# taz.de -- Midterms-Wahl in den USA: Allein in Washington | |
> Obamas letzte Amtsjahre werden zäh. Er muss sich im Kongress nach der | |
> Midterms-Wahlschlappe mit einer Totalopposition auseinandersetzen. | |
Bild: Sichtlich bedröppelt: Barack Obama. | |
NEW YORK taz | Präsident Barack Obama wird bei den Halbzeitwahlen in den | |
USA abgestraft. Die RepublikanerInnen haben am Dienstag auch die zweite | |
Kammer des US-Kongress erobert und ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus | |
weiter ausgebaut. Und sie haben in den Bundesstaaten neue Gouverneursposten | |
hinzugewonnen und mehrere heftig umkämpfte verteidigen können. Lediglich in | |
konkreten Sachfragen haben die WählerInnen gegen die republikanische Welle | |
gestimmt. So akzeptierten sie in Arkansas und in Nebraska mehrheitlich eine | |
Anhebung des Mindestlohns, votierten in Massachusetts für bezahlte | |
Krankentage und sowohl in Oregon als auch im Hauptstadtdistrikt DC für die | |
teilweise Legalisierung von Marihuana. | |
Die Wahlentscheidung trägt eindeutig nationale Züge. Sie hat sowohl | |
Bundesstaaten erfasst, in denen Obama zweimal mit deutlichen Mehrheiten | |
gewonnen hat, als auch traditionelle „Swing-States“. Selbst | |
RepublikanerInnen, denen die Meinungsforscher schwierige Wahlgänge | |
vorausgesagt hatten, trugen am Dienstag deutliche Siege davon. In Kentucky | |
wurde Mitch McConnell wiedergewählt. Der langjährige Chef der | |
republikanischen Fraktion im Senat und einer der Urheber der | |
Blockadepolitik gegen Obama, rechnet sich nun Chancen aus, künftiger Chef | |
des Senats zu werden. | |
In Kansas wurde der republikanische Senator Pat Roberts erneut gewählt, | |
gegen ihn trat ein unabhängiger Herausforderer an – der demokratische | |
Senatskandidat hatte sich bereits im September aus dem Rennen | |
zurückgezogen. In Georgia, wo viele eine Stichwahl erwartet hatten, gewann | |
der Republikaner David Perdue. In Iowa eroberte Joni Ernst – „Mutter, | |
Soldatin, konservativ“ –, die in einem ihrer Wahlkampfspots auf einer | |
Harley Davidson zum Schießplatz fuhr, den bisher demokratischen Sitz. | |
In Colorado verlor der Demokrat Mark Udall, einer der wenigen klaren | |
Kritiker der NSA-Schnüffelei im US-Senat, seinen Sitz. Und in North | |
Carolina verlor die demokratische Senatorin Kay Hagan – trotz einer starken | |
sozialen Bewegung –, ihren Sitz an den Republikaner Thom Tillis. „Wir | |
fühlen uns ziemlich gut“, sagte der Vorsitzende des Republican National | |
Committee, Reince Priebus, bereits am frühen Dienstagabend, als noch lange | |
nicht alle Ergebnisse ausgezählt waren, mit einem breiten Grinsen. Fast | |
gleichzeitig verlautete aus dem Weißen Haus, dass Präsident Obama für | |
Freitag die künftigen Chefs der ihm feindlich gesonnenen beiden Kammern zu | |
einem Gespräch einlädt. | |
Am späteren Dienstagabend hatten die RepublikanerInnen bereits sieben | |
zusätzliche SenatorInnensitze erobert. Sechs waren für eine Mehrheit nötig | |
gewesen. Zu dem Zeitpunkt waren einige Wahllokale in Alaska noch gar nicht | |
geschlossen. Und in Louisiana ist das Ergebnis so knapp ausgefallen, dass | |
es am 6. Dezember eine Stichwahl geben wird, bei der entschieden wird, ob | |
die demokratische Senatorin Mary Landrieu es schafft, ihren Sitz gegen den | |
republikanischen Herausforderer Bill Cassidy zu verteidigen. | |
## Strategie nicht aufgegangen | |
Die Strategie jener DemokratInnen, die auf Distanz zu Obama gegangen waren, | |
weil sie glaubten, damit ihre eigenen Wahlchancen verbessern zu können, ist | |
nirgendwo aufgegangen. Weder in Kentucky, wo Senatskandidatin Alison | |
Lundergan Grimes nicht einmal sagen wollte, ob sie für den demokratischen | |
Präsidenten gestimmt hat, noch in Georgia, wo Michelle Nunn im Wahlkampf | |
verlautbarte: „Ich habe vielleicht 45 Minuten meines Lebens mit Obama | |
verbracht.“ | |
Aber selbst bei der demokratischen Basis kam dieser auf lokale Themen | |
konzentrierte Wahlkampf nicht an. Viele linke WählerInnen haben aus | |
Enttäuschung über Obamas bisher sechsjährige Amtszeit erst gar nicht | |
mitgestimmt. Umgekehrt ist das Kalkül der RepublikanerInnen aufgegangen: | |
Sie haben einige besonders radikale Tea Party-KandidatInnen durch | |
„Moderate“ ersetzt. Und sie haben ihren Wahlkampf selbst in der tiefsten | |
Provinz mit Obama-Ressentiments betrieben. | |
Die entscheidende Rolle für den Wahlausgang dürfte jedoch die Rekordsumme | |
von fast vier Milliarden Dollar gespielt haben, die in den Wahlkampf | |
geflossen ist. Sie haben diese Wahlen zu den teuersten Midterms der | |
US-Geschichte gemacht. In den meisten Fällen kam das Geld den Werbeetats | |
lokaler TV-Sender zugute. In den letzten Tagen vor dem Wahlgang wurden die | |
WählerInnen in den Swing-States auch mit automatisierten Telefonanrufen | |
bombardiert. | |
## Geld von Großkonzernen | |
Oft steckten – angeblich von den KandidatInnen unabhängige – obskure | |
Gruppen dahinter, deren Sitz fernab der umkämpften Bundesstaaten liegt und | |
deren Gelder und Führungspersonal direkt aus großen Konzernen kommen. | |
SprecherInnen der künftigen Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus | |
haben bereits angekündigt, wohin ihre Reise gehen soll: Sie wollen die | |
Keystone XL-Pipeline bewilligen, die schweres Teersandöl aus Kanada in die | |
Ölraffinerien an der Golfküsten bringen soll, sie wollen das | |
Freihandelsabkommen TPP beschleunigen und sie wollen die Gesundheitsreform | |
und die Sozialversicherung weiter aushöhlen. | |
Für Obama erschwert die kommende Totalopposition im Kongress sämtliche | |
Projekte. Von der Nominierung neuer RichterInnen im Obersten Gericht über | |
den versprochenen Kampf gegen den Klimawandel bis hin zu der vielfach | |
verschobenen Einwanderungsreform. „Er hat jetzt eine Chance mithilfe von | |
Vetos und von präsidentiellen Verfügungen zu zeigen, wie ernst er seine | |
Politik meint“, sagte der linke Journalist John Nichols am Wahlabend. | |
„Damit er das tut, müssen die sozialen Bewegungen jetzt mobilisieren.“ | |
5 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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