| # taz.de -- „Mehr Tierschutz“-Siegel für Fleisch: „Das Label floppt“ | |
| > Das Siegel des Tierschutzbundes soll Schweinen und Hühnern mehr Platz im | |
| > Stall verschaffen. Aber immer weniger Bauern machen mit. | |
| Bild: Das Bio-Siegel schreibt Stroheinstreu vor, das Tierschutz-Siegel nicht. | |
| BERLIN taz | Das vom Bundesagrarministerium hochgelobte „Mehr | |
| Tierschutz“-Siegel für Fleisch verliert Lieferanten. Die ohnehin schon | |
| geringe Anzahl der Mastbetriebe ist gesunken. Das zeigt die Antwort des | |
| Labelinhabers, des Deutschen Tierschutzbunds, auf eine taz-Anfrage. | |
| Hätten bis vor Kurzem noch 16 Höfe Schweine geliefert, seien es jetzt nur | |
| noch 7. Die Zahl der Hühnermäster sei von 44 auf 38 gesunken. Das ist | |
| extrem wenig im Vergleich zu den insgesamt 200.000 Betrieben, die in | |
| Deutschland Tiere halten. „Das Label floppt, obwohl es mit einer Million | |
| Euro Steuergeld angeschoben wurde“, sagt der Tierarzt und Betreiber des | |
| Branchenportals Animal Health Online, Manfred Stein. | |
| Die damalige Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) hatte das Label zur | |
| seiner Markteinführung vor eineinhalb Jahren als Beitrag für mehr | |
| Transparenz und Wahlfreiheit der Verbraucher präsentiert. Das Siegel | |
| schreibt zum Beispiel mehr Platz im Stall, langsamer wachsende Hühnerrassen | |
| und ein Verbot der Kastrierung von Ferkeln ohne Betäubung vor. Da es aber | |
| anders als das Bio-Siegel etwa keine Stroheinstreu als | |
| Beschäftigungsmaterial vorschreibt, sind seine Produkte bedeutend billiger. | |
| Der Schlachtkonzern Vion macht für die geringe Verbreitung des Siegels vor | |
| allem die Preispolitik des Lebensmittelhandels verantwortlich. Ein | |
| Kilogramm Schnitzelfleisch mit Siegel koste 9,98 Euro, im Sonderangebot sei | |
| konventionelles Fleisch aber im selben Laden schon für 5,98 Euro zu haben, | |
| sagt Vion-Landwirtschaftsdirektor Heinz Schweer. „Wenn 70 Prozent des | |
| Fleisches über Sonderangebote verkauft werden, stößt man mit so einem | |
| Programm an Grenzen.“ Hinzu komme, dass weder Vion noch der Tierschutzbund | |
| mit einer großen Vermarktungskampagne werben könne. Der Handel in Holland | |
| unterstütze ein derartiges Siegel, weshalb es dort einen Marktanteil von | |
| mehr als 30 Prozent habe. | |
| ## Praktische Probleme | |
| Allerdings gibt es auch praktische Probleme auf den Bauernhöfen. Das Label | |
| setzte zum Ziel, den Schweinen nach einer Übergangszeit nicht mehr die | |
| Schwänze zu kürzen. Dieses Kupieren soll verhindern, dass sich die Tiere in | |
| der reizarmen Umgebung im Stall gegenseitig in den Schwanz beißen. | |
| „Es gab Schwierigkeiten, überhaupt Ferkel mit komplett langen Schwänzen zu | |
| bekommen“, sagt Lars Schrader vom bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Institut | |
| für Tiergesundheit, der die Haltung nach den Siegelkriterien erforscht. Ein | |
| Ferkelerzeuger habe „phasenweise“ auf das Kupieren verzichtet. „Das hat m… | |
| funktioniert, mal nicht.“ Auch die feste Liegefläche statt der üblichen | |
| durchgehend mit Spalten versehenen Böden sei nur eingeschränkt praktikabel | |
| gewesen: „Bei hohen Temperaturen haben die Tiere dort gekotet und sich da | |
| reingelegt.“ | |
| Agrarindustrie-Experte Eckehard Niemann von der ökologisch orientierten | |
| Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sieht sich deshalb in seiner | |
| Kritik an dem Siegel bestätigt. „An Stroheinstreu führt kein Weg vorbei.“ | |
| Größere Fortschritte als das Siegel brächten die ab 2016 verbindlichen | |
| Tierschutzpläne von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein | |
| und danach auch Holland und Dänemark. Sie sähen auch ein Verbot des | |
| Kupierens vor. | |
| Der Deutsche Tierschutzbund zieht trotz allem „eine grundsätzlich positive | |
| Bilanz“ seines Siegels. Das Label habe die politische Debatte über | |
| Veränderungen in der Tierhaltung intensiviert. Zudem sei es ja auch erst 18 | |
| Monate alt. Deshalb erklärt die Organisation: „Wir gehen den | |
| eingeschlagenen Weg konsequent weiter, um jetzt und sofort erste | |
| Verbesserungen für die Tiere durchzusetzen.“ | |
| 20 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
| ## TAGS | |
| Tierschutz-Label | |
| Ilse Aigner | |
| Schweine | |
| Tierschutzbund | |
| Landwirtschaft | |
| Ferkel | |
| Massentierhaltung | |
| Massentierhaltung | |
| Niedersachsen | |
| Ferkel | |
| Neuland | |
| Tierschutz | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Grünen-Fraktionschef über Agrarminister: „Er will irgendwie Minister bleibe… | |
| Christian Schmidt hat nicht das Zeug zum Agrarminister, sagt Anton | |
| Hofreiter. In Sachen Hofsterben und Tierschutz erwartet der Grüne von ihm | |
| nicht viel. | |
| Tötung von Ferkeln: Lieber kein Kehlschnitt | |
| Auf die Bildern von erschlagenen kranken Tieren hat die Politik mit | |
| Erlassen reagiert. Die Züchter suchen jetzt nach dem besten Weg, Schweine | |
| zu töten. | |
| Porträt Huhn Rosa: Ein Kampfhuhn auf Reisen | |
| Rosa ist ein Kampagnenhuhn. Es posiert gerne für Fotos, reist quer durch | |
| Europa und prangert Massentierhaltung an. Die Menschen sollen wissen, was | |
| sie essen. | |
| Ferkelquälerei in Deutschland: Sauerei zieht Ermittlungen nach sich | |
| Auf die Vorwürfe der illegalen Ferkeltötung gegen den größten Sauenhalter | |
| Straathof und andere Branchengrößen folgen nun Strafanzeigen. | |
| Misshandlung in Schweine-Massenzucht: Niedersachsen will Sauerei verbieten | |
| Tierschützer dokumentierten das brutale Töten von Ferkeln. Niedersachsens | |
| Landwirtschaftsminister reagiert jetzt und will die Tötung von jungen | |
| Schweinen verbieten. | |
| Skandal um Tötung von Ferkeln: An die Wand geklatscht | |
| In deutschen Ställen werden offenbar massenhaft Ferkel getötet – weil die | |
| hochgezüchteten Sauen oft mehr Nachkommen als Zitzen haben. | |
| Nach Skandal um Neuland-Fleisch: Und niemand will was gemerkt haben | |
| Nicht drin, was draufsteht? Der Neuland-Verein will trotzdem weiter mit | |
| Firmen und Managern arbeiten, die Verbraucher getäuscht haben. | |
| Geplante Schweinemast in Brandenburg: Protest gegen den „Mega-Stall“ | |
| In Haßleben sollen 36.000 Tiere gemästet werden. Es drohe ein | |
| „Gülle-Tsunami“, fürchten Umweltschützer. Am Sonntag fand vor Ort eine D… | |
| statt. |