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# taz.de -- Rechter Überfall in Dortmund: Polizei nimmt Nazis in Schutz
> Rechtsextreme wollten eine Wahlparty im Rathaus stürmen. Das
> Innenministerium hat neue Täter ermittelt: Die Politiker selbst hätten
> randaliert.
Bild: Siegfried Borchardt von der Partei „Die Rechte“ wartet auf seine erst…
KÖLN taz | Für Empörung sorgt ein Bericht des nordrhein-westfälischen
Innenministeriums über den versuchten Rathaussturm von Neonazis in
Dortmund, mit dem sich am Donnerstag der Innenausschuss des Landtags
befasst. Darin werden heftige Vorwürfe gegen die DemonstrantInnen erhoben,
die sich am 25. Mai den militanten Rechtsextremen entgegengestellt hatten.
Demgegenüber sei der Einsatz der Polizei „sachgerecht“, „professionell�…
„verhältnismäßig“ gewesen.
Am Abend der Europa- und Kommunalwahl hatten rund 30 Anhänger der Partei
„Die Rechte“ versucht, sich Zugang zur städtischen Wahlparty zu
verschaffen. Anlass war der Einzug ihres Spitzenkandidaten Siegfried
„SS-Siggi“ Borchardt in den Stadtrat. Ihnen entgegen stellten sich etwa
hundert GegendemonstrantInnen, darunter zahlreiche RatspolitikerInnen. Bei
dem rechten Angriff wurden zehn Menschen verletzt. Der Vorfall sorgte
bundesweit für Entsetzen.
Mit einer solchen Eskalation sei im Vorfeld nicht zu rechnen gewesen, heißt
es in dem 12-seitigen Bericht des NRW-Innenministeriums, der auf den
Angaben des Polizeipräsidiums Dortmund und des Landesamtes für Zentrale
Polizeiliche Dienste basiert. „Übereinstimmend sahen weder die Vertreter
der Stadt Dortmund noch der Polizei in einem möglichen Erscheinen von
Angehörigen der rechten Szene auf der Wahlparty ein erhöhtes
Gefahrenpotential, welches Maßnahmen städtischer- oder polizeilicherseits
erforderlich machen würde“, ist dort erstaunlicherweise zu lesen.
Die Polizei sei ohnehin davon ausgegangen, dass die Neonazis gar nicht ins
Rathaus kommen würden. Schließlich hätten sich Beamte des Staatsschutzes an
den Tagen zuvor mit einem der führenden Dortmunder Nazi-Kader unterhalten.
Dieser habe versichert, ein Besuch der Wahlparty sei „nicht geplant“. Als
die Neonazis dann doch kamen, war die Polizei nicht vor Ort und musste erst
eilig herbeigerufen werden. Den Einsatzkräften sei es jedoch „unter
Eingehung eines hohen Eigenrisikos“ schnell gelungen, „die aggressiven
Parteien voneinander zu trennen“.
## Polizei will nichts gemerkt haben
Obwohl zahlreiche Videoaufnahmen dokumentieren, wie die Neonazis vor dem
Rathaus Parolen wie „Deutschland den Deutschen! Ausländer raus!“
skandierten, will die Polizei davon nichts mitbekommen haben. Der
Dienstgruppenleiter vor Ort habe berichtet, „dass er zu keinem Zeitpunkt
das Rufen volksverhetzender Parolen oder Singen der ersten Strophe des
'Deutschlandliedes' durch die gesamte Gruppe wahrgenommen habe“.
Schwere Vorwürfe werden hingegen gegen „Bürgerliche und Antifa“ erhoben:
Ihr Verhalten habe „in erheblichem Maße“ dazu beigetragen, „dass eine
völlige Befriedung der Situation nur durch den Einsatz weiterer Kräfte zur
Trennung der Parteien sichergestellt werden konnte“. Während „die
Angehörigen der rechten Gruppierung ohne größeren Widerstand“ die
polizeilichen Maßnahmen hätten über sich ergehen lassen, seien „auf der
anderen Seite“ die Amtshandlungen von „deutlich alkoholisierten Politikern�…
erheblich gestört worden.
Gerne wäre die Polizei wohl entschlossen gegen sie vorgegangen. „Da die
Kräftelage für eine Umstellung der größeren Personengruppe aus
linkem/bürgerlichem Spektrum nicht ausreichend war, mussten
strafprozessuale Maßnahmen auf diese 5 Personen, die konkret durch
Angehörige der rechten Szene beschuldigt wurden, Körperverletzungsdelikte
zu deren Nachteil begangen zu haben, beschränkt werden“, formuliert
bedauernd das Innenministerium in bestem Bürokratendeutsch.
Mitunter macht die Darstellung des Ministeriums den Eindruck, als ginge es
hier nicht um eine Auseinandersetzung zwischen DemokratInnen und Neonazis,
sondern seien Fans von Borussia Dortmund auf die von Schalke 04 getroffen:
„Durch das Entfernen einer der beiden streitenden Gruppierungen vom
Friedensplatz sollte letztlich auch eine Beruhigung der immer noch
aufgeheizten Stimmung herbeigeführt werden.“
Während die Neonazis triumphierend von einem „Super-GAU für Dortmunds
Politikerszene“ sprechen, reagieren DemokratInnen schockiert auf die
eigenwillige polizeiliche Schilderung der Ereignisse. „Ich finde den
Bericht skandalös“, sagt die Dortmunder Landtagsabgeordnete Daniela
Schneckenburger. Bei der Lektüre sei ihr „die Spucke weggeblieben“. Die
53-jährige Grüne gehörte zu jenem „linken/bürgerlichen Spektrum“, das s…
der rechten Schlägerbande entgegengestellt hatte. Mit schmerzlichen
Konsequenzen: Der „Autonome Nationalist“ Dietrich S. streckte sie mit einem
Faustschlag nieder. Die Darstellung der Polizei „verdreht Opfer und Täter
an diesem Abend“, kritisiert Schneckenburger. Sie erwartet eine „sehr
kritische Debatte“ im Innenausschuss.
25 Jun 2014
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Dortmund
Schwerpunkt Neonazis
SS-Siggi
Polizei
Staatsschutz
NRW
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Die Rechte
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