# taz.de -- Nigerias Umgang mit Boko Haram: Wortschwall oder Bombenhagel | |
> Es scheint, als führe die Regierung von Präsident Jonathan gegenüber den | |
> Islamisten eine Doppelstrategie. Aber keiner der beiden Zugänge | |
> funktioniert. | |
Bild: Präsident Goodluck Jonathan kündigte am Himmelfahrtstag einen Großangr… | |
KADUNA taz | Seit 46 Tagen sind sie mittlerweile in der Gewalt von Boko | |
Haram, die mehr als 200 Mädchen von Chibok in Nigeria. Eine baldige Lösung | |
scheint nicht in Sicht. Denn nach wie vor sperrt sich die Regierung gegen | |
einen Dialog mit der Gruppe. Stattdessen kündigte Präsident Goodluck | |
Jonathan am Donnerstag einen „totalen Krieg gegen den Terror“ an und sagte, | |
er habe einen „Großeinsatz“ angeordnet. | |
Einen Dialog hatte Boko Haram Mitte Mai gefordert. Mit einem Drohvideo | |
wollten die Terroristen die Entlassung aller inhaftierten Mitglieder | |
erzwingen. Im Gegenzug sollten die Schülerinnen freigelassen werden. Doch | |
das lehnte Präsident Jonathan ab, ebenso weitere Gespräche mit der Gruppe. | |
So heißt es zumindest offiziell. Dass der ehemalige Präsident Olusegun | |
Obasanjo, der sich schon einmal im Jahr 2011 als Mediator mit den | |
Islamisten versucht hatte, angeblich einen neuen Kontakt zu Boko Haram | |
sucht, ändert an dieser harten Linie nichts. | |
Es könnte allerdings sein, dass die Regierung selbst versucht, einen | |
Gesprächsfaden zu Boko Haram zu knüpfen. Matthew Man-Oso Ndagoso, der | |
katholische Erzbischof der mehrheitlich muslimischen Stadt Kaduna im Norden | |
Nigerias, kann sich durchaus vorstellen, dass Vertreter beider Seiten | |
heimlich Gespräche führen. | |
„Wenn es eine solche Möglichkeit gibt, kann ich mir nicht vorstellen, dass | |
die Regierung sie rundherum ablehnt“, sagt der Geistliche, der sich selbst | |
für eine solche friedliche Lösung ausspricht: „Auch hinter Boko Haram | |
stecken schließlich Menschen.“ | |
## Dilemma Straflosigkeit | |
Eine Wiederholung des Debakels des vergangenen Jahres möchte die Regierung | |
vermeiden. Sechs Monate lang war 2013 intensiv über eine sogenannte | |
Amnestie-Kommission für Boko Haram diskutiert worden. | |
Schon der Name galt als unglücklich gewählt. Namhafte Politiker oder | |
Vertreter der Zivilgesellschaft, die anfangs in die Kommission berufen | |
worden waren, zogen sich bald wieder zurück, weil sie nicht in den Ruf | |
kommen wollten, für Straflosigkeit gegenüber Terroristen einzutreten. Schon | |
bei der Gründung sagten Kritiker, mögliche Gespräche mit einer Terrorgruppe | |
dürften nicht Tag für Tag in allen nigerianischen Tageszeitungen diskutiert | |
werden. | |
Dementsprechend mager war das Ergebnis. Im Abschlussbericht, der im | |
November vorgestellt wurde, hieß es: An die tatsächlichen Köpfe von Boko | |
Haran sei man nicht herangekommen, und der Rest habe kein Interesse | |
signalisiert. | |
Das Dilemma der Regierung ist: Auch der Erfolg eines Militäreinsatzes ist | |
unwahrscheinlich. Schon seit Mai 2013 geht Nigerias Armee im Nordosten des | |
Landes verstärkt gegen die Islamisten vor. Aber diese schlugen immer noch | |
stärker zurück. Zugleich störten die Kämpfe die Dialogbemühungen. | |
„Es gab mehrere gute Ansätze“, erinnert sich der muslimische Imam Sani Isah | |
in Kaduna. Doch die Vertreter, die Boko Haram zu Gesprächen schickte, | |
wurden anschließend stets bei Militäreinsätzen umgebracht. Seiner Meinung | |
nach ist es deshalb nun schwieriger denn je, das Vertrauen der Gruppe | |
zurückzugewinnen und doch noch einen Dialog zu finden. | |
Boko Haram setzt derweil weiter auf Offensive. Am Dienstagabend griffen | |
Bewaffnete in der Stadt Buni Yadi im Bundesstaat Yobe einen Armeestützpunkt | |
und eine Polizeiwache an und töteten mindestens 18 Soldaten und 15 | |
Polizisten. Am Mittwoch starben mindestens 40 Menschen beim Angriff auf das | |
Dorf Gurmushi im Bundesstaat Borno nahe der Grenze zu Tschad. | |
29 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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