# taz.de -- Tarifgespräche bei der Bahn: Jetzt mal praktisch | |
> Nach dem Grundsatzstreit trifft sich die Bahn getrennt mit der Lokführer- | |
> und der Eisenbahnergewerkschaft. Doch eine Einigung ist nicht in Sicht. | |
Bild: Verhandelt am Freitag wieder mit der Bahn: GdL-Chef Claus Weselsky. | |
BERLIN taz | Der Grundsatzstreit ist ungelöst, jetzt probieren sie es mal | |
praktisch. Für diesen Freitag hat die Deutsche Bahn (DB) die Eisenbahn- und | |
Verkehrsgewerkschaft (EVG) und die konkurrierende Gewerkschaft Deutscher | |
Lokomotivführer (GDL) zu Tarifverhandlungen nach Frankfurt am Main | |
eingeladen. Beide haben zugesagt. Nur gemeinsam wollen sie nicht | |
verhandeln. | |
Deswegen wird sich der Bahnvorstand zuerst am Vormittag für vier Stunden | |
mit der EVG treffen. Fünfeinhalb Stunden hat er für die anschließende | |
Zusammenkunft mit der GDL eingeplant. Die Arbeitgeberseite will den | |
Gewerkschaften jeweils ein Angebot zu ihren konkreten Forderungen vorlegen. | |
An ihrem Ziel, zu einheitlichen Abschlüssen zu kommen, hält sie dabei | |
allerdings unvermindert fest. Sie werde „die jeweiligen Verhandlungen so | |
führen, dass identische Ergebnisse für Mitarbeiter, die ein und dieselbe | |
Tätigkeit ausüben, vereinbart werden“, kündigte die Bahn an. | |
Die im Deutschen Beamtenbund organisierte Lokführergewerkschaft besteht | |
jedoch weiterhin auf ihrem Recht, eigenständige Tarifverträge nicht nur für | |
die Lokführer, sondern für alle ihre Mitglieder beim Zugpersonal | |
abzuschließen, etwa für die bei ihr organisierten Zugbegleiter oder | |
Bordgastronomen. Dies lehnt die größere, zum DGB gehörende EVG ab und auch | |
die Bahn hält davon wenig. Ein Spitzengespräch zwischen DB-Personalvorstand | |
Ulrich Weber, dem EVG-Vorsitzenden Alexander Kirchner und GDL-Chef Claus | |
Weselsky endete am Dienstag ohne Annäherung. | |
Für das Scheitern machten sich die beiden Gewerkschaftsführer gegenseitig | |
verantwortlich. „Wir hatten die Chance, die Spaltung der Belegschaft zu | |
beenden, das ist am Widerstand der GDL gescheitert“, sagte Kirchner. „Nun | |
herrscht Gewissheit, dass die DB den Staffelstab an ihre Hausgewerkschaft | |
übergeben hat“, sagte Weselsky. Die Forderung der EVG, sich schon vor den | |
Verhandlungen auf zwingend gleiche Tarifabschlüsse festzulegen, sei nicht | |
akzeptabel. | |
## Eine entscheidende Differenz | |
Um einen Ausweg zu finden, versucht die Bahn nun, die abstrakte Frage | |
konkret zu lösen: durch Verhandlungen über die inhaltlichen Forderungen der | |
beiden Arbeitnehmervertretungen. Dabei auf einen gemeinsamen Nenner zu | |
kommen, dürfte jedoch ein kaum minder schweres Unterfangen sein. | |
Das verunglückte Gespräch am Dienstag habe „auch gezeigt, dass zwischen GDL | |
und EVG teils völlig unterschiedliche tarifpolitische Standpunkte vertreten | |
werden“, sagte Weselsky. Die Unterschiede sind tatsächlich beträchtlicher, | |
als es auf den ersten Blick erscheint. | |
Bei den jeweiligen Lohnforderungen sind beide Gewerkschaften noch nah | |
beisammen: Die EVG fordert eine Gehaltssteigerung um 6 Prozent, als soziale | |
Komponente mindestens 150 Euro mehr pro Monat. Die GDL strebt eine etwas | |
geringere Erhöhung an, und zwar um 5 Prozent. | |
Die entscheidende Differenz: Die Lokführergewerkschaft will darüber hinaus | |
noch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 37 Stunden | |
erreichen. Außerdem soll es eine Begrenzung auf 50 Überstunden pro Jahr | |
sowie einen 50-prozentigen Zeitzuschlag bei Schichtverlängerung geben. | |
Bisher ist die Bahn der GDL nur in Sachen Lohnerhöhung leicht | |
entgegengekommen – und das auch noch beschränkt auf die Lokführer. Was für | |
ein Angebot es am Freitag auf den Tisch legen wird, will das staatseigene | |
Unternehmen noch nicht verraten. „Wir gehen jetzt erst einmal an den | |
Verhandlungstisch zurück und hoffen, dass wir an diesem Tisch lange sitzen | |
und zu vernünftigen Ergebnissen kommen“, sagte ein Sprecher. | |
Für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen schließen weder die GDL | |
noch die EVG neuerliche Streiks aus. | |
20 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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