Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kriegsrecht in Thailand: „Eine Art erster Schritt zum Putsch“
> Der Thailandexperte Wolfram Schaffar erklärt, warum die Armee die
> Regierung entmachtet, aber das nicht Putsch nennen will.
Bild: Sicherungsposten des Militärs in Bangkok nach Erklärung des Kriegsrecht…
taz: Herr Schaffar, Thailands Militärchef Prayuth begründet das Kriegsrecht
damit, dass im Zuge der monatelangen Proteste „Kriegswaffen“ eingesetzt
worden seien und die Armee weitere Tote verhindern wolle. Ist das
glaubwürdig?
Wolfram Schaffar: Das ist insofern glaubwürdig, weil die Sicherheitslage
angespannt ist und Kriegsgerät wie etwa Granaten eingesetzt wurden. Unklar
blieb aber immer, wer sie einsetzte. Es gab jeweils begründete Gerüchte
beider Seiten, die der jeweils anderen die Schuld gaben. Klar ist, dass die
Gewalt vor allem der Opposition, den Gelbhemden, in die Hände spielt. Deren
Ziel ist es, durch Destabilisierung das Militär zum Eingreifen zu bewegen.
Das haben sie jetzt erreicht. Aus Sicherheitsbedenken hat das Militär jetzt
eine stärkere Rolle übernommen, eine Art erster Schritt zum Putsch.
Der 2006 vom Militär weggeputschte Expremier Thaksin Shinawatra sagte
jetzt, das Kriegsrecht sei zu erwarten gewesen. Trotzdem wurde die
Regierung überrascht.
Das Kriegsrecht war erwartbar, weil es Ziel der Gelbhemden war, eine
Situation herbeizuführen, die das Aussetzen der politischen Institutionen
erfordert, um dann in dieses Vakuum selbst hineinzugehen und das politische
System umzukrempeln. Der jetzige Zeitpunkt überraschte.
Wie erklären Sie den?
Die Regierungsanhänger, die Rothemden, haben an Schwung gewonnen, nachdem
am 7. Mai Premierministerin Yingluck Shinawatra vom Verfassungsgericht
abgesetzt wurde. Da wurde klar, dass die Rechnung der Gelbhemden aufging,
die Mehrheit der Rothemden auszuhebeln. Bis dahin waren die Proteste der
Gelbhemden erfolglos gewesen.
Das Kriegsrecht schwächt die Regierung weiter?
Auf jeden Fall. Die Regierung hat nicht mehr viel zu sagen.
Doch wurden jetzt auch Sender der Opposition geschlossen.
Womöglich gibt es im Militär den Gedanken, dass ein so charismatischer
Einpeitscher wie Oppositionspolitiker Suthep den hinter der Opposition
stehenden Eliten zu gefährlich werden könnte.
Warum weigert sich das Militär, von einem Putsch zu sprechen und offen
Partei zu ergreifen?
2006 hat das Militär geputscht und erfolgreich PR betrieben: Es wurde mit
Blumen geschmückt und es gab Vergleiche mit der Nelkenrevolution in
Portugal. Doch das hat sich gewendet. Die internationale Wahrnehmung der
jetzigen Opposition ist nicht mehr die einer aufgeklärten städtischen
Mittelschicht, die gegen Korruption demonstriert, sondern sie steht heute
für die Abschaffung von Wahlen. Das ist international nicht durchsetzbar.
Ein Putsch zugunsten dieser oppositionellen Demonstranten würde von
Thailands westlichen Partnern nicht akzeptiert.
Kann das Militär die verfahrene Lage jetzt überhaupt lösen?
Das halte ich für ausgeschlossen. 2006 hat gezeigt, dass das Aushebeln von
Institutionen zu größerer Konfrontation und Polarisierung führt. Jetzt
müssten einzelne Institutionen am Leben erhalten und als Möglichkeit des
Interessenausgleichs gepflegt werden, wie etwa das Parlament.
21 May 2014
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Thailand
Thaksin Shinawatra
Militär
Yingluck Shinawatra
Suthep Thaugsuban
Thailand
Thailand
Prayuth Chan-ocha
Thailand
Thailand
Thailand
Thailand
Thailand
Thailand
Thailand
## ARTIKEL ZUM THEMA
Proteste gegen Putsch in Thailand: Wir wollen Wahlen
Prayuth Chan-ocha, Armeechef und selbsternannter Premierminister, greift in
Thailand hart durch. Doch die Proteste gegen die Junta weiten sich aus.
Putsch in Thailand: Militär hält Yingluck fest
Thailands Armee hat Yingluck Shinawatra und über 150 Politiker der
Regierungspartei festgenommen. Sie sollen eine Woche in Gewahrsam bleiben.
Thailands Putschgeneral Prayuth: Ein hitzköpfiger Hardliner
Schon 2010 befehligte Prayuth Chan-Ocha eine tödliche Aktion gegen
Demonstranten. Die Loyalität des Armeechefs gilt nur dem Königshaus.
Kommentar Putsch in Thailand: Zurück in finstere Zeiten
Der neue Staatsstreich wird das Land nicht befrieden, wie die Armee
behauptet. Er zeigt, dass die royalistischen Eliten um ihre Pfründe
fürchten.
Machtübernahme in Thailand: Putsch ohne Waffengewalt
Der Armeechef hat die zerstrittenen Parteien in Thailand monatelang
bekniet, ihre Differenzen am Verhandlungstisch zu lösen. Nun hat er
durchgegriffen.
Thailands politisches Patt: Neue Runde in Bangkoks Machtkampf
Die Regierung kündigt die Wiederholung der Wahl an, die Opposition will
erneut boykottieren. Premierministerin Shinawatra droht der Amtsverlust.
Kommentar Krise in Thailand: Machtkampf auf allen Ebenen 
Die Gewalttätigkeit der Regierung zeigt, dass ihre Nerven blankliegen. Der
Korruptionsvorwurf gegen Yingluck Shinawatra könnte ihr Ende bedeuten.
Machtkampf in Thailand: Gewalt in Bangkok eskaliert
Die Polizei versucht von Demonstranten gehaltende Stellungen zu räumen.
Dabei sterben vier Menschen – drei Demonstranten und ein Polizist.
Eskalation in Thailand: Wahlen in Gefahr
Zwei Sprengsätze detonieren an einem Protestcamp thailändischer
Regierungsgegner. Langsam wird es fraglich, ob die Wahlen tatsächlich
stattfinden.
Oppositionsproteste in Thailand: Bangkok ausgeschaltet
Regierungsgegner blockieren Verkehrsknotenpunkte. Ihr Wortführer zeigt sich
kompromisslos. Ein Eingreifen des Militärs ist nicht ausgeschlossen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.