# taz.de -- Politologe über Ukraine-Wahl: „Eine proeuropäische Entscheidung… | |
> Kyryl Savin von der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew begrüßt den Sieg der | |
> europäisch orientierten Parteien. Er fürchtet aber, dass Rechte weiterhin | |
> mitmischen werden. | |
Bild: Hat auch schon bessere Zeiten erlebt: Lenin mit Ukraine-Schal. | |
taz: Herr Savin, hat Europa bei den Wahlen in der Ukraine gewonnen? | |
Kyryl Savin: Man muss die Direktmandate abwarten. Insgesamt bin ich aber | |
sehr zufrieden. Mit diesen Wahlen, bei denen drei proeuropäische Parteien | |
gewonnen haben, wurde ganz klar eine proeuropäische Entscheidung getroffen. | |
Zwar ist mit dem „Oppositionsblock“ eine Partei, die aus alten Kräften | |
besteht, mit acht Prozent im Parlament vertreten, nach Auszählung der | |
Direktmandate vielleicht sogar mit 15 Prozent. Doch das Lager der | |
prorussischen Kräfte ist deutlich geschrumpft. Im letzten Parlament hatte | |
dieses Lager ja noch 45 Prozent. | |
Und wie bewerten Sie Präsident Poroschenkos Abschneiden? Wird es ihm dieses | |
Wahlergebnis erleichtern, in der Ostukraine Frieden zu erreichen? | |
Ich denke, von allen ukrainischen Politikern ist er noch am ehesten in der | |
Lage, Stabilität im Land und Frieden zu erreichen. | |
Die Rechten haben bei den Parlamentswahlen ja eindeutig eine Niederlage | |
erlitten. | |
Ja, mit den Wahlen hat sich unsere Auffassung, dass man nicht von einer | |
Machtergreifung der Faschisten in der Ukraine sprechen kann, bestätigt. | |
Selbst wenn die rechtsradikale Swoboda noch den Sprung in das Parlament | |
schaffen sollte, wäre sie dort nur noch als kleinste Partei vertreten. | |
Damit hat sich ihr Wahlergebnis von 2012 fast halbiert. Auch der Rechte | |
Sektor ist mit gut zwei Prozent erfreulicherweise nicht im Parlament | |
vertreten. | |
Ist die Gefahr von rechts erst einmal gebannt? | |
Lediglich im parlamentarischen Raum. Eine Gefahr sind nach wie vor | |
Freiwilligenbataillone wie „Asow“ und „Aidar“, die im Donbass kämpfen.… | |
diesen Bataillonen kämpfen viele Rechtsradikale. Sie beanspruchen eine | |
immer stärkere Rolle für sich und sie werden von Poroschenko nicht | |
kontrolliert. Diese Leute werden immer selbstbewusster. Sie erhalten enorme | |
Legitimation in der Gesellschaft als Kämpfer, die ihr Leben an der Front | |
riskieren. Das macht sie gegen Kritik immun. Und das ist eine schlimme | |
Entwicklung. | |
Bei der Wahl ging es nicht nur um Parteien … | |
Gefährlich finde ich bestimmte Politiker, die sich um ein Direktmandat | |
bewerben, wie Andrij Bilezkij, Kommandeur des Freiwilligenbataillons „Asow“ | |
und Chef der rechtsradikalen „Patrioten der Ukraine“. Er lässt sich gerne | |
als „weißer Führer“ bezeichnen. Was er will, das ist Neonazismus pur. | |
Kritische Stimmen, die diesen Mann infrage stellen, finden kaum Gehör. Der | |
Mann sei nun einmal ein Held, so lautet die gängige Meinung, er kämpfe | |
gegen die Russen, rette die Ukraine und habe sich mit seinen mutigen Taten | |
einen Parlamentsplatz verdient. | |
29 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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