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# taz.de -- AKW in der Ukraine: Nicht gefährdet, trotzdem gefährlich
> Greenpeace hat angesichts der Kämpfe in der Ukraine vor einem atomaren
> Zwischenfall gewarnt. Wie groß ist die Bedrohung tatsächlich?
Bild: Droht ein zweites Tschernobyl?
BERLIN taz | Greenpeace hat vor einer neuen Atomkatastrophe in der Ukraine
gewarnt. Rund 200 Kilometer westlich der Kampfzone entfernt liegt das
[1][Atomkraftwerk Saporischschja] mit sechs Reaktoren. „Es gibt in der
Region viele panzerbrechende Waffen“, [2][sagte Tobias Münchmeyer,
Atomexperte von Greenpeace]. Die könnten über mehrere hundert Meter sogar
„schultergestützt“ Atomkraftwerke attackieren, die Reaktoren seien
lediglich von einer 1,20 Meter dicken Betonhülle umschlossen.
Tatsächlich war die Atomkraft schon einmal Gegenstand militärischer
Strategie: Die Terroristen vom 11. September 2001 hatten überlegt, auch
gegen Nuklearanlagen zu fliegen. Allerdings war deren strategisches Ziel,
„verbrannte Erde“ zu hinterlassen, was in der Ukraine nicht der Fall ist:
Die Separatisten beanspruchen mit ihrer selbsternannten Republik Donezk
genauso das Gebiet zum Leben wie die ukrainische Armee. Der Atomunfall von
Tschernobyl hatte 1986 ein Gebiet unbewohnbar gemacht, dessen Größe mit dem
des Kampfgebietes zu vergleichen ist.
„Zufällig“ dürften die sechs Reaktoren der russischen Baureihe WWER auch
nicht getroffen werden: Dafür sind sie erstens viel zu weit weg von den
aktuellen Kampfhandlungen. Zweitens gelten für die Reaktoren die selben
Sicherheitsstandards wie für andere Atomkraftwerke.
In einem Brief an die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hatte Kiew
bereits im März vor „illegalen bewaffneten Aktionen russischer Truppen“ und
den „möglichen Auswirkungen auf die Atomenergie-Infrastruktur“ gewarnt und
um internationale Unterstützung bei der Sicherung der ukrainischen
Atomkraftwerke gebeten. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte
damals erklärt, eine kleine Gruppe ziviler Experten in die Ukraine entsandt
zu haben, „um den Behörden zu helfen, die Sicherheit ihrer zivilen
Nuklearanlagen zu verstärken.“
## Stromausfall könnte fatale Folgen haben
Michael Sailer, Atomexperte am Ökoinstitut in Darmstadt, [3][sagte der
WAZ], nicht nur ein direkter Beschuss stelle ein großes Risiko dar, auch
die Zerstörung von Hochspannungsleitungen oder sensiblen Anlagen im Umfeld
könnte fatale Folgen haben. Sailer spielt auf die Situation in Fukushima
an, wo das Erdbeben die externe Stromversorgung des AKW lahmlegte und in
der Folge die Reaktorkerne nicht mehr ordentlich gekühlt worden waren.
Jedoch arbeitet die Ukraine in der Atomtechnik eng mit dem Westen zusammen:
Seit 2010 bezieht die Ukraine beispielsweise einen Teil ihrer Brennelemente
von der US-Firma Westinghouse. Und in den 90er Jahren hatte das
„Kernforschungszentrum Rossendorf“ bei Dresden damit begonnen, die
Sicherheitsstandards der Überwachungssysteme zu verbessern. Heute sind alle
sechs Reaktoren des AKW Saporischschja mit modernen Überwachungssystemen
ausgestattet.
Im Übrigen sind die Reaktoren baugleich zu denen in Rostov am Don, die –
auf russischer Seite – auch nur etwa 100 Kilometer vom Kampfgebiet in der
Ukraine entfernt arbeiten.
Bleibt ein Punkt, der tatsächlich problematisch ist: Atomkraft ist eine so
komplexe Technologie, dass sie einfach nicht sicher betrieben werden kann.
So war im November 2011 Automatik im Atomkraftwerk Saporischschja
ausgefallen – angeblich weil die Westinghouse-Brennstäbe sich nicht mit der
russischen Technologie vertrugen. Was Westinghouse dementierte: Die
Ausfallursache ist somit „unbekannt“.
31 Aug 2014
## LINKS
[1] http://www.npp.zp.ua/
[2] http://www.br.de/nachrichten/tagesschau/ukraine-tschernobyl-akw-tagesschau-…
[3] http://www.presseportal.de/pm/55903/2819194/waz-experten-warnen-vor-atomkat…
## AUTOREN
Nick Reimer
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