auf der [2][Webseite der Gruppe] listet
weltweit rund 1.500 Todesopfer transphober Gewalt seit 2008 auf.
Soweit bekannt, sind die Daten zu den Ermordeten mit den typischen roten
Google-Maps-Markern hinterlegt – kleine virtuelle Grabsteine für Menschen,
die sonst gerne vergessen werden. Das Projekt betont, dass die zugrunde
liegenden Daten sehr wahrscheinlich unvollständig sind; es sei kaum davon
auszugehen, dass überall auf der Welt wirklich alle Fälle bekannt würden
und Eingang in die Datenbank finden.
Was die Weltkarte zeigt, ist, dass es zwar quantitative Unterschiede gibt,
mörderische transphobe Gewalt aber keine Nationalität kennt. Zwei Drittel
aller Fälle werden aus Süd- und Mittelamerika berichtet, wirklich sicher
dürfen sich sexuelle Minderheiten aber offensichtlich nirgendwo auf der
Welt fühlen – auch nicht im sich selbst toleranter wahrnehmenden Europa.
## Berlin auf einem guten Weg
Ein Eindruck, den Bastian Finke von Maneo, dem schwulen Anti-Gewalt-Projekt
in Berlin, bestätigen muss – und das obwohl „Berlin sich auf einem auch im
bundesweiten Vergleich guten Weg befindet.“ Die Politik habe mit
hauptamtlichen Ansprechpersonen bei Polizei und Staatsanwaltschaft ein
deutliches Zeichen zur Unterstützung von Übergriffen Betroffener gesetzt.
Der [3][Jahresbericht von Maneo] zeigt, dass die Zahl der Beratungsfälle
über Jahre auf etwa dem gleichen Niveau bleiben, die zu dokumentierenden
Übergriffe also nicht erkennbar weniger werden. „Probleme bereiten
Betroffene weiter Ängste und Sorgen, in ihren Anliegen von den
Strafverfolgungsbehörden nicht ernst genommen bzw. belächelt zu werden“, so
Finke. Denn „weiterhin werden homophobe und auch trans*phobe Übergriffe,
und dazu zählen eben auch herabwürdigende Beleidigungen, in der
Gesellschaft bagatellisiert und heruntergespielt.“
Dass jedoch ein Problembewusstsein vorhanden ist, scheint unbestreitbar. So
nehmen weltweit die Bemühung, gesetzgeberisch wirksam gegen Diskriminierung
und „hate-crimes“ vorzugehen, zu. Wie weit es damit ist und wo genau der
gegenteilige Effekt, nämlich staatlich sanktionierte Diskriminierung zu
beobachten ist, hat der britische Guardian in einer [4][eigenen
Visualisierung] sichtbar gemacht.
17 May 2014
## LINKS
[1] /!138480
[2] http://www.transrespect-transphobia.org/en_US/tvt-project/tmm-results/idaho…
[3] http://www.maneo.de/presse/detail/article/maneo-report-2013-dunkelfeld-wird…
[4] http://www.theguardian.com/world/ng-interactive/2014/may/-sp-gay-rights-wor…
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Homophobie
Transgender
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
USA
Fußball
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Homosexualität im Profisport
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Bildung
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