# taz.de -- Taktik der deutschen Nationalmannschaft: Variabel mit hohem Risiko | |
> Einige aus dem DFB-Kader sind unverzichtbar – sonst hat der Trainer viele | |
> Möglichkeiten. Doch die taktische Flexibilität ist nicht ungefährlich. | |
Bild: Jogi hypnotisiert den Ball. | |
Dürfen jetzt Matthias Ginter, Kevin Großkreutz, Julian Draxler und Roman | |
Weidenfeller hoffen? „Wir sind 23 exzellente Spieler. Da kann der Trainer | |
seinen Ideen, wie er uns aufstellen will, freien Lauf lassen. Wir werden | |
schon immer eine Truppe aufstellen, die schlagkräftig ist“, erklärte Thomas | |
Müller nach dem Viertelfinale. | |
Bei allem Stolz auf die Flexibilität im eigenen Team – die oben Genannten | |
würden wahrscheinlich nur im Falle einer Niederlage gegen Brasilien im | |
Spiel um Platz drei zum Zuge kommen. Als Ersatz vielleicht für Mats | |
Hummels, Philipp Lahm, Thomas Müller und Manuel Neuer. Diese vier sind | |
momentan diejenigen, die aus dem deutschen Team nur schwer wegzudenken | |
sind. | |
Wobei Hummels sich diesen Status während der WM erst erkämpft hat. Vor dem | |
Turnier galt eine deutsche Innenverteidigung ohne ihn als durchaus | |
vorstellbar. Entsprechend triumphierte sein Vereinstrainer Jürgen Klopp: | |
„Nicht, dass wir es ihm nicht schon länger zugetraut hätten, aber jetzt | |
durften es dann alle mal sehen.“ Als „sensationell“ lobte Bundestrainer | |
Joachim Löw dessen Auftreten. Und der 25-Jährige wundert sich selbst ein | |
wenig über die jüngsten Entwicklungen: „Es ist unglaublich, was hier bei | |
der WM alles klappt.“ | |
Ohne Stützelemente kommt also auch die deutsche Nationalmannschaft nicht | |
aus. Aber ansonsten muss sich Löw nur wenige grundsätzliche Gedanken um die | |
Statik des Teams machen. „Es ist eine unserer Stärken, dass wir taktisch | |
variabel auftreten können“, stellte er nach dem Spiel gegen Frankreich | |
fest. | |
## Nicht alle drängen sich auf | |
Für seine jüngsten größeren Rochaden im Team hatte er gleich zwei | |
Erklärungen parat. Zum einen wies er auf die Stärke der Franzosen im | |
zentralen Mittelfeld hin, der man über ein verstärktes Flügelspiel mit Lahm | |
aus dem Weg gehen wollte. Obendrein, bemerkte er, wollte er nach dem | |
Algerienspiel neue Reize setzen. | |
Die Leistungen des Teams waren in der Tat nicht derart weltmeisterlich, | |
dass es keinen Anlass gäbe, auch mal etwas anderes auszuprobieren. Und auch | |
wenn Müllers Worte es glauben machen wollen: Die DFB-Kicker drängen sich | |
derzeit nicht alle auf einmal für einen Einsatz auf dem Rasen auf, manche, | |
wie Miroslav Klose zuletzt, präsentieren sich auch als bessere | |
Ersatzbankkandidaten. | |
Wenn man Thomas Müller so vom Team schwärmen hört, dann liegt gar die | |
Schlussfolgerung nahe, Joachim Löw könne sowieso gar nichts falsch machen. | |
Ein Irrtum. Spätestens seit ihm beim EM-Halbfinale die damalige Hereinnahme | |
von Toni Kroos als Sonderbewacher für Pirlo als Wechselfehler angelastet | |
wurde, werden seine Entscheidungen mit großem Argwohn begleitet. Weil sich | |
manche Lahm nur auf der rechten Abwehrseite vorstellen konnten, | |
kritisierten sie Löw, der ihn bis zum Viertelfinale im Mittelfeld spielen | |
ließ, als starrköpfig. | |
Für Löw birgt die taktische Flexibilität ein hohes Risiko. Im Falle des | |
Scheiterns wird schnell die Frage aufkommen, ob das Team nicht falsch | |
aufgestellt war. Bislang demonstriert er nach außen hin absolute | |
Unbeirrbarkeit. Über solche mögliche Debatten sagt er: „Da bin ich so etwas | |
von tiefenentspannt. Das können Sie mir glauben.“ Den Status der | |
Unverzichtbarkeit könnte sich der Bundestrainer allenfalls mit dem WM-Titel | |
erarbeiten. Ansonsten scheint auch sein Posten flexibel besetzbar zu sein. | |
8 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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