Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Fußballweltmeisterschaft in Brasilien: Wem gehören die Auserwähl…
> Politik und Industrie versuchen den Mythos der erfolgreichen Seleção für
> sich zu nutzen. Es ist die Geschichte einer Gefangennahme.
Bild: So sieht ein Mythos aus. So oft wie Brasilien hat keine Mannschaft die WM…
Ein Feuer lodert in Deutschland. Es breitet sich von Supermarktregalen und
Baumärkten auf unsere Haushalte aus. Es ist das Feuer Brasiliens.
Im Vorfeld der WM, die ab dem 12. Juni in Brasilien stattfindet, bedienen
sich viele Produktdesigner und Werbetexter der Klischees, die man gemeinhin
mit dem südamerikansichen Land verbindet. Besonders beliebt ist das Bild
von den feurigen Latinos. Eine Bratwurst-Werbung fordert uns auf: „Schmecke
das Feuer Brasiliens!“
Eine Kräuterbutter verspricht, besagtes Feuer in unsere Lieblingsgerichte
zu bringen, ein Handyhersteller in unsere Smartphones. Die Vitalität der
Brasilianer ist ein anderes beliebtes Werbemotiv. Da drückt eine
Parfum-Verpackung „die überschwängliche Lebensfreude Brasiliens aus“.
Polstermöbelhersteller schwärmen von „dem Lifestyle Brasiliens, dem Flair
und dem bunten Treiben unter dem Zuckerhut“, das im Design ihrer Sitzmöbel
zum Ausdruck kommt.
Und Chipsfabrikanten locken ihre potentiellen Abnehmer mit der Möglichkeit,
auf dem heimischen Sofa ein bisschen Samba-Atmosphäre abzubekommen: „Das
bunte, lebensfrohe Brasilien genießen: Fruchtig, tomatig, lecker!“ Derselbe
Snackproduzent beschwört [1][auf seiner Website] auch die Legende des
kreativen brasilianischen Fußballs. Ein Mythos, der nicht allein den
tatsächlichen sportlichen Erfolgen des fünffachen Fußballweltmeisters
geschuldet ist.
## Verspielte, leichtfüßige Fußballgenies
Ein Interesse – und auch einen nicht unerheblichen Anteil – an der
Verbreitung des sagenumwobenen Image des brasilianischen Herrenfußballs hat
vor allem eine Firma: Nike.
Der Sportartikelhersteller und Großsponsor inszeniert die Mannschaft gerne
als verspielte, leichtfüßige Fußballgenies. Zur WM 1998 brachte Nike
[2][//:einen Werbespot heraus], in dem Ronaldo und Co die langweilige
Wartezeit im Flughafen überbrücken, indem sie sich fröhlich quer durch
Gateways dribbeln und Bälle in Gepäckschächten versenken. Nike ist es
wichtig, ein positives, Image der Seleçãu zu vermitteln. Schließlich
profitiert der Mannschaftsausrüster vom Verkauf der gelb-grünen Trikots.
Hinter den Kulissen geht es dabei nicht immer sonnig und fair zu.
In der Titelgeschichte „Die Auserwählten“ in der taz.am wochenende vom
7./8. Juni 2014 gehen Martin Kaul und Constantin Wissmann der Frage nach,
wem die Seleção eigentlich gehört. Denn die Mannschaft wird nicht nur für
Werbezwecke vereinnahmt.
Sponsoren wie der Turnschuhfabrikant Nike, der Fußballverband FIFA und
PolitikerInnen in Brasilien versuchen den Mythos einer der besten
Mannschaften der Welt für ihre Zwecke zu benutzen. Und selbst jene, die Rio
de Janiero und Sao Paulo gegen das Überkomerzialisierte der
Fußballweltmeisterschaft protestieren, instrumentalisieren die
brasilianische Elf.
## Kollaps ist keine Entschuldigung
Die Geschichte der Seleção, zu deutsch „Auswahl“, sei die Geschichte eine
fortwährendenden Aneignung, ja einer Gefangennahme schreiben die Autoren in
der taz.am wochenende. Als Stürmerstar Ronaldo im WM-Endspiel 1998 über das
Spielfeld taumelte, obwohl er noch ein paar Stunden zuvor kollabiert war,
hieß es bald Nike habe Druck gemacht, „damit der bekannteste brasilianische
Spieler nicht bloß auf der Ersatzbank säße“. Ein Untersuchungsausschuss des
brasilianischen Parlaments deckte auf, dass Nike tatsächlich Einfluss auf
die Spielaufstellungen der Mannschaft nehmen konnte.
Ein Mann stellte sich damals besonders vehement solchen Verstrickungen
entgegen: der kommunistische Politiker Aldo Rebelo. Martin Kaul und
Constantin Wissmann folgen Rebelos Werdegang der letzten Jahre, angefangen
mit dem von ihm angestoßenen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum
fragwürdigen Sponsoringvertrag mit Nike über seine Ernennung zum
Sportminister //www.youtube.com/watch?v=YVeMKmusYDo:bis hin zu den
Videochatkonferenzen, die er heute abhält.
Auf diesem Weg versucht Aldo Rebelo derzeit, die Bevölkerung im Hinblick
auf die anstehende WM positiv zu stimmen. Ein radikaler Rollenwechsel. Als
Kämpfer gegen Nike war Rebelo der Angreifer, heute muss er heute das
umstrittene Turnier verteidigen. Und auch er kann heute der Versuchung
nicht widerstehen, den Nimbus der erfolgreichen Nationalmannschaft für sich
zu nutzen.
Skandale, Zwangsräumungen, Streiks – die WM scheint viele Brasilianer eher
vom Fußball zu entfremden. Viele DemonstrantInnen haben das Gefühl, die
Seleção spiele nicht mehr für sie.
Aber für wen dann? Ist die Seleção überhaupt noch die Mannschaft der
Brasilianer? Oder ist sie komplett von kommerziellen und politischen
Interessen vereinnahmt? Wem gehört die brasilianische Elf? Diskutieren Sie
mit! Die Titelgeschichte „Die Auserwählten“ lesen Sie in der [3][taz.am
wochenende vom 7./8. Juni 2014].
6 Jun 2014
## LINKS
[1] http://www.funny-frisch.de/produkte/chipsfrisch/salsa-de-brasil.html
[2] http://www.youtube.com/watch?v=mGalnbiGDW4http
[3] /Ausgabe-vom-7-/-8-Juni-2014/!139864/
## AUTOREN
Ruth Asan
## TAGS
Fußball
Fußball-WM 2014
Seleçao
Brasilien
Fußball-WM 2014
Public Viewing
LKA
Feminismus
Brasilien
Freundschaftsspiel
WM 2014
Panini
Brasilien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Brasilien vor dem WM-Auftaktspiel: Sie sollen zaubern
Brasilien will das extravagante Spiel sehen, allen voran das von Neymar.
Trainer Scolari soll dafür sorgen, dass all die Kunst auch zum Ziel führt.
Die Fußball-WM und ihre Gegner: Public Viewing als Protestbewegung
Parallel zum „Fanfest“ findet ein WM-kritisches „ManiFest“ statt. Ein
Dossier beschreibt das Vorgehen der Polizei als „Krieg gegen den inneren
Feind“.
Brasilianische Spezialeinheit bei der WM: Mit dem LKA im Trainingslager
Um sie für die WM zu trainieren, schickte Brasilien Polizisten einer
Elite-Einheit nach Deutschland. Das niedersächsische SEK schulte im
Nahkampf und an der Waffe.
Teufelsmösen und Feminismus: Meine Pussy ist die Macht
In Brasilien nähte sich eine junge Aktivistin öffentlich die Schamlippen zu
– aus Protest gegen Ausbeutung und Unterdrückung.
Essay Politische Polarisierung in Brasilien: Das Gute an dieser Weltmeisterscha…
Die Konservativen in Brasilien wollen, dass die WM schiefgeht. Sie wittern
Morgenluft. Die Rechnung wird aber so nicht aufgehen.
Die Nationalelf vorm letzten WM-Test: Warten auf Rückenwind
Joachim Löw befindet sich vor dem Spiel gegen Armenien schon im WM-Tunnel.
Verletzungssorgen und Stürmerdiskussionen lächelt er weg.
Amnesty zu Brasilien vor der WM: „Strategie der Angst“
Gegen die Gewaltexzesse der Militärpolizei: Amnesty International fordert
Brasiliens Regierung auf, das Recht auf Protest zu achten.
WM-Sticker sammeln: Haste mal‘n Tütchen?
216 gegen 406. Ui, ein Glitzi! Zur Fußball-WM soll das Panini-Album voll
sein. Kinder und Erwachsene haben plötzlich Stress – und Spaß.
Brasiliens Fußballteam vor WM-Beginn: Die 5.000 Euro-Frage
Vor dem WM-Beginn ist für das brasilianische Nationalteam zumindest Panama
kein Problem. Trainer Felipe Scolari ist dennoch nervös, das Volk hin- und
hergerissen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.