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# taz.de -- Suhrkamp darf AG werden: Ende der Soap-Opera
> Eine herbe Niederlage für Hans Barlach vor Gericht: Der
> Suhrkamp-Insolvenzplan wurde genehmigt. Das hat weitreichende Folgen.
Bild: Werden keine Freunde mehr: Unseld-Berkéwicz (l.) und Barlach.
Vor vierzehn Jahren feierte der Suhrkamp Verlag seinen 50. Jahrestag und
der damalige Verlagspatriarch Siegfried Unseld konstatierte in der
Festschrift, sich auf Samuels Becketts Wort „man muss weitermachen, ich
werde weitermachen“ beziehend: „Wir werden also weitermachen.“ Unseld sag…
dies im Wissen, dass Suhrkamp als einer der wichtigsten Verlage im
deutschen Sprachraum galt, ja, dass sich dieses Wirtschaftsunternehmen
unter seiner Führung zu einer Kulturinstitution entwickelt hatte.
Unseld konnte damals nicht ahnen, dass bald nach seinem Tod die
Eigentümerverhältnisse am Verlag durcheinanderwirbeln würden und dass das
Unternehmen schließlich in die Insolvenz ginge. Auch konnte er nicht
vorhersehen, dass sich die von seiner Witwe Ulla Unseld-Berkéwicz geleitete
Familienstiftung mit der vom Investor Hans Barlach geleiteten Medienholding
Winterthur, die das Unternehmen besitzen, vornehmlich über Anwälte und
Gerichte unterhalten würden.
Nun konnte der Verlag vor einigen Tagen mitteilen, dass das Landgericht
Berlin „mit Beschluss vom 20.10.2014“ einem Antrag des Verlags stattgegeben
hat: „Die sofortige Beschwerde der Medienholding gegen die Bestätigung des
Insolvenzplans wird auf Kosten der Medienholding zurückgewiesen. Die
Medienholding trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem BGH.
Eine weitere Rechtsbeschwerde der Medienholding ist nicht mehr möglich.“
Für Unseld-Berkéwicz und die Verlagsmitarbeiter bedeutet diese richterliche
Entscheidung eine große Erleichterung, nun kann der längst beschlossene
Insolvenzplan endlich umgesetzt werden und der Verlag wieder mit voller
Konzentration seiner normalen Arbeit nachgehen. Das ist, nachdem bereits
kurz zuvor der Suhrkamp-Autor Lutz Seiler den Deutschen Buchpreis
zugesprochen bekam, die zweite gute Nachricht, die die
Suhrkamp-Pressestelle in diesem Monat verkünden konnte. Insofern verwundert
es beinahe, dass die Pressemitteilung des Verlags so nüchtern ausgefallen
ist.
Für Hans Barlach ist das Urteil eine schwere Niederlage. Er befürchtete zu
Recht, dass seine Gesellschafterrechte durch die im Insolvenzplan
vorgesehene Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine
Suhrkamp-Aktiengesellschaft stark eingeschränkt werden. Dass er sich
bislang noch nicht zu dem jüngsten Urteil geäußert hat, weist darauf hin,
dass er sich geschlagen fühlt. Die juristischen Möglichkeiten, die ihm nun
noch verbleiben, werden seine Position kaum noch verbessern können.
## Kapitalerhöhung der AG
Damit ist der Streit um den Verlag, der schon die Formen einer Soap-Opera
angenommen hatte, wohl endgültig entschieden. Und viel interessanter als
die Frage, wie es nun zwischen den beiden Gesellschaftern weitergeht, ist
die Frage, wie es mit dem Verlag weitergeht. Zu vermuten ist, dass die
Aktiengesellschaft, die nun nach dem Ende der Insolvenz im kommenden Jahr
gegründet werden wird, recht bald eine Kapitalerhöhung beschließen wird.
So wird der Verlag, der in den letzten Jahren oft nicht mehr um
Autorenrechte mitbieten konnte, endlich wieder dringend benötigte
Bestseller einkaufen können. Das heißt aber auch, dass neue Aktien
ausgegeben werden und sich somit der Unternehmensanteil von Barlach und
Unseld-Berkéwicz verkleinern wird.
Zugleich wird Unseld-Berkéwicz ihre Rolle neu definieren müssen, denn in
einer AG darf sie nicht zugleich die Verlegerin sein und den Aufsichtsrat –
als Eignerin der Anteilsmehrheit – führen. Wird sie nun also die Kontrolle
über die Verlagsgeschäfte behalten oder den Verlag weiterhin verlegerisch
im Sinne ihres Mannes führen wollen? Diese Frage wird die Feuilletons
vermutlich im kommenden Frühjahr beschäftigen. Doch auch dann kann man im
Verlag sagen: „Wir werden also weitermachen.“
26 Oct 2014
## AUTOREN
Jörg Sundermeier
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