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# taz.de -- Parlamentswahl in der Ukraine: Rechtsradikale scheitern
> Die proeuropäischen Parteien sind die Wahlgewinner in der Ukraine. Die
> Kommunisten scheitern an der 5-Prozenthürde und die Opposition ist
> zersplittert.
Bild: Oleg Ljaschko, Chef der rechtspopulistischen Radikalen Partei, hat den Sp…
KIEW taz | Von 29 Parteien, die zur Parlamentswahl angetreten sind, haben
in der Ukraine sieben den Einzug in die Rada geschafft. Auch wenn viele
Stimmen am Montagnachmittag noch nicht ausgezählt waren, stand fest:
Präsident Poroschenko hat zwar mit seiner Partei, dem Block Poroschenko,
mit 23 Prozent nicht annähernd eine Mehrheit erreicht, die ihm ein
alleiniges Regieren ermöglichen würde. Seine Partei wird sich die Macht mit
dem jetzigen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk, dessen Volksfront mit 21
Prozent auf dem zweiten Platz gelandet war, teilen müssen.
Inhaltlich wird Poroschenko im neuen Parlament kaum auf Kritik stoßen. Mit
seinem Kurs einer Annäherung an Europa, seinem Ringen um einen
Verhandlungserfolg zur Beendigung des Krieges in der Ostukraine und seinen
angestrebten innenpolitischen Reformen kann sich Poroschenko auf eine satte
Mehrheit in der Rada verlassen. Beobachter gehen davon aus, dass der Block
Poroschenko, die Volksfront und die überraschend mit 13 Prozent der Stimmen
auf Platz drei gelandete „Selbsthilfe“ des Bürgermeisters von Lemberg,
Andrej Sadowoj, eine große Koalition eingehen wird.
Selbsthilfe, die sich betont proeuropäisch gibt, hat viele Stimmen aus dem
patriotischen Wählermilieu erhalten. Für die Partei wird im nächsten
Parlament Semen Sementscheko, Kommandeur der im Donbass gefürchteten
paramilitärischen Einheit Donbass, sitzen.
Eine Opposition wird das neue Regierungsbündnis im Parlament nur von zwei
Parteien zu erwarten haben: dem Oppositionellen Block, einem Sammelbecken
ehemaliger Weggefährten von Expräsident Janukowitsch, das mit acht Prozent
der Stimmen rechnen kann, und der rechtspopulistischen Radikalen Partei von
Oleg Ljaschko, der mit 6,4 Prozent der Stimmen den Sprung in das Parlament
geschafft hat.
Der Oppositionelle Block des früheren Energieministers Juri Bioko konnte
vor allem im Osten Stimmen gewinnen. Von Julia Timoschenkos Partei
Vaterland und der rechtsradikalen Swoboda, die möglicherweise den Einzug
ins Parlament geschafft haben, braucht die neue Regierung, die wieder von
Arseni Jazenjuk angeführt werden dürfte, keine harte Konfrontation zu
befürchten.
## Rechter Sektor gescheitert
Die ukrainischen Rechtsradikalen vom Rechten Sektor sind mit gut zwei
Prozent an der Fünfprozenthürde gescheitert. Für die rechtsradikale Swoboda
dürfte der Traum von drei Ministerposten, die sie in der letzten Regierung
noch stellen durften, beendet sein. Die Kommunisten sind an der
Fünfprozenthürde gescheitert und damit erst mal nicht mehr im Parlament der
Ukraine vertreten.
In einer ersten Erklärung wertete Präsident Poroschenko das Wahlergebnis
als Unterstützung für seinen Kurs der Annäherung an Europa und seine
Bemühungen um ein Ende des Krieges. „Es freut mich, dass die Mehrheit der
Bevölkerung den politischen Kräften ihre Stimme gegeben hat, die den
Friedensplan des Präsidenten unterstützen“, sagte er. Gleichzeitig sei das
Wahlergebnis das Todesurteil für die Kommunistische Partei der Ukraine.
Dazu gratulierte er, so Poroschenko im ukrainischen Fernsehen.
Bereits am Sonntagabend hatte Poroschenko erste Koalitionsverhandlungen für
Montag angekündigt. Offen ließ der Präsident, wen er mit der
Regierungsbildung beauftragen werde. Mit 51 Prozent war die Wahlbeteiligung
niedriger als erwartet. Allerdings steigt die Beteiligung auf 70 Prozent,
wenn man die östlichen Regionen ausnimmt, wo ein Urnengang vielfach
unmöglich war. Die vorgezogenen Parlamentswahlen in der Ukraine haben
dennoch deutlich gemacht, dass die Menschen im Land müde geworden sind von
Wahlen, kommentierte Balazs Jarabik vom Carnegie-Institut das Wahlergebnis.
Und das Ergebnis von 23 Prozent für die Präsidentenpartei sei niedriger als
Umfragen vorausgesagt hatten.
## Poroschenkos schöne Worte
Viele Wähler im Osten des Landes waren der Wahl fern geblieben. „Ich habe
andere Probleme als die Parlamentswahlen“, erklärte eine Bewohnerin von
Donezk der taz am Telefon. „Warum sollte ich wählen gehen, wenn ich
überhaupt nicht weiß, ob Poroschenkos schönen Worten zum Frieden auch Taten
folgen werden? Wir vom Osten der Ukraine sind doch kaum auf den Listen der
Parteien. Jeden Monat muss ich durch alle Checkpoints hindurch die Stadt
verlassen, um mir in Mariupol die Rente abzuholen“, sagte sie. Solange
niemand daran denke, den Menschen in Donezk zu helfen, sei sie auch nicht
bereit, diese Wahl mit ihrer Stimme zu legitimieren.
Sie habe den Sonntag genutzt, um Teile ihrer von Artilleriebeschuss
beschädigten Wohnung wieder in Ordnung zu bringen. Diese Wahl hat die
Entfremdung von den Bewohnern im Gebiet Donezk und der Bewohner der
Ostukraine weiter vertieft. Separatisten in den Großstädten Luhansk und
Donezk bekräftigten, sie würden das Wahlergebnis ignorieren und wie geplant
am 2. November eigene Wahlen abhalten. Bei neuen Gefechten kamen dort zwei
Menschen ums Leben. Keine Wahl fand auf der von Russland annektierten
Halbinsel Krim statt. Deshalb bleiben in Kiew 27 der 450 Parlamentssitze
unbesetzt.
27 Oct 2014
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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Parlamentswahl
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Rechtspopulisten
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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