# taz.de -- Argentiniens Zahlungsunfähigkeit: Alle Jahre wieder | |
> Seit 1800 gab es weltweit 227 Staatsinsolvenzen, siebenmal in | |
> Deutschland. Meistens geht es für die Beteiligten besser aus als | |
> befürchtet. | |
Bild: Da half nicht mal der Staatsbankrott: Hundert-Billionen-Mark-Schein, ein … | |
HAMBURG taz | Staatspleiten kommen nie aus heiterem Himmel. Das gilt auch | |
für Argentinien heute: Weltweite Aufmerksamkeit erregte zuletzt die | |
Pfändung des Schulschiffs „Libertad“ der argentinischen Kriegsmarine 2012 | |
im ghanaischen Hafen Tema. Die Maßnahme wurde von dem US-Hedgefonds-Konzern | |
NML Capital betrieben, der jetzt wieder die Regierung von Präsidentin | |
Cristina Kirchner mit einer 1,5-Milliarden-Dollar-Forderung in Aufregung | |
versetzt. | |
Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte, dass Staatspleiten am Ende | |
meistens besser ausgingen als befürchtet. Schließlich hat ein Gläubiger | |
wenig davon, wenn der Schuldner wirklich pleitegeht. So ging es auch | |
Argentinien. Der letzte Bankrott liegt gerade mal 13 Jahre zurück. Damals | |
retteten der Teilverzicht fast aller Gläubiger, auch Abertausender in | |
Deutschland, sowie der plötzliche Nachfrageboom aus China nach Fleisch und | |
Kupfer die Argentinier. Heute ist China deren wichtigster Handelspartner | |
und scheint auch dieses Mal bereit, Buenos Aires aus der Patsche zu helfen. | |
Staatspräsident Xi Jinping kündigte während seines Besuchs nach der WM eine | |
Finanzspritze von 7,5 Milliarden Dollar für den Fußballvizeweltmeister an. | |
Dabei liegt die Betonung auf „Dollar“ – denn typisch für | |
Staatsschuldenkrisen sind Miese im Ausland und in fremder Währung. Das war | |
in der Eurokrise 2010 in Griechenland, Portugal und Irland so und war im | |
bankrotten Deutschland nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg der Fall. Erst | |
großzügige Schuldenstreichungen und Umschuldungen der Alliierten retten die | |
Weimarer Republik und 1953 die junge Bundesrepublik vor dem Bankrott. An | |
diesen Fällen gemessen, ist Japan heute megapleite: Der öffentliche | |
Schuldenberg ist doppelt so hoch wie in Griechenland. Ohne dass es Probleme | |
gibt, denn die Regierung in Tokio steht fast ausschließlich bei ihren | |
Bürgern in den Schuld. Notfalls lässt sich dann die Notenpresse anwerfen. | |
Seit Nobelpreisträger Kenneth Rogoff mit Carmen Reinhart einmal alle | |
Staatspleiten zusammengezählt hat, wissen wir: Argentinien ist überall. | |
Auch in Europa. Seit dem Jahr 1800 gab es weltweit 227 Staatsinsolvenzen. | |
Die Niederlande und Italien waren schon zahlungsunfähig, Polen mehrfach, | |
Deutschland und Österreich sogar siebenmal. | |
## Kein reguläres Vorgehen | |
Doch während in Industrieländern meist Diktatoren und Kriege unbezahlbare | |
Schulden hinterließen, sind es in Entwicklungs- und Schwellenländern oft | |
Fehlinvestitionen auf Pump, ein Verfall der Rohstoffpreise und/oder wilde | |
Finanzspekulationen, die zum Verhängnis werden. So war es in der | |
Schuldenkrise Lateinamerikas in den 80er Jahren, in der Asienkrise 1997/98 | |
und in den Neunzigern in Russland. | |
Lösungsversuche, etwa für die höchstverschuldeten Länder, laufen mehr oder | |
weniger informell im „Londoner“ oder „Pariser Klub“, wo sich Aberhunder… | |
Banken und Fonds, westliche Regierungen und arme Sünderländer | |
zusammensetzen. Ein reguläres Vorgehen bei Staatspleiten gibt es jedoch | |
nicht. | |
Seit der Reorganisation der Weltwirtschaft in Bretton Woods wurde eine | |
Vielzahl von Vorschlägen unterbreitet – aber alle scheiterten am Fehlen des | |
politischen Willen. Mit Blick auf Argentinien weist [1][erlassjahr.de] auf | |
eine Initiative von 78 prominenten Wissenschaftler(inne)n aus allen | |
Kontinenten hin: Die Regierungen sollen einen verlässlichen und | |
rechtsstaatlichen Mechanismus für Staateninsolvenzen unter einer | |
unabhängigen Institution entwickeln. | |
Alternativökonom und Attac-Berater Rudolf Hickel ist das zu wenig. Zwar | |
könne ein Schuldenschnitt „hilfreich sein“, und eine solche Möglichkeit | |
würde Hedgefonds schon im Vorfeld „disziplinieren“, sagte er der taz. Aber | |
die drohende Insolvenz eines Staates sollte vor allem „über eine | |
Sanierungsstrategie aufgelöst werden“. Übrigens, Argentiniens Fregatte | |
„Libertad“ fährt wieder auf offener See. Dafür sorgte der Internationale | |
UN-Seegerichtshof in Hamburg mit einem Urteil. Beispielhaft. | |
28 Jul 2014 | |
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## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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