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# taz.de -- Studentenmassaker in Mexiko: Einen Tag lang loderte das Feuer
> Festgenommene Gangster in Mexiko erzählen, wie sie 43 Studenten
> hinrichteten. Beim Massaker arbeiteten wohl Behörden und Verbrecher
> zusammen.
Bild: „Die Regierung hat keines ihrer Versprechen erfüllt“: Verwandte der …
MEXIKO-STADT dpa | Als die Täter am Tag nach dem Massenmord zurückkommen,
sind nur noch Asche und Zähne übrig. Die Schilderungen der festgenommenen
Gangster lassen ein äußerst grausames Ende für die seit Wochen vermissten
Studenten in Mexiko befürchten. Sie hätten die 43 jungen Leute auf einer
Müllkippe getötet und verbrannt, erzählen die Bandenmitglieder der
„Guerreros Unidos“ im Verhör über das angebliche Massaker.
Demnach verpackten die Männer die sterblichen Überreste in Plastiktüten und
warfen sie in den nahen Fluss. Was von den jungen Mexikanern übrig blieb,
war für ihre Henker den Aussagen nach nicht mehr als ein unangenehmes
Entsorgungsproblem. Einen endgültigen Beweis, dass die Studenten tot sind,
gibt es allerdings bisher nicht.
Die letzten Stunden der jungen Leute müssen, wenn man den Verbrechern
glaubt, schrecklich gewesen sein. Wie Vieh schafften gedungene Polizisten
die 43 in Lastwagen zu der Müllkippe. Dort wartete schon das
Killer-Kommando. Kaltblütig erschossen sie einen nach dem anderen, dann
schichteten sie Holz und Reifen auf, übergossen die Leichen mit Benzin und
zündeten sie an. Der Scheiterhaufen loderte bis zum nächsten Tag.
Mehr als einen Monat nach dem Verschwinden der jungen Leute in Mexikos
Südwesten schwindet die Hoffnung: Keiner der Studenten dürfte noch am Leben
sein. „Einige waren schon tot, als sie hierher gebracht wurden“, sagt einer
der Verdächtigen im Verhör, das die Generalstaatsanwaltschaft nun
veröffentlichte. „Die noch lebten, haben wir erschossen. Dann haben wir die
Leichen an Händen und Füßen gepackt und in eine Schlucht geworfen.“
## Folgenschwere Verwechslung?
Die linksgerichteten Lehramtsstudenten sind offenbar einer Verschwörung von
Lokalpolitikern, Polizisten und Verbrechern zum Opfer gefallen. Am 26.
September waren sie nach Iguala im Bundesstaat Guerrero gekommen, um
Spenden zu sammeln. Bürgermeister José Luis Abarca befürchtete aber wohl,
dass sie eine Rede seiner Frau stören könnten – und befahl der Polizei, die
jungen Leute zu vertreiben.
Die Beamten stoppten die Busse und erschossen sechs Menschen. 43 Studenten
nahmen sie fest und übergaben sie den „Guerreros Unidos“, die in der Region
angeblich Hand in Hand mit den Sicherheitskräften arbeiten. Dann kam es
offenbar zu einer folgenschweren Verwechslung: Die Verbrecher sollen die
jungen Leute für Angehörige der verfeindeten Gang „Los Rojos“ gehalten
haben.
Beide Gruppen sind aus dem Drogenkartell Beltrán Leyva hervorgegangen und
ringen in der Region um die Kontrolle des lukrativen Opium-Handels.
„Guerreros“-Chef Sidronio Casarrubias Salgado wollte ein Zeichen setzen und
gab seinen Männern den Befehl, „das Territorium zu verteidigen“.
## Protest gegen die unheilige Allianz
Mexiko steht unter Schock. In den vergangenen Wochen gingen in
verschiedenen Städten des Landes Zehntausende aus Solidarität mit den
Studenten auf die Straße. Als Lehrer wollten die jungen Indios Bildung in
die verarmte Tierre Caliente im Norden des Bundesstaats Guerrero bringen
und wurden schließlich Opfer jener Korruption, die das Land so fest im
Griff hat. Ein Schlachtruf der Bewegung lautet: „Warum tötet ihr uns, wenn
wir doch die Zukunft sind?“
Es gibt sie fast überall in Mexiko, doch selten trat die unheilige Allianz
zwischen staatlichen Behörden und der organisierten Kriminalität so
offensichtlich zutage wie in Iguala. Die 43 Studenten sind nur die Spitze
des Eisbergs: Im ganzen Land gelten mehr als 20.000 Menschen als vermisst,
viele von ihnen werden nie gefunden.
Die Familien der jungen Leute klammern sich dennoch an die Hoffnung und
erheben schwere Vorwürfe gegen die Behörden. „Die Regierung hat keines
ihrer Versprechen erfüllt“, sagt der Vater einer der Vermissten in der
Stadt Ayotzinapa. „Bis es Beweise gibt, sind unsere Kinder für uns noch am
Leben.“
8 Nov 2014
## AUTOREN
Denis Düttmann
## TAGS
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