# taz.de -- Kommentar Deutschland im Halbfinale: Die Kicktruppe | |
> Die deutsche Nationalmannschaft erreicht erneut die Runde der besten | |
> Vier. Und alle schwärmen vom Torhüter. Ja, hat sich denn seit 2002 nichts | |
> getan? | |
Bild: Kein Zauber, aber Beherrschung. | |
BERLIN taz | Es geht also weiter. Zum vierten Mal in Serie ist eine | |
deutsche Fußballnationalmannschaft im Halbfinale einer Weltmeisterschaft | |
mit dabei. | |
2002 hat Rudi Völler mit einer als Rumpelfüßlertruppe verspotteten | |
Mannschaft das Endspiel erreicht. Der Held dieses Teams war Oliver Kahn, | |
der mit irren Reflexen den Finaleinzug erst ermöglicht hat. Dann kam eine | |
Zeit, in der die Nationalmannschaft so etwas wie ein Ausbildungszentrum des | |
deutschen Fußballs war. Unter Jürgen Klinsmann bekamen Leute einen | |
Stammplatz, die in ihren Klubs nur Ergänzungsspieler waren. | |
Nach der Heim-WM 2006 begann sich die Welt über deutsche Ausnahmetechniker | |
zu wundern. Die Nationalmannschaft schien sich auf die Suche nach dem | |
schönen Spiel gemacht zu haben. Dieses schöne Spiel haben viele von Löws | |
Team beim Turnier in Brasilien erwartet. Und nun, nach dem 1:0 gegen nicht | |
gerade starke Franzosen schwärmt die Nation wieder von ihrem Torhüter, so | |
als hätte sich nichts getan seit 2002. Vielleicht waren die Debatten arg | |
arrogant, die vor dem Turnier geführt worden sind. | |
Beim Blick auf die Begabten im deutschen Mittelfeld hat Fußballland doch | |
tatsächlich darüber diskutiert, ob es nicht in Ordnung wäre, bei der WM | |
einfach nur schön zu spielen, als wäre es in Ordnung in Schönheit | |
vielleicht schon im Viertelfinale zu sterben. Diese wohlmeinenden | |
Überlegungen gingen davon aus, dass Deutschland über eine magische | |
Wundertruppe verfügt, die – ähnlich wie die Brasilianer der 80er Jahre – | |
die Welt zu entzücken vermag, auch wenn sie keinen Titel gewinnt. Nach den | |
fünf Turnierauftritten hat sich diese Perspektive verändert. | |
Den Deutschen ist Titel zuzutrauen, das schöne Spiel jedoch erwartet kaum | |
einer von ihr. Und doch hat sich etwas Grundlegendes geändert seit 2002. | |
Das Land feiert zurecht den Torwart des Teams und diskutiert mit Verve | |
darüber, ob die deutsche Defensive mit Philipp Lahm in der | |
Außenverteidigung besser aufgestellt ist als mit Jérôme Boateng, ob Bastian | |
Schweinsteiger zusammen mit Sami Khedira wirklich die besten Abräumer vor | |
der Abwehr sind, macht sich also vor allem Gedanken um die Defensive. Und | |
dabei wissen doch beinahe alle, dass da vorne inzwischen Spieler unterwegs | |
sind, die ein durch ein Verteidigertor entstandenes 1:0 relativ sicher über | |
die Zeit bringen, indem sie das Spiel an sich zu reißen versuchen. | |
Auch wenn sie nicht zaubern, auch wenn sie keinen Gegner in Grund und Boden | |
spielen, die deutschen Auswahlspieler können einfach kicken. So etwas war | |
2002 undenkbar. | |
5 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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