# taz.de -- Die Wahrheit: Schrumpf ist Trumpf | |
> Wachsende Wachstumskritik in der Kritik: Kongresse, wie jüngst Degrowth | |
> in Leipzig, müssten eigentlich erpicht darauf sein, zu schrumpfen. | |
„Schrumpfen und Spaß dabei“, freute sich jüngst die taz in einem Bericht | |
über den „Degrowth-Kongress“ in Leipzig. Doch was soll „Degrowth-Kongres… | |
eigentlich bedeuten? Degrowth heißt abnehmendes Wachstum, vulgo Schrumpfen. | |
Wikipedia übersetzt Degrowth mit „Wachstumsrücknahme“, als ob man Wachstum | |
zurücknehmen könnte. Die radikalste Wachstumsrücknahme wäre die | |
Enthauptung, und wer will die schon? | |
Als nächste Erklärung bietet man uns das krude „Entwachstum“ an, nicht | |
verwandt mit dem „Endwachstum“. Der dritte Begriff im Bunde für Degrowth | |
ist das missverständliche „Postwachstum“. Immerhin klingt darin an, dass | |
sich die Post gerade gesundschrumpft. | |
Die Franzosen haben für Degrowth den schönen Begriff Décroissance, was nach | |
Frühstück klingt. Degrowth ist jedenfalls eine tolle Sache: Degrowth heißt | |
mehr Miteinander, Zeit und Gerechtigkeit, weniger Arschlöcher und dafür | |
weniger Gerümpel. Das wird jedenfalls in der taz versprochen. Wen | |
wundert’s, dass der entrümpelnde Schrumpfkongress erwartungsvolle Besucher | |
anzog: „3.000 Teilnehmer beim 4. Internationalen Degrowth-Kongress sind ein | |
neuer Rekord“ (taz). | |
Ein neuer Rekord ja, aber zugleich ein Dokument des Scheiterns, denn sollte | |
ein erfolgreicher Schrumpfkongress nicht immer kleiner werden, immer | |
nachhaltiger? Bekommen wir mit zweifelhaften Wachstumsrekorden Krempel weg? | |
## Je weniger Kritik, desto weniger Kritiker | |
Damit nicht genug: „Wachsende Wachstumskritik“, meldet die taz. Sollte ein | |
echter Degrowthler so was wollen? Wäre nicht auch hier eine schrumpfende | |
Wachstumskritik anzustreben? Es gilt doch die einfache Formel: Je weniger | |
Kritik, desto weniger Kritiker. Und umso mehr helfende Hände, die uns beim | |
Entrümpeln helfen. | |
Leider ist die besinnungslose Wachstumsideologie ein Grundübel unserer | |
wachstumshungrigen Gesellschaft. Schon Kinder treibt man durch | |
Wachstumsmarkierungen am Türrahmen zu immer neuen Höchstleistungen. | |
Wachstumsverweigerer wie Oskar Matzerath sind leider viel zu selten. Dafür | |
wird der Kleinwüchsige verhöhnende Basketball von Wachstumsfetischisten | |
gefeiert. Beim Fußball hingegen begeistern immer wieder nachhaltige | |
Fußballzwerge wie Litti, Messi und Icke Häßler. Bohnenstange Dirk Nowitzki | |
huldigt dagegen in Fernsehspots kritiklos einer wachstumsorientierten Bank. | |
Ganz finster sieht es im Pflanzenreich aus, hier zählt fast ausschließlich | |
das Wachsen. Hingegen schrumpft der alternde Mensch zu unserem Vorteil, | |
ohne je dafür ein Lob zu hören. Denn schrumpfend schafft er Platz für die | |
raumgreifenden Jungtölpel. Der alte Mensch blockiert keine Arbeitsplätze, | |
räumt seinen Keller auf und den Krempel weg und lebt genügsam von seiner | |
schrumpfenden Rente. Er macht weniger Wind, isst, trinkt und schläft | |
weniger. Dadurch gewinnt der schrumpfende alte Mensch mehr Zeit und Muße | |
als in seiner blinden Wachstumsphase. | |
Nur eines sollte der entwachsende Erwachsene niemals tun: Auf wachsende | |
Wachstumskritikkongresse gehen! | |
17 Sep 2014 | |
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