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# taz.de -- Film über jüdischen Bayern-Präsidenten: Mia san wieder hier
> Die ARD widmet dem ehemaligen FC-Bayern-Präsidenten Kurt Landauer einen
> Spielfilm. An den wollten sich lange nur die Ultras des Klubs erinnern.
Bild: Josef Bierbichler als Kurt Landauer in den Trümmern des kriegszerstörte…
„Ich hab von 74 bis 84 in München als Spieler gespielt, und in den zehn
Jahren ist mir der Name nicht einmal über den Weg gelaufen“, sagte
Karl-Heinz Rummenigge. Und jetzt feiere dieser Kurt Landauer ein
„fulminantes Comeback“, fügte der Vorstandsvorsitzende der FC Bayern
München AG an.
Dreieinhalb Minuten dauerte am Sonntag in der „Sportschau“ die Vorschau auf
den Film „Landauer – Der Präsident“, der am Mittwoch läuft. In dem Beit…
fielen die Begriffe „Fußball“, „Toleranz“ und „Rückkehr“. Begriff…
„Fans“, „Ultras“ oder „Schickeria“ kamen nicht vor. Dabei ist dieses
„fulminante Comeback“ des Namen Kurt Landauer nicht ohne die Fans, ohne die
Ultras des FC Bayern, ohne deren kreative Spitze, die „Schickeria“, zu
erklären.
Landauer war Präsident des FC Bayern. Erst von 1913 bis 1914. Dann kämpfte
er im Ersten Weltkrieg. Dann wieder von 1919 bis 1933. Dann kämpfte er im
KZ Dachau ums Überleben und emigrierte in die Schweiz. Und dann ein drittes
Mal: von 1947 bis 1951. Er war zurückgekehrt in ein Land, in dem er
verfolgt worden war, weil er Jude war.
Josef Bierbichler spielt Kurt Landauer. Er ist eine Erscheinung, die der
des ehemaligen Bayern-Präsidenten sehr nah kommt. Zumindest so weit man das
beurteilen kann: Viele für jede und jeden zugängliche Fotos gibt es nicht
von Landauer. Als der Landauer im Film im Sommer 1947 zurückkommt nach
München, gibt ihm sein Freund Klauber, bei dem er in der Schweiz
untergekommen war, mit auf den Weg: „Mia san jetzt in der Hölle, Landauer.“
## Vielleicht wollte der Verein auch vergessen
Und diese Hölle ist auch noch völlig zerbombt. Doch Landauer kann nicht
anders: Er geht zur Hauptversammlung seines FC Bayern, den er 1932 zur
ersten Deutschen Meisterschaft geführt hat, und beginnt mit der Arbeit. Er
will von den Amerikanern eine Lizenz, er will ein Vereinsgelände, ein
Stadion – und ein Derby gegen die Sechziger.
Doch in einer Stadt, in der zwei Jahre nach dem Krieg wieder derselbe
Bürgermeister wie 1932 regiert, in der derselbe Polizeichef wie 1932 tätig
ist und in der der Präsident des FC Bayern wieder Landauer heißt, möchte
man am liebsten so tun, als hätte es die Jahre des Nationalsozialismus
nicht gegeben. Das lebende Mahnmal Landauer kommt längst nicht allen recht.
Doch der lässt sich nicht beirren. Aus dem „Ich bin auf dem Sprung nach New
York“ wird im Laufe des Films ein „Ich bleibe“. Ihm verdankt der FC Bayern
seine ersten großen Erfolge und auch alle, die noch lange nach seiner
Abwahl 1951 und seinem Tod 1961 folgen sollten.
Doch der Klub – vor dem Krieg als „Judenklub“ bezeichnet – vergaß sein…
Präsidenten. Vielleicht wollte der Verein auch vergessen. Es gab neue
Idole. Bis die Ultras von der Schickeria kamen. Im Oktober 2009 würdigten
sie gemeinsam mit der Gruppierung „Club Nr. 12“ ihren Präsidenten vor dem
Spiel gegen Köln: „Der FC Bayern war sein Leben – nichts und niemand konnte
das ändern!“, stand über einem großen Konterfei Landauers, das über die
Südkurve gespannt war.
Diese häufig als „gewalttätig“ abqualifizierten Ultras pflanzten Kurt
Landauer ein zweites Mal in die DNA des größten deutschen Fußballvereins
ein. Ende 2013 wurde Landauer posthum zum Ehrenpäsidenten des FC Bayern
ernannt. Ein Vierteljahr später entspann sich über der Südkurve wieder eine
Choreografie: „Der FC Bayern und ich gehören nun einmal zusammen und sind
untrennbar voneinander“, zitiert sie Landauer.
Regisseur Hans Steinbichler hat das nicht vergessen. Er widmet der
Choreografie die letzten Momente des Films. Dazu die Botschaft: „Es war die
Fangruppe ’Schickeria‘, die Kurt Landauer wieder in Erinnerung rief.“
15 Oct 2014
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Fußball
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