# taz.de -- Kommentar Union und Flüchtlinge: Humanitär Verantwortungslos | |
> Die Union spricht viel von außenpolitischer Verantwortung – gemeint ist | |
> das stets militärisch. Gegenüber Flüchtlingen ist sie dagegen immer | |
> zynisch. | |
Bild: Entdeckte erst in Erbil seine christliche Nächstenliebe: Volker Kauder (… | |
Wenn Unionspolitiker wie Volker Kauder in ein Krisengebiet reisen, kann es | |
passieren, dass sie dort ihr Herz für Flüchtlinge entdecken. Der | |
Fraktionschef war kürzlich im kurdischen Erbil. Konfrontiert mit der Not | |
der geflüchteten Jesiden, sprach er sich spontan dafür aus, mehr | |
Flüchtlinge aus dem Irak in Deutschland aufzunehmen. Wieder zurück zu | |
Hause, wollte er das aber nicht mehr ganz so gemeint haben. Plötzlich war | |
er nur noch dafür, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, „wenn sie es bis zu uns | |
schaffen“. | |
Ähnlich zynisch wie Kauder verhält sich jetzt Berlins CDU-Innensenator | |
Frank Henkel. Im Frühjahr hatte der Berliner Senat mit den Flüchtlingen, | |
die auf dem Oranienplatz mitten im Bezirk Kreuzberg monatelang ein | |
Protestlager errichtet hatten, eine Vereinbarung getroffen: Ihre | |
Asylanträge würden in jedem Einzelfall genau geprüft, hieß es, im Gegenzug | |
hatten die Flüchtlinge ihr Protestcamp geräumt. | |
Nun aber fühlt sich der Innensenator nicht mehr an die Einigung gebunden, | |
weil er sie nicht selbst unterschrieben habe. Das ist ein Affront gegen den | |
Koalitionspartner und Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD), die | |
die Einigung als ihren Erfolg verkauft hatte. Wirklich im Regen stehen | |
jetzt aber die Flüchtlinge, die sich auf das Wort des Berliner Senats | |
verlassen haben. Ihnen gegenüber ist Henkels Wortbruch schlicht | |
verantwortungslos. | |
Beide Episoden sind leider typisch für die Haltung der Unionsparteien | |
gegenüber Flüchtlingen. Nach außen tragen sie ihr Bekenntnis zum | |
Christentum schon im Namen wie eine Monstranz vor sich her. Doch die | |
christliche Nächstenliebe endet abrupt, sobald sie ihre Wähler vor Augen | |
hat, die sich vor zu viel Flüchtlingen vor ihrer Haustüre fürchten. | |
Fragt sich nur, warum die größere außenpolitische Verantwortung, die oft | |
gefordert wird, immer nur militärisch ausbuchstabiert wird und nicht vor | |
allem humanitär. Könnte sie nicht auch darin bestehen, mehr Flüchtlinge aus | |
Krisengebieten aufzunehmen, statt Waffen dorthin zu liefern? Und könnte | |
Deutschland da nicht als ein Vorbild vorangehen? | |
Doch selbst Grüne trauen sich kaum noch, solche Forderungen zu erheben, aus | |
Angst, als unverbesserliche Gutmenschen dazustehen. Dabei wäre es ein | |
Signal, dass Deutschland aus seiner Geschichte gelernt hat – besser | |
jedenfalls, als Stellvertreterkriege zu befeuern. | |
2 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
## TAGS | |
Union | |
Flüchtlinge | |
Oranienplatz | |
Waffenlieferung | |
Flüchtlinge | |
Berlin | |
Oranienplatz | |
Flüchtlinge | |
Flüchtlingspolitik | |
Flüchtlinge | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte um Flüchtlinge: Showdown im Bundesrat | |
Die Union appelliert an die Grünen, die geplante Verschärfung des | |
Asylrechts nicht zu blockieren. Doch die stellen sich noch quer. | |
Kommentar Berlins Flüchtlingspolitik: Hauptsache, ihr verschwindet! | |
Nehmen zu viele Menschen ihr Recht in Anspruch und suchen um Asyl nach, | |
schließen wir das für sie zuständige Amt. Das ist Berlins Strategie. | |
Berliner Senat betrügt Flüchtlinge: Papier kann sehr geduldig sein | |
Der Senat streitet weiter über die Flüchtlinge vom O-Platz. Zehn von ihnen | |
besetzen seit einer Woche aus Protest ein Dach. | |
Flüchtlinge in Hamburg: Lasst sie schwimmen | |
Die Hansestadt plant, Flüchtlinge auf Schiffen im Hafen unterzubringen. Es | |
gebe zu wenig unbewohnte Immobilien, begründet der Senat die ungewöhnliche | |
Maßnahme. | |
Kommentar Berliner Flüchtlingspolitik: Es gibt Wasser, aber kein Essen mehr | |
Politik und Polizei testen an den Flüchtlingen aus, inwieweit sie Menschen | |
als reine Verwaltungssache behandeln können. Dabei wird es nicht bleiben. | |
Berliner Senat betrügt O-Platz-Flüchtlinge: „Eines Innensenators unwürdig�… | |
Ist der Vertrag mit den Flüchtlingen bindend? Nein, sagt CDU-Innensenator | |
Henkel. Dafür kritisiert ihn sogar der Koalitionspartner SPD. |