# taz.de -- Verhandlungsmarathon bei der Bahn: Und die Lokrangierführer? | |
> Seit Juli 2014 läuft die Tarifrunde bei der Bahn. Die Parteien überhäufen | |
> sich mit Schuldzuweisungen. Über Knackpunkte und Deutungshoheit. | |
Bild: So vielfältig wie das Schienennetz sind auch die Meinungen zu den Tarifv… | |
BERLIN taz | Claus Weselsky hat die Schnauze voll. „Das wird heute ein Ende | |
haben“, schimpft der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer | |
(GDL). „Nach allem, was wir bisher erleben mussten, hilft hier nur ein | |
Mittel: Ultima-Ratio-Prinzip und den Druck über Arbeitskämpfe zu erhöhen.“ | |
Was der Lokführerchef meint: Seit Juli vergangenen Jahres läuft bereits die | |
derzeitige Tarifrunde bei der Bahn – doch wer sich die Schilderungen der | |
jeweiligen Seite über den Verlauf der Gespräche anhört, hat nicht den | |
Eindruck, dass es sich um dieselben Veranstaltungen handelt. | |
Die Parteien überhäufen sich mit gegenseitigen Schuldzuweisungen, werfen | |
sich „bewusste taktische Provokationen“ und „mediale Falschdarstellungen�… | |
vor. Es geht eben auch um die Deutungshoheit in der Öffentlichkeit: Wer | |
bekommt den Schwarzen Peter für die mittlerweile 165 Streikstunden, zu | |
denen nun noch etliche hinzukommen werden? | |
Das einzige konkrete Ergebnis der zahlreichen Verhandlungsrunden bislang: | |
eine Abschlagszahlung von 750 Euro für die Beschäftigten unabhängig von | |
ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit, die später mit den endgültigen | |
Tarifabschlüssen verrechnet werden soll. Ansonsten sind die Unterhändler | |
bis heute nicht einmal zu den materiellen Forderungen der GDL und der | |
konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vorgedrungen. | |
Stattdessen wird immer noch über die Strukturen der Tarifverträge | |
gestritten. Das klingt nach Formalhuberei, aber so einfach ist es nicht. | |
## BuRa-Zug TV, LfTV, ZubTV | |
Wer sich die beiden „Verhandlungsprotokolle“ durchliest, die sich die GDL | |
und der für die Bahn verhandelnde Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der | |
Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister (Agv MoVe) gegenseitig zur | |
Unterschrift vorgelegt haben, dem schwirrt der Kopf vor Abkürzungen: | |
BuRa-Zug TV, LfTV, ZubTV, BasisTV, Fgr-TV, BetrWTV II. Zentraler | |
Streitpunkt: Welche Berufsgruppen werden von einem auszuhandelnden | |
Bundesrahmentarifvertrag erfasst? | |
Dass dieser Flächentarifvertrag nicht mehr wie bisher nur für die | |
Lokomotivführer, sondern auch die Zugbegleiter und Disponenten gelten soll, | |
ist mittlerweile unstrittig. Aber was ist mit den Lokrangierführern? Da | |
stellt sich die Bahn quer. Der schlichte Grund: Falls sie künftig, wie von | |
der GDL gefordert, wie Lokführer eingestuft würden, brächte ihnen das | |
erhebliche Lohnzuwächse – was die Bahn ordentlich Geld kosten würde. Die | |
GDL hält hingegen den Beruf des Lokrangierführers für eine Erfindung von | |
Bahn und EVG, um einen Teil der Kollegen tariflich niedriger | |
einzugruppieren. Was das Ganze erheblich kompliziert. | |
Da die Bahn daran festhält, mit GDL und EVG inhaltsgleiche Regelungen für | |
die gleichen Arbeitnehmergruppen zu erreichen, sitzt immer eine dritte | |
Partei unsichtbar mit am Verhandlungstisch. Was der Arbeitgeber mit einer | |
Gewerkschaft vereinbart, muss die andere mittragen können – und umgekehrt. | |
## Rolle der EVG nicht unterschätzen | |
Dabei darf die Rolle der EVG nicht unterschätzt werden. Dass die wesentlich | |
größere DGB-Gewerkschaft nicht bereit ist, die Vereinbarungen der GDL mit | |
der Bahn einfach nachzuvollziehen, demonstrierte sie in der Frage der oben | |
erwähnten Abschlagszahlungen: Die Lokführer hatten sich im Dezember mit 510 | |
Euro zufriedengegeben – doch die EVG setzt Ende Januar mit einer | |
Streikdrohung einen höheren Vorschuss durch. | |
Die von der Bahn angestrebte Tarifeinheit bleibt auch der Knackpunkt, wenn | |
endlich über die konkreten Inhalte verhandelt würde. Denn die Forderungen | |
von GDL und EVG unterscheiden sich nicht unerheblich. Bei den | |
Lohnforderungen sind die beiden noch nah beisammen– aber die GDL will zudem | |
eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit durchsetzen. | |
Was die Arbeitgeberseite beiden Gewerkschaften anbieten will, hat sie | |
bisher nicht verraten. Auch wenn es die Bahn bestreitet: Nicht abwegig ist | |
der Vorwurf der GDL, sie spiele in der Hoffnung auf das geplante | |
Tarifeinheitsgesetz auf Zeit. Nach Plänen der Koalition soll künftig pro | |
Betrieb nur noch die jeweils größte Gewerkschaft Tarifverträge aushandeln | |
dürfen, den anderen würde faktisch das Streikrecht genommen. Davon wäre die | |
GDL maßgeblich betroffen. | |
Nach dem bisherigen Zeitplan könnte das verfassungsrechtlich umstrittene | |
Tarifeinheitsgesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause in Kraft | |
treten. Spätestens bis dahin will die GDL einen Abschluss erstreikt haben. | |
18 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
## TAGS | |
GDL | |
Lokführer | |
Streik | |
Deutsche Bahn | |
Bundesregierung | |
Bahn | |
Deutsche Bahn | |
Streik | |
Gewerkschaft | |
Deutsche Bahn | |
Streik | |
Bahn | |
Tarifeinheit | |
Tarifverhandlungen | |
GDL | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar zum Lokführerstreik: Der Bund verschwendet Millionen | |
Die Bahn hat kein Interesse an einer Einigung im Streik gezeigt und bisher | |
kein verbindliches Angebot vorgelegt. Jetzt muss die Bundesregierung ran. | |
Kommentar Streik der Lokführer: Das Rückzugsgefecht | |
Der GDL geht es nicht um bessere Arbeitsbedingungen, sondern um Macht. Die | |
fehlt ihr, was sowohl der Termin als auch der Umfang des Streiks zeigen. | |
Streik der Lokführer: Kein „billiger Jakob“ | |
Im Fernverkehr fährt nur ein gutes Drittel der Züge, im Regionalverkehr | |
sind es 15 bis 60 Prozent. Der Ausstand dauert im Personenverkehr bis zum | |
Donnerstagabend. | |
Tarifkonflikt bei der Bahn: Lokführer streiken wieder | |
Im Tarifstreit mit der Bahn setzen die Lokführer erneut auf Streik. Der | |
Ausstand beginnt im Güterverkehr. Ab Mittwoch trifft es dann auch die | |
Fahrgäste. | |
Tarifverhandlungen mit der Bahn: GDL erklärt erneutes Scheitern | |
Wieder steht ein Streik bevor. Die Lokführergewerkschaft konnte sich | |
wiederholt nicht mit der Bahn einigen. Wann es zu neuen | |
Arbeitsniederlegungen kommt, ist noch unklar. | |
Bahnstreik abgewendet: Es rollt weiter | |
Vorerst wird die Lokführergewerkschaft GDL nicht streiken. Die | |
Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn werden am Donnerstag fortgesetzt. | |
Tarifgespräche bei der Bahn gescheitert: Schuld sind immer die anderen | |
Die Bahn will auf die Lokführergewerkschaft GDL zugegangen sein. Die | |
wiederum sieht eher eine „Rolle rückwärts“. Und nun? Drohen neue Streiks. | |
Teileinigung zwischen Bahn und GDL: Beruhigt Zug fahren bis Jahresende | |
510 Euro Einmalzahlung für die Monate Juli bis Dezember: Mit dieser | |
Einigung ist der Tarifstreit bei der Bahn für dieses Jahr beigelegt. Ab | |
Januar wird weiterverhandelt. | |
Gesetzentwurf Tarifeinheit: Immer auf die Kleinen | |
Das Kabinett hat den umstrittenen Gesetzentwurf gebilligt. Arbeitgeber und | |
IG Metall freut es. Spartengewerkschaften wollen dagegen klagen. | |
Tarifverhandlungen mit der Bahn: Die EVG bricht verärgert ab | |
Auch mit der Eisenbahner-Gewerkschaft EVG kann sich die Deutsche Bahn nicht | |
auf einen Tarifvertrag einigen. Die dritte Runde dauerte nur eine Stunde. | |
Tarifgespräche bei der Bahn: Jetzt mal praktisch | |
Nach dem Grundsatzstreit trifft sich die Bahn getrennt mit der Lokführer- | |
und der Eisenbahnergewerkschaft. Doch eine Einigung ist nicht in Sicht. |