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# taz.de -- Deutschland steht im Halbfinale: Ein dankbarer Gegner
> Die DFB-Elf steht nach einem 1:0-Sieg gegen Frankreich im WM-Halbfinale.
> Löw überrascht vor dem Spiel und Schürrle scheitert spektakulär.
Bild: Erzielte den Treffer des Tages und durfte sich danach „Man of the Match…
RIO DE JANEIRO taz | Die Partie hatte sichtlich geschlaucht. Nur Bastian
Schweinsteiger und Manuel Neuer waren noch in der Lage vor den deutschen
Kurve ein wenig zu hüpfen. Die anderen trotteten erschöpft, aber glücklich
vom Platz. Benedikt Höwedes klagte, dass er stets auf der Sonnenseite zu
spielen hatte und sich in den kurzen Pausen immer in den Schatten retten
musste.
Joachim Löw hatte nicht zu viel versprochen. Deutschland steht wieder im
Halbfinale – so wie bei den letzten drei Weltmeisterschaften. Mit einem
knappen 1:0 bezwang man die Franzosen im Maracanã-Stadion von Rio de
Janeiro völlig verdient. Nur kurz vor Schluss sorgte Benzema noch einmal
für eine Schrecksekunde. Manuel Neuer hielt seinen Schuss jedoch mit einem
blitzartigen Reflex.
Wie das so bei Schwergewichtsboxern vor ihren Kämpfen üblich ist, hatte der
Bundestrainer vor dem Prestigeduell gegen Frankreich eine reichlich dicke
Lippe riskiert: „Wir sind unter den letzten Acht und werden unter die
letzten Vier kommen und dann sehen wir weiter."
Und auch wenn Löw hinsichtlich der ewigen Lahm-Debatte angedeutet hatte,
seine Entscheidungen seien nicht „zementiert“, überraschte es doch ein
wenig, dass er den Bayern-Spieler dieses Mal von Anfang an auf die rechte
Seite beorderte. Dafür durften Schweinsteiger und Khedira die
Mittelfeldzentrale besetzen. Löw erklärte hernach: „Wir haben gesehen, dass
Frankreich durch die Mitte nur schwer zu schlagen ist. Deshalb mussten wir
mehr über außen tun.“
Damit unterstrich er wieder einmal, dass er Grundsatzdebatten in dieser
Frage für überflüssig hält. Er wird weiterhin je nach Gegner sich für die
eine oder andere Option entscheiden. Und somit kann der Erfolg des
deutschen Teams auch als einer der Variabilität gewertet werden. Und
Joachim Löw, auch das kann man nach diesem Spiel festhalten, hat bislang
mit seinen Entscheidungen in diesem Turnier größtenteils richtig gelegen.
## Auf Kontrolle bedacht
Das deutsche Team, das merkte man von Anfang an, war sehr auf Kontrolle
bedacht. Eine Strategie, die sich nach dem frühen Führungstor von Mats
Hummels in der 13. Minute umso besser weiter verfolgen ließ. Zumal die
Mittagshitze in Rio de Janeiro den Spielern einiges an Kraft abverlangte.
Die Partie begann um 13 Uhr Ortszeit. Ein Pfiff des Schiedsrichters war die
Grundlage für die komfortable deutsche Ausgangssituation.
Standards waren in der Ära Löw ja eigentlich lange ein Reizthema, weil die
Bälle nach Ecken und Freistößen serienweise stets wirkungslos in den
gegnerischen Strafraum geschlagen wurden. Bei dieser WM wurde jedoch in der
Vorrunde bereits die Trendwende eingeleitet und gegen Frankreich nun
fortgesetzt. Nach einem Freistoß von Toni Kroos setzt sich Mats Hummels
schön im Kopfballduell gegen Raphael Varane durch. „Ich habe Glück gehabt,
dass ich am richtigen Fleck stand“, sagte der Torschütze. In der Bundesliga
sei er zuletzt sehr unzufrieden gewesen mit seiner Torquote per Kopf. „Das
passt mir deshalb umso besser.“
Völlig zu beherrschen waren die kombinationssicheren Franzosen aber nicht.
Benzema stahl sich zweimal seinen Bewachern davon, seine Abschlüsse waren
indes nicht platziert genug. Lediglich beim Schuss von Valbuena musste
Manuel Neuer in der ersten Hälfte eingreifen. Im Gesamten wirkte die
deutsche Verteidigung wesentlich geordneter als zuletzt gegen Algerien.
Im Offensivspiel machte sich jedoch die von Löw schon öfters beklagte
Präzision im letzten Drittel wieder einmal bemerkbar. Miroslav Klose konnte
die ihm zugedachte Rolle als klassischer Vollstrecker so nur schlecht
erfüllen. Er mühte sich vergeblich um Anbindung ans Spiel und wurde in der
69. Minute für Andre Schürrle ausgetauscht. Auch Thomas Müller räumte ein,
dass man in diesem Bereich sich noch steigern könnte.
## Es fehlten Ideen
Im zweiten Spielabschnitt fiel es den Deutschen zunächst schwerer, die
Franzosen fern vom eigenen Tor zu halten. Das Team von Didier Deschamps
sorgte für Druck, es fehlten nur die Ideen. Und diese Harmlosigkeit
ermutigte die DFB-Kicker, sich wieder des Öfteren aus der Umklammerung zu
befreien. Schürrle hatte dann in der Schlussphase die größte Möglichkeit,
für die endgültige Entscheidung zu sorgen. Nach einer Flanke von Özil, die
Müller unglücklich verpasste, schoss er den Torwart an. Wenig später gelang
ihm das Kunststück ein zweites Mal. Dieses Mal traf er allerdings einen
Verteidiger.
Frankreich erwies sich wie erhofft als der dankbarere Gegner. Algerien und
Ghana hätten als Außenseiter ja nichts zu verlieren gehabt und wären
psychologisch im Vorteil gewesen, hatte Löw zuvor bemerkt. Das hätte es
nicht einfach gemacht. Nun, der Viertelfinalerfolg war auch keiner der
leichten Art. Aber man hatte sich die Aufgabe gegen die bis dahin im
Turnier so überzeugenden Franzosen wesentlich komplizierter vorgestellt.
4 Jul 2014
## AUTOREN
Johannes Kopp
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