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# taz.de -- Die Wahrheit: Gut geplufft, Philae!
> Neues aus dem Weltraum: Heute landet ein Modul der Raumsonde Rosetta auf
> dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko.
„Eher pluff als plonk“. Man traut seinen Ohren kaum – und den Augen erst
recht nicht, aber diese pluffige Überschrift war in der sonst so seriösen
Wochenzeitung Die Zeit zu lesen. Mit der locker hingeplönkelten Lautmalerei
beschreibt der comic-affine Kometologe Fred Gossmann das Geräusch, das
entstehen wird, wenn am heutigen Tag ein Landungsmodul auf dem Kometen
Tschurjumow-Gerassimenko aufschlägt.
Dieses Landungsmodul heißt Philae und ist quasi ein Beiboot der
europäischen Kometenjägerin Rosetta, der pfeilschnellen Raumsonde, die seit
dem Jahr 2004 unterwegs ist und vorbeijagenden Schweifsternen auflauert, um
die Geheimnisse der Kometen aufzuzeichnen und zu entschlüsseln.
Dazu muss Rosetta schnell sein, sehr schnell. So eine Kometenbegegnung
dauert nur Sekundenbruchteile. Kein Wunder, dass die Raumsonde Giotto die
1985 zur Erforschung des Kometen Halley ins All gesandt wurde, nur Zeit
hatte, „verwaschene Bilder eines kartoffelförmigen Klotzes“ (Die Zeit) zur
Erde zu funken, als sie auf den vorbeizischenden Kometen traf. Dabei
brettern die Raumsonden ihrerseits bereits mit mehreren zehntausend
Stundenkilometern Geschwindigkeit durchs All, da ja dort keine
Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten. Das wird selbstverständlich von den
terrestrischen Rasern weidlich ausgenutzt.
Trotzdem dauerte Rosettas Reise zum Schweifstern
67P/Tschurjumow-Gerassimenko zehn Jahre, wobei sie 6,4 Milliarden Kilometer
zurücklegte! Viermal um die Sonne und dreimal um die Erde zum Schwungholen,
dann hatte Rosetta endlich genug Speed, um den flüchtigen Kometen
einzuholen. Der ist zur Freude der Donaldisten im Kontrollzentrum
entenförmig. Pustelförmige Krater und hunderte meterhohe Klötze verpollern
die Oberfläche des Schweifsterns, die nicht gerade zum Landen einlädt. Dazu
ist die rasende Ente bös porös, siebzig bis achtzig Prozent des Kerns
bestehen wohl aus „Nichts“ (Die Zeit).
## Das Gewühle der Moleküle
Die Konsistenz ist eher Pulverschnee als Eis. „Könnte man sich
hineinsetzen, würde es sich anfühlen wie zerwühlte Bettdecke“, beschreibt
der Forscher Frank Goesmann die Lage anschaulich. Doch bevor wir uns in den
Kometen hineinwühlen können, müssen wir landen, und dabei macht es „eher
pluff als plonk“.
Das heißt, es würde eher pluff als plonk machen, wenn
67P/Tschurjumow-Gerassimenko nicht im materieleeren Vakuum des Alls
unterwegs wäre. In seiner Begeisterung hat Goesmann übersehen, dass der
Schall im All anders als Licht und Wellen zum Fortkommen Wasser, Gas oder
Luft braucht. Ohne das Gewühle der Moleküle macht es ihm Raum noch nicht
einmal ploff oder plopp, geschweige denn pluff oder plonk.
Kein Wunder, dass die Bild-Zeitung begeistert war, als die 1977 gestartete
Sonde Voyager 1 zum ersten Mal Geräusche aus „den dunklen Tiefen des
interstellaren Raums aufzeichnete“. Die beiden (!) Töne von einer
Sternenexplosion brachten „das Plasma um sie herum zum Schwingen“, wie Bild
gehört zu haben glaubte. Wie Voyager 1 in eine Plasma-Blase geriet,
berichtete Bild leider nicht, vermutlich ein Navigationsfehler.
Das feinakkustische Fachblatt räumte ein, dass „diese Bewegungen eigentlich
nicht hörbar waren“. Doch an Bord der Voyager befand sich ein Gerät, das
genau solche Vibrationen aufnehmen kann. Dieses Wunderding heißt
Plasmawellen-Detektor (siehe auch Perry Rhodan, Band 1017). Dieser Detektor
kann Vibrationen interstellarer Materie registrieren, die aus ionisiertem
Gas besteht.
Deren Frequenzen liegen zwischen einigen hundert und wenigen tausend Hertz.
Sie entsprechen dem menschlichen Hörbereich und können daher in akustische
Signale umgesetzt werden, wie das Magazin Spektrum der Wissenschaft
erklärt. Woher das Gas in das All strömt, weiß man nicht, irgendjemand muss
wohl den Gasherd angelassen haben. Hoffentlich kocht die Milchstraße nicht
über. Eher überschäum als pluff!
12 Nov 2014
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