# taz.de -- Kolumne Generation Camper: Andernach, die essbare Stadt | |
> Urban Gardening boomt. In der Rheinstadt Andernach wächst selbst an | |
> denkmalgeschützten Gemäuern Obst und Gemüse – zum Knabbern für alle. | |
Bild: Neben den historischen Kanonenkugeln Gemüsebeete und Sonnenblumen. | |
Was soll man von einer Stadt halten, die sich als „essbar“ bezeichnet? | |
Knusper, knusper, knäuschen? Andernach am schönen Rhein ist eine steinalte | |
Stadt. Gegründet von Römern. Mit Gemäuern, die jedem Knabberversuch | |
trotzen. Trotzdem nennt sich Andernach „Die essbare Stadt“. | |
An der Touristeninfo geraten wir in eine Stadtführung und merken schnell, | |
dass es in Andernach tatsächlich etwas anders zugeht als anderswo. Dass es | |
um die Natur dieser Stadt geht, ums Grün, ums Gärtnern. Auf Blumenrabatten | |
wachsen neben attraktiven Stauden Kohlköpfe und Tomaten und Zucchini, und | |
durch die gepflegten Rasenflächen der Rheinuferpromenade schlängeln sich | |
Schneisen von Wildblumen. | |
Diese Stadt hat ihre Grünanlagen gründlich umgegraben. Sie pflegt einen | |
kreativen Umgang mit Grünzeug jeder Art. Besonders an der Stadtmauer, wo | |
jetzt Wein wächst und Obst. Daneben ranken rot blühende Stangenbohnen, und | |
neben Rosen gedeihen Fenchel und Mangold. Und immer wieder Erbsen, | |
Erdbeeren und Zwiebeln und, und … | |
Das ist Urban Gardening – würde man anderswo sagen. Und es ist so | |
menschenfreundlich, wie es sein sollte. Niemand musste die Stadt dazu | |
drängen – die Initiative ging von der öffentlichen Hand selbst aus. Weil | |
sie ursprünglich nach einer günstigen Lösung für die kostenintensiven | |
Pflege der Blumenbeete suchte, wie uns der Stadtführer erklärt. | |
Nun pflegen seit einigen Jahren städtische Gärtner zusammen mit einer | |
Arbeitsloseninitiative lauter öffentliches Gemüse. Und das Schönste daran: | |
Alle in Andernach dürfen ernten! Was ein komisches Gefühl ist, wenn man, | |
was öffentliches Grün betrifft, immer nur Verbote kennt. | |
Die neueste Errungenschaft ist eine Schar Hühner, die im Gras des | |
Schlossgrabens pickt und scharrt. Ein Bild des Friedens. Ein Hingucker. | |
Auch essbar? Auch der stolze Hahn? Wir tippen auf „Verboten“. Trotzdem: Ein | |
Glück für die Hühner, dass sich noch niemand an ihnen vergriffen hat. Das | |
Motto „essbare Stadt“ ist irgendwie verwirrend. | |
25 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Christel Burghoff | |
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