# taz.de -- Debatte USA: Auf den Stillstand folgt die Apathie | |
> Nach der Kongresswahl droht in Washington der absolute Stillstand. Denn | |
> die Republikaner werden dem Präsidenten keinerlei Erfolg gönnen. | |
Bild: Da ging noch was: Barack Obama im Jahr 2007. | |
Es gibt keinen Grund zu der Annahme, an den ersten Äußerungen von Präsident | |
Barack Obama und dem designierten Mehrheitsführer im Senat, dem | |
Republikaner Mitch McConnell, könnte irgendetwas dran sein. Beide sprachen | |
davon, nunmehr „konstruktiv zusammenarbeiten“ zu wollen – nach Jahren des | |
Stillstands eine bemerkenswerte Aussicht. Nur passieren wird das nicht. | |
Die Republikaner werden keinerlei Interesse daran haben, dem Präsidenten in | |
den schwachen zwei letzten Jahren seiner Amtszeit noch Erfolge zu gönnen. | |
Wenn sie von Zusammenarbeit sprechen, dann meinen sie, Obama dazu zu | |
bringen, sein Vetorecht gegen vom Kongress verabschiedete Gesetze möglichst | |
selten zu gebrauchen. Mehr nicht. Obama seinerseits hat nicht sechs Jahre | |
lang zugesehen, wie republikanische Fundamentalopposition seine | |
Präsidentschaft zerstört, um seinen schärfsten Gegnern in den letzten zwei | |
Jahren nach dem Munde zu reden. | |
Und so ging schon am Tag drei nach der Wahl alles weiter wie gehabt: | |
Während Obama ankündigte, tatsächlich per Verordnung etwas für den Schutz | |
der knapp zwölf Millionen ohne gültige Papiere in den USA lebenden | |
Migranten gegen Deportation tun zu wollen, meldeten die Republikaner | |
dagegen sofort Widerstand an und warnten, dann sei eine Zusammenarbeit | |
nicht möglich. | |
Und so wird die Blockade in Washington wohl weitergehen. Für die USA ist | |
das schlecht – für die Parteien und jene Kandidaten auf beiden Seiten, die | |
sich für die Präsidentschaftswahlen 2016 in Stellung bringen, hingegen sehr | |
passend. Je schlechter Washington jetzt funktioniert, desto einfacher ist | |
es für Präsidentschaftskandidaten, eine Wahlkampfbotschaft der „Sanierung | |
des kaputten Washingtoner Politikbetriebs“ zu formulieren. Die Erfahrung | |
zeigt: Um gewählt zu werden, funktioniert das immer (Carter, Reagan, Bush | |
senior, Clinton, Bush junior und Obama spielten alle die Karte des | |
aufrechten „Washington-Outsiders“). Was danach passiert, ist eine andere | |
Sache. | |
## Was bleibt von Obama? | |
Insofern, so könnte man argumentieren, waren die Halbzeitwahlen | |
unerheblich: vorher Stillstand, nachher Stillstand – so what? Aber das ist | |
denn doch zu einfach gedacht. | |
Denn das Zusammenwirken aus politischem System, engagierten und gut | |
finanzierten Konservativen und immer wieder uneinigen und sich selbst | |
verunsichernden Demokraten scheint strukturell progressive Reformmehrheiten | |
in Washington zu verhindern. Das kann nicht gut sein. Dass die WählerInnen | |
selbst dabei nicht unbedingt so rechts gedreht sind, zeigen die anderen | |
Daten vom Dienstag. In gleich vier konservativen Bundesstaaten waren | |
Volksabstimmungen zur Anhebung des Mindestlohns erfolgreich– ein absolutes | |
No-Go für republikanische Politiker gleich welcher innerparteilichen | |
Schattierung. Bloß: Auch die Demokraten in diesen Staaten hatten die | |
Referenden kaum unterstützt, aus purer Angst vor der eigenen Courage. | |
Die Republikaner – das ist spätestens seit 1994 zu beobachten, als Bill | |
Clinton bei den damaligen Halbzeitwahlen die Mehrheit im Kongress verlor – | |
wissen Macht aggressiver, skrupelloser und strategischer einzusetzen als | |
die Demokraten. Sie einigen sich auf Kernbotschaften, auch wenn diese | |
haarsträubend sind – bei diesen Wahlen: Obama ist an allem schuld! –, und | |
bleiben dabei. Die Demokraten aber rennen in alle Richtungen, sobald es ein | |
bisschen schwieriger wird. | |
Obama hätte in den vergangenen sechs Jahren etwas dafür tun können, das zu | |
ändern. Aber dazu hätte er nicht nur mit seinen alten Vertrauten aus | |
Chicagoer Zeiten, sondern viel enger mit den Demokraten im Kongress und in | |
der Parteispitze zusammenarbeiten müssen. Jetzt ist es dafür zu spät – in | |
den letzten zwei Jahren ist er wirklich auf sich allein gestellt. Und es | |
braucht schon sehr glückliche historische Fügungen, damit er im Januar 2017 | |
nicht als umfassende Enttäuschung aus dem Weißen Haus auszieht. | |
7 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
## TAGS | |
Barack Obama | |
Usada | |
Republikaner | |
Demokraten | |
Jeb Bush | |
USA | |
Republikaner | |
USA | |
USA | |
USA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
US-Präsidentenwahl 2016: Jeb Bush erwägt Kandidatur | |
Der Bruder des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush, Jeb Bush, erwägt | |
eine Präsidentschaftskandidatur. Er werde ein solches Vorhaben „aktiv | |
prüfen“. | |
Einwanderungssystem in den USA: Was kaputt ist, soll kaputt bleiben | |
Obama will im Alleingang das Einwanderungsgesetz reformieren, die | |
Republikaner protestieren. Nun haben 17 Bundesstaaten Klage eingereicht. | |
Republikaner in den USA: Establishment hier, Tea-Party dort | |
Nur eines verband die Republikaner in diesem Wahlkampf: die Opposition | |
gegen Barack Obama. Aber wofür stehen sie eigentlich? | |
US-Politiker Mitch McConnell: Gnadenlos an die Macht | |
Der Republikaner Mitch McConnell wird Mehrheitsführer im US-Senat. Mehr | |
Einfluss geht nicht. Dabei steht er für wenig, er ist ehrgeiziger | |
Opportunist. | |
Kommentar US-Kongresswahlen: Obamas Abwahl | |
Die Präsidentschaft Obamas ist zerstört. Die Demokraten haben keine Agenda. | |
Aber ein Mandat für die konservative Politik der Republikaner gibt es auch | |
nicht. | |
Midterms-Wahl in den USA: Allein in Washington | |
Obamas letzte Amtsjahre werden zäh. Er muss sich im Kongress nach der | |
Midterms-Wahlschlappe mit einer Totalopposition auseinandersetzen. |