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# taz.de -- Jogi Löw vor dem Viertelfinale: Der Taktikfuchs
> Entweder Löw bleibt bei seinem Konzept und Deutschland wird Weltmeister.
> Oder er hört auf seine Kritiker und scheidet im Viertelfinale aus.
Bild: Hat einen Plan: Jogi Löw.
Vor der WM 2010 war er der Depp: Joachim Löw. Jeder, aber auch jeder hatte
mittlerweile begriffen, dass es beim lustigen Poldi, dem
Bayern-Bankdrücker, für Fußball auf höchstem Niveau nicht reicht und dass
Miroslav Kloses beste Zeiten längst vergangen waren.
Trotzdem beharrte Löw, beratungsresistent wie je, ausgerechnet auf diesen
beiden Stürmern. Im ersten Gruppenspiel führte Deutschland dann nach einer
halben Stunde durch Tore von Podolski und Klose mit 2:0. Gegen England im
Achtelfinale ebenfalls, und im Viertelfinale legte Klose noch mal zwei
Treffer nach. Respekt, Herr Löw, gegen alle Widerstände und
Besserwissereien haben Sie die richtige Entcheidung getroffen! Seitdem habe
ich großen Respekt vor dem Starrsinn Löws: Doch, doch, der Mann hat schon
auch ein bisschen Ahnung von Fußball.
Wenn er sich also mit seinem ausgefuchsten Trainerteam eine Strategie
ausdenkt, die auf die Verhältnisse des brasiiianischen Dschungels
zugeschnitten ist, verdient das einen gewissen Vertrauensvorschuss. Lahm
auf die 6, damit Schweinsteiger und Khedira nach und nach ins Turnier
finden können und am Ende aller WM-Tage (13.07.) die Idealformation in
Bestform auf dem Platz steht? Ein einleuchtender Plan.
Bei 30 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit nicht auf Außenverteidiger
setzen, die 90 (oder 120) Minuten lang die Seitenlinie rauf und runter
laufen sollen, sondern stellungsstarke Spieleröffner nach außen stellen,
die sich mit den beiden anderen Innenverteidigern ergänzen und während des
Spiels im Bedarfsfall – Hummels nach Eckball mit vorn – hinten die
Positionen wechseln können? Starker Plan.
Seit vergangenem Montag glaube ich nicht mehr an Löw und seine Pläne.
Halbfinale 2012? Italien? Geschenkt! Fehler macht jeder mal. Aber wer nicht
flexibel genug ist, eine Strategie, die für offensivstarke Gegner bei
großer Hitze gedacht ist, einem gut organisierten Abwehrverbund bei 15 Grad
Außentemperatur anzupassen, macht etwas grundlegend falsch.
## Schnelle Außenverteidiger
Wenn es gegen Algerien etwas gebraucht hätte, dann offensivstarke, schnelle
Außenverteidiger, die ordentliche Flanken schlagen und schnell genug sind,
bei Kontern rechtzeitig wieder hinten zu sein. Stattdessen Höwedes und
Mustafi. Fehl geht, wer nun in Einzelkritiken die Spieler zerreißt und
gegeneinander ausspielt. Während die Spieler sich in Einzelkritiken mit
Hohn, Spott und Verachtung übergießen lassen, fehlt regelmäßig eine
Einzelkritik des Übungsleiters.
Klar, nicht er ist es, der Bälle übers Tor schießt oder Zweikämpfe
verliert. Aber seine Idee ist es, seinen Spielern eine „Taktik“ mitzugeben,
die darauf beruht, dass bloß niemand auf der Position spielt, die er am
besten kann. Selbst Schürrle kommt, wenn er kommt, natürlich nicht links –
neeein, auf die Idee käme ja jeder, sondern rechts. Özil? Mal rechts, mal
links, aber nur nicht in der Mitte. Müller rechts, Klose in der Mitte? Ach
was, zu einfach. Wenn Hummels ausfällt, Boateng nach innen, Höwedes, wenn
denn schon Großkreutz in Quarantäne gelegt ist, nach rechts und Lahm nach
links? Aber das hat der Philip doch seit zwei Jahren nicht mehr gespielt!
Lahm rechts, Durm links? Zu gefährlich.
Am Ende gehen die noch bis zur Grundlinie durch und flanken, und das wäre
ja Quatsch, weil im Strafraum sowieso niemand auf Bälle wartet. Wenn die
besten Fußballer, die wir je hatten, am Freitag von einer soliden
französischen Mannschaft nach Hause geschickt werden, dann wird das daran
liegen, dass Löw an seinem Taktikfuchs-Konzept mit ganz vielen
Innenverteidigern und möglichst ohne Stürmer halsstarrig festhält und die
Spieler sich dem brav ergeben.
Ob Löw danach gehen muss, wird dann einzig von der Linie der Bild-Zeitung
abhängen. Dabei kann Deutschland durchaus noch Weltmeister werden – wenn,
wie das bei großen Turnieren schon oft der Fall war, das Team die Größe
besitzt, im laufenden Betrieb das Konzept umzustellen, ob’s dem Trainer nun
passt oder nicht.
Eines aber lehrt mich die langjährige Erfahrung: Wenn ich mir dermaßen
sicher bin, wie’s kommen wird, kommt’s garantiert ganz anders. Also:
Entweder Löw bleibt bei seinem Konzept und Deutschland wird Weltmeister,
oder er hört auf seine Kritiker und Deutschland scheidet im Viertelfinale
aus.
4 Jul 2014
## AUTOREN
Bernd Cornely
## TAGS
WM 2014
Jogi Löw
Taktik
Schwerpunkt Frankreich
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