# taz.de -- Neonazis zum 1. Mai: Nationale setzen auf Antikapitalismus | |
> In einigen Städten wollen Rechtsextreme zum „nationalen Tag der Arbeit“ | |
> aufmarschieren. Sie werben mit rassistischen sozialen Forderungen. | |
Bild: Immer wieder versuchen sie für ihr menschenverachtendes Programm zu trom… | |
HAMBURG taz | Am 1. Mai wollen rechtsextreme Parteien und Netzwerke in | |
deutschen Städten aufmarschieren: in Rostock, Dortmund, Duisburg, Essen, | |
Kaiserslautern, Plauen und Berlin. In allen Städten werden Gegenproteste | |
erwarten. Den Internationalen Tag der Arbeit wollen NPD, Die Rechte, Pro | |
NRW und Freies Netz Süd zum nationalen Tag der Arbeit umdeuten. Mit den | |
Parolen „Gegen Kapitalismus und Ausbeutung – Arbeitsplätze und gerechte | |
Löhne für alle Deutschen!“ oder „Unser Volk zuerst – Ausländerstopp“… | |
sie, drei Wochen vor Europa- und Kommunalwahlen auch ihren Wahlzuspruch zu | |
erhöhen. | |
In diesem Jahr strebt die NPD wieder keinen zentralen Aufmarsch an. Einer | |
der Gründe, nehmen Rechtsextremismusexperten an, könnten die oft | |
erfolgreichen Demonstrationen gegen die Großaufmärsche sein. Die Blockaden | |
verstimmten. Mit dezentralen Aufmärschen mit kleiner Beteiligung, glauben | |
die Experten, sollen bundesweite Aktionen ermöglicht werden. Sie | |
marschieren irgendwo, selbst wenn sie woanders scheitern. | |
„Jede Veränderung beginnt zu allererst bei Dir“, spricht im Aufruf der | |
NPD-Landesverband um den Landeschef Stefan Köster potenzielle | |
Mitmarschierer an. „Wenn Du unzufrieden bist, etwas ändern möchtest und | |
Dich nicht feige in Dein Schicksal ergeben willst, dann musst du etwas tun. | |
Wir tun etwas“, heißt es im Aufruf für Rostock. Das alte Credo der Partei | |
„wir kümmern uns“ und „wir bleiben hier“ wird erneut angestimmt. | |
„Die da oben, wir hier unten“ ist auch der Tenor bei der Partei „Die | |
Rechte“. Zur Europawahl ist die Kandidatur der Partei mit dem | |
Bundesvorsitzenden Christian Worch gescheitert – mangels Unterschriften. Zu | |
den Kommunalwahlen treten sie vereinzelt an. Auch in Dortmund, wo sie den | |
Marsch in erster Rechtsinstanz durchsetzen konnten. | |
Verschiedene Szenegrößen, die wie Dieter Riefling und Sven Skoda aus der | |
Kameradschaftsszene kommen, sind als Redner angekündigt. Zudem soll der | |
Stadtratskandidat von Die Rechte, Siegfried Borchert, über die Szene hinaus | |
als „SS-Siggi“ bekannt, sprechen. In dieser Szene wird gern erinnert, dass | |
der Tag der Arbeit erst im Nationalsozialismus ab dem 1. Mai 1933 per | |
Reichsgesetz zum Feiertag wurde. Einen Tag später, am 2. Mai vor 81 Jahren, | |
wurden Gewerkschaften verboten, Gewerkschaftler verfolgt. | |
## Lichterketten gegen „Überfremdung“ | |
Das alte Feindbild will das Freie Netz Süd neu aufgreifen. Im Aufruf | |
fordern das „Netz“ um die führenden Kader Matthias Fischer und Tony Gentsch | |
nicht bloß den Stopp der Zuwanderung, um den Zustrom der „Lohndrücker“ zu | |
unterbinden. Sie greifen auch gleich „Vertreter der Gewerkschaften“, der | |
Sozialdemokratie und Linke als Verräter der „deutschen Werktätigen“ an. | |
Kein Aufruf, in dem die Veranstalter soziale Themen nicht mit rassistischen | |
Grundpositionen verweben. Pro NRW plant in Essen und Duisburg | |
„Lichterketten gegen Asylmissbrauch, Armutseinwanderung und Überfremdung“. | |
Der 1. Mai soll für Pro NRW mit ihrem Spitzenkandidaten Markus Beisicht | |
auch gleich der Wahlauftakt werden. | |
Der Globalisierung, dem „liberalkapitalistischen System“, dem | |
„volksfeindlichen Kapitalismus“ wollen NPD, Die Rechte und Freies Netz Süd | |
grundsätzlich entgegentreten. In der Szene wird hier gleich an „die Juden“ | |
gedacht. In der NPD-Broschüre „Wortgewand – Argumente für Mandats- und | |
Funktionsträger“ heißt es im antisemitischen Jargon: „Bei der | |
Globalisierung handelt es sich um das […] Ausgreifen der kapitalistischen | |
Wirtschaftsweise unter der Führung des Großen Geldes. Dieses hat, obwohl | |
seinem Wesen nach nomadisch und ortlos, seinen politisch-militärisch | |
beschirmten Standort vor allem an der Ostküste der USA.“ | |
Update: Die Demonstration in Berlin-Neukölln ist am 28. April vom | |
Veranstalter abgesagt worden. | |
28 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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