# taz.de -- „SS-Siggi“ gibt Mandat ab: Kein Bock mehr auf Parlament | |
> Siegfried Borchardt wirft hin. Sein Mandat im Dortmunder Stadtrat sei | |
> eine zu große zeitliche und gesundheitliche Belastung. Ihm folgt nichts | |
> Gutes. | |
Bild: Hatte wohl ohnehin keinen Bock auf Parlamentsarbeit: Siegfried „SS-Sigg… | |
KÖLN taz | Der Ausflug in die feindliche Welt der parlamentarischen | |
Demokratie dauerte nicht lange. Ab dem kommenden Monat ist Siegfried | |
„SS-Siggi“ Borchardt kein Stadtrat mehr in Dortmund. Der mehrfach | |
vorbestrafte Neonazi teilte seinen Mandatsverzicht Oberbürgermeister | |
Ullrich Sierau nach der Ratssitzung am Donnerstag schriftlich mit. Für | |
Borchardt rückt einer der Führungskader der extrem rechten Szene in das | |
Kommunalparlament nach. | |
Laut einer Mitteilung der Stadt Dortmund begründete Borchardt die | |
Niederlegung seines Ratssitzes zum 31. Juli mit der zeitlichen und | |
gesundheitlichen Belastung, die sich durch seine Doppeltätigkeit in Rat und | |
Bezirksvertretung Innenstadt-Nord ergeben habe. Dass das der Wahrheit | |
entspricht, ist nicht anzunehmen. | |
Seinen Kameraden diente der Gründer der militanten Hooligantruppe | |
„Borussenfront“ zwar als folkloristische Galionsfigur im Wahlkampf, als | |
eine Art „Elder Statesman“ der „nationalen Bewegung“. Ein längeres | |
Verweilen des gealterten Straßenkämpfers im Stadtrat dürfte indes nie | |
geplant gewesen sein. Bei den ersten beiden Ratssitzungen, an denen der | |
60-Jährige teilnahm, wirkte Borchardt von dem parlamentarischen Treiben, | |
das ihm zutiefst zuwider ist, sichtlich überfordert. | |
Die Strippen ziehen bei den Dortmunder Neonazis längst jüngere. Einer von | |
ihnen zieht nun am 1. August in den Rat ein: Dennis Giemsch, der als einer | |
der „intellektuellen Köpfe“ der Szene gilt. Er war Anführer der 2012 | |
verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“. Jetzt ist der | |
29-Jährige nordrhein-westfälischer Landesvorsitzender der Partei „Die | |
Rechte“. | |
Giemsch gehörte zu der braunen Horde, die am Abend der Kommunalwahl am 25. | |
Mai versucht hatte, die städtische Wahlparty [1][im Dortmunder Rathaus zu | |
stürmen]. Ihnen entgegen stellten sich etwa hundert Gegendemonstranten, | |
darunter zahlreiche Ratspolitiker. Bei dem rechten Angriff wurden zehn | |
Menschen verletzt. Der Vorfall sorgte bundesweit für Entsetzen. | |
## Rechte Kooperation | |
Gegen das deshalb gegen ihn verhängte Hausverbot klagte Giemsch erfolgreich | |
vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Es habe sich um eine „emotional | |
besonders aufgeheizte Situation“ gehandelt, die „keine hinreichenden | |
Schlüsse auf die Gefahr zukünftiger Auseinandersetzungen“ im Zusammenhang | |
mit Sitzungen der Gemeindegremien zulasse, befand das Gericht in einem | |
Eilbeschluss am Montag. Daraufhin hob die Stadt auch die restlichen 29 | |
Hausverbote auf. | |
Bei der Kommunalwahl am 25. Mai hatte „Die Rechte“ in Dortmund ein Prozent | |
der Stimmen geholt und war erstmals mit einem Sitz in das Lokalparlament | |
eingezogen. Mit der NPD, die ebenfalls über einen Sitz verfügt, hat sie | |
sich in dieser Woche im Rat zu einer Gruppe zusammengeschlossen. „Um | |
deutlich größere Handlungsspielräume zu haben und die politischen Ziele | |
offensiver vertreten zu können“, wie es in einer Mitteilung heißt. | |
Nicht zuletzt dürften ökonomische Gründe ausschlaggebend für die | |
Kooperation der beiden Parteien sein, die sich bis vor Kurzem in der | |
Ruhrmetropole noch spinnefeind waren: Es winken städtische Zuwendungen in | |
Höhe von etwa 42.000 Euro. | |
4 Jul 2014 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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