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# taz.de -- S21-Opfer über eingestellten Prozess: „Vertrauen in den Staat er…
> Dietrich Wagner, der durch den S21-Wasserwerfereinsatz fast erblindete,
> ist über die Einstellung des Prozesses nicht verwundert. Die wirklich
> Schuldigen müssten vor Gericht.
Bild: „Rumräubernde Staatsmacht“: Dietrich Wagner, Opfer von Polizeigewalt.
taz: Herr Wagner, der Stuttgarter Wasserwerfer-Prozess ist eingestellt
worden. Viele Beobachter sind empört darüber. Sie auch?
Dietrich Wagner: Ja und Nein. So wie die Stuttgarter Justiz uns
S21-Demonstranten in den letzten Jahren behandelt hat – für relativ kleine
Vergehen wurden wir ziemlich hart bestraft –, wundert mich überhaupt nicht,
dass man den Prozess gegen die Großen jetzt einstellen will.
Haben die vielen Verhandlungstage aus Ihrer Sicht trotzdem irgendwas
gebracht?
Kaum. Man hat von vornherein 90 Prozent des Bedeutsamen ausgeklammert. Oft
ging es um die Frage, ob gegen Wasserwerferregeln verstoßen wurde. Aber der
Gesamtvorgang, dass der Einsatz ein Schlag gegen unsere Demokratie war, das
tauchte im Prozess gar nicht auf.
Es geht in Strafverfahren immer um eine konkrete Tat.
Gegen die Demokratie darf man offenbar verstoßen. Für Taten wie diese
enthalten unsere Gesetze kaum etwas Sinnvolles. Eine Grundregel der
Demokratie, die offenbar nirgends so richtig festgeschrieben ist, lautet
für mich, dass man als friedlicher Demonstrant auch das Recht hat,
friedlich und unverletzt wieder nach Hause zu kommen. Und nicht fast blind.
Sie sind offenbar tief erschüttert in Ihrem Zutrauen zum Rechtsstaat.
Ja. Dass die Staatsmacht rumräubert wie an diesem Tag, das hat mein
Vertrauen in unseren Staat radikal erschüttert. Das muss ich zugeben.
Sie waren als einziger damals Schwerverletzter so gut wie immer bei den
Verhandlungen. Was haben Ihnen diese Tage bedeutet?
Ich bin hingegangen, um aus eigener Urteilskraft zu erfahren, was vor
Gericht geschieht.
Und wie fällt Ihr Urteil aus? Das Gericht sieht bei den Angeklagten nur
eine geringe Schuld.
Dem könnte ich unter Umständen sogar zustimmen. Die beiden sind
Bauernopfer. Jetzt wird gegen den ehemaligen Polizeipräsident Stumpf
ermittelt. Da wird es interessant: Er kann sich nicht herausreden, über
seinen Schreibtisch muss die Sache gelaufen sein. Auch unser ehemaliger
Ministerpräsident hatte meiner Meinung nach die Finger im Spiel.
Wenn man die wirklich Schuldigen zur Verantwortung ziehen würde, könnte man
ihre Handlanger vielleicht mit diesen 6.000 Euro bestrafen. Aber ich habe
den dringenden Verdacht, dass gewisse Mächte in unserem Staat diese
Polizeiaktion von der Bildfläche verschwinden lassen wollen, und dass der
ganze Prozess eingefädelt wurde, um der Öffentlichkeit vorzutäuschen, dass
mit der Zahlung von zwei Mal 3.000 Euro der Einsatz gesühnt ist.
27 Nov 2014
## AUTOREN
Lena Müssigmann
## TAGS
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Dietrich Wagner
Wasserwerfer
Stefan Mappus
Winfried Kretschmann
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Prozess
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