# taz.de -- Briefe von Ex-Bayern-Präsident Landauer: Nur aus Liebe | |
> Kurt Landauer war Präsident des FC Bayern – bis 1933 und ab 1947. Nun | |
> veröffentlichte Briefe beantworten, warum er als Jude nach München | |
> zurückkehrte. | |
Bild: In der Arena des FC Bayern gewürdigt: Kurt Landauer, der frühere Verein… | |
Nein, nein, nein, dieses Buch zeigt keine weitere Seite des Kurt Landauer. | |
Es ergänzt nicht unser Bild des früheren Bayern-Präsidenten um Privates. | |
Und in keiner Weise bestätigt es die bei vielen Fans beliebte | |
[1][Sichtweise], Landauer sei aus Liebe zum FC Bayern nach dem | |
Zusammenbruch des NS-Regimes aus seinem Genfer Exil zurückgekommen. | |
Kurt Landauer, der Münchner Jude, von dessen sechs Geschwistern vier | |
ermordet wurden, kam 1946 zurück. Seine Freundin, Maria Baumann, war der | |
Grund dafür. Mit ihr hatte er, während er im Genfer Exil war, stets Kontakt | |
gehalten. Baumann, die nicht jüdisch war, hatte sich um Landauers | |
Geschwister gekümmert, bis die Nazis sie holten. Zunächst war Baumann | |
Haushälterin im Haushalt von Landauers Eltern, sie blieb in dieser Stellung | |
später bei Kurt, und lange machten die beiden ein Geheimnis darum. Weniger, | |
auch das wird in den dokumentierten Briefen deutlich, weil hier ein Jude | |
und eine Christin eine Liaison eingegangen waren, denn eher wegen | |
Standesdünkel: die Haushälterin und der Sohn aus gutem Hause. | |
In Genf hatte Landauer bei Maria Klauber gelebt, eine frühere Liebe von | |
ihm, die ihn während der schwierigen Jahre – die Schweiz hatte hohe Hürden | |
für Emigranten errichtet – finanziell versorgte. Dass er abhängig von der | |
Exfreundin und ihr entsprechend dankbar war, machte die Beziehung zur in | |
München gebliebenen Maria Baumann nicht leichter. Und doch kam er nur wegen | |
Baumann zurück. | |
„Wenn ich zurückgehe, so tue ich es nicht, um meine alte Heimat | |
wiederzusehen“, schreibt Landauer im Dezember 1946, noch aus der Schweiz, | |
„oder weil ich die Bayern betreuen möchte. Nein, nein und immer wieder | |
nein. Der Grund meines Zurückkommens sind Sie, Maria, einzig und alleine | |
Sie.“ In einem anderen Brief schreibt er ähnlich deutlich: „Aber der Bayern | |
wegen komme ich ja nicht, da ist schon ein ganz ganz anderer | |
Anziehungspunkt!!“ | |
Beinah noch berührender als die Briefe, die sich Landauer und Baumann | |
schrieben, ist ein „Lebensbericht“, den der zu diesem Zeitpunkt 60-Jährige | |
in der Schweiz verfasst hatte und an Baumann sandte, als Erklärung seines | |
Handelns – und als Heiratsantrag. | |
1933 war er als Bayern-Präsident zurückgetreten, dabei hatte er 1932 dem | |
Klub noch die [2][erste Deutsche Meisterschaft] beschert. 1938, nach den | |
Novemberpogromen, kam er ins KZ Dachau, danach ging er nach Genf. Im Juni | |
1947 kam er zurück nach München und im August wurde er wieder Präsident des | |
FC Bayern. Vermutlich, weil er einer der wenigen unbelasteten Männer war, | |
der zudem noch bereit war, Ex-Nazis freundliche Entlastungsschreiben | |
mitzugeben. | |
In einem Beitrag, den er 1950 verfasste, schrieb er, ohne einen Namen zu | |
nennen, „nur ein einziges Mal“ habe ein Klubchef die Richtung des bloßen | |
Fußballs verlassen – „er stand dem Klub darum auch nur kürzere Zeit, aber | |
leider doch zu lange, vor“. Mehr Kritik an NS-Parteigängern im Verein hat | |
der stets zur Versöhnung bereite Landauer nicht vorgetragen. Gleichwohl | |
wurde er 1951 dank eines Komplotts aus dem Amt getrieben. | |
Was die Historikerin Jutta Fleckenstein und die Publizistin Rachel | |
Salamander mit Unterstützung eines Teams des Jüdischen Museums München | |
zusammengestellt und sorgfältig kommentiert haben, ist tatsächlich ein | |
neuer, ein gänzlich neuer Blick auf den großen jüdischen Fußballfunktionär | |
Kurt Landauer. Ob die Rede, der habe nur den FC Bayern geliebt, damit | |
verstummt? Wahrscheinlich ist es nicht, historisch richtig wäre es schon. | |
12 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Archiv-Suche/!462860&s/ | |
[2] /Geschichte-des-Bundesligisten-FC-Bayern/!5678698 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
## TAGS | |
Sportgeschichte | |
FC Bayern München | |
NS-Verfolgte | |
Briefe | |
Juden | |
Schwerpunkt Sport trotz Corona | |
FC Bayern München | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Geschichte des Bundesligisten FC Bayern: Ein Stürmerstar im KZ | |
Eine Graphic Novel zeigt Oskar „Ossi“ Rohr. Der Stürmer schoss den FC | |
Bayern zur ersten Meisterschaft, wurde von den Nazis verfolgt – und | |
vergessen. | |
Kurt-Landauer-Stiftung in München: Promis treffen Ultras | |
In Gegenwart von Uli Hoeneß gründet sich in München eine Faninitiative. Sie | |
will das Erbe des von den Nazis verfolgten Kurt Landauer bewahren. | |
Film über jüdischen Bayern-Präsidenten: Mia san wieder hier | |
Die ARD widmet dem ehemaligen FC-Bayern-Präsidenten Kurt Landauer einen | |
Spielfilm. An den wollten sich lange nur die Ultras des Klubs erinnern. |